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Wie Lieferengpässe bei Arzneimitteln vermeiden?

Autor: Cornelia Kolbeck

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Immer wieder werden Lieferengpässe bei Arzneimitteln beklagt. Welche Maßnahmen haben andere Staaten gegen das Problem ergriffen? Der Branchenverband Pro Generika beauftragte dazu ein Gutachten. Eine generelle Lösung des Problems konnte jedoch nicht ausgemacht werden.

Das Gutachten des beauftragten Beratungsunternehmens IMS Health analysiert die Lage in Deutschland, Frankreich, Großbritannien, den USA, Kanada, der Schweiz, Finnland und den Niederlanden. Untersucht wurde, ob eingeleitete Maßnahmen tatsächlich zu einem Rückgang der Engpässe führten, wobei besonderer Fokus auf Generika lag.

Laut Dr. Frank Wartenberg, President Central Europe von IMS Health, treten Arzneimittelengpässe in all diesen Ländern auf. Die Ursachen sind ähnlich. Sie reichen von Qualitätsdefiziten bei der Herstellung, die zum Wegfall einer Charge führen können, über globale Engpässe bei Ausgangsstoffen bis zur stark gestiegenen Nachfrage. Auch Preis- und Erstattungsregularien wirken sich negativ aus, wenn sie dazu führen, dass Arzneien nicht mehr wirtschaftlich zu vertreiben sind.

Register, Listen, Importregeln und erhöhte Lagerhaltung

Das Spektrum an Gegenmaßnahmen ist „grundsätzlich ähnlich“. Es gibt öffentliche Engpassregister, Lis­ten mit essenziellen Arzneien, Importregelungen für engpassbedrohte Arzneimittel und erhöhte Lagerhaltung. Dr. Wartenberg: „Das Instrumentarium zur Bekämpfung von Engpässen ist begrenzt.“ Im Gutachten heißt es: „Keine der etablierten Maßnahmen führt vollständig oder weitgehend zur Vermeidung von Lieferengpässen.“ Es gebe international keine „One-Fits-All-Lösung.“

Wolfgang Späth, Vorstandschef von Pro Generika, ist zufrieden, dass das Gutachten mehr Empirie liefert, da „in der öffentlichen Debatte häufig auf die Situation in anderen Ländern Bezug genommen wird“.

Erfolgreiche Lösungen müssten an den Ursachen ansetzen. Späth vertraut auf das Zusammenwirken von Unternehmen, Ärzten, Apothekern, Großhändlern und Kliniken. Das Bundesgesundheitsministerium habe mit einer solchen Abstimmung der Akteure begonnen.

Engpässe bei Generika auch wegen des Preisdrucks

Das Gutachten zeige aber auch, so Späth, dass bei Generika der Preisdruck als Ursache von Engpässen eine entscheidende Rolle spiele. „Wer beim Einkaufsverhalten vorrangig auf Tiefstpreise setzt, nimmt damit auch ein höheres Risiko für Engpässe in Kauf“, mahnte er mit Blick auf die deutschen Rabattverträge.

2014 waren 76 % aller Arzneimittel, die von der GKV bezahlt wurden, Generika. Ihr Anteil an den Arzneimittelausgaben lag dagegen bei 10 % – trotz steigender Ausgaben für Qualitätssicherung, Bereit- und Herstellung, wie der Verbandschef betont. Die Folge sei, dass sich vor allem bei umsatz- und absatzstarken Arzneimitteln immer weniger Unternehmen am Wettbewerb beteiligten.

Späth kritisierte zudem, dass Rabattverträge auch für komplexe Produkte mit nur wenigen Anbietern ausgeschrieben werden, wobei Produktionsvorlaufzeiten keine Berücksichtigung finden. Die Produktion von Arzneimitteln benötige einen Vorlauf von sechs Monaten, erklärte er. Kassen würden aber oft nur wenige Wochen Zeit einräumen. So gewährten die Deutsche BKK zwischen Zuschlag und Start des Rabattvertrages nur einen Monat, SpectrumK (BKKen) 1,5 Monate, Barmer-GEK, KKH und Knappschaft zwei Monate. „Liefer­engpässe können die Folge sein“, warnte Späth.

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