Anzeige

Wie man Trinknahrung wasserdicht verschreibt

Verordnungen Autor: Dr. Gerd W. Zimmermann

Der verschreibende Arzt muss im Vorfeld prüfen, ob alternative Maßnahmen bereits ergriffen wurden. Der verschreibende Arzt muss im Vorfeld prüfen, ob alternative Maßnahmen bereits ergriffen wurden. © iStock/MaximFesenko
Anzeige

Dr. Rainer Lohbeck, Facharzt für Allgemeinmedizin: Bei vielen geriatrischen Patienten mit Gewichtsverlust ist Trinknahrung indiziert, aber es liegen nicht die notwendigen Diagnosen vor, um diese zulasten der GKV verordnen zu können. Die Angehörigen übernehmen nur ungerne die Kosten. Welche Wege bleiben, um indizierte Trinknahrung zu verordnen?

Dr. Gerd W. Zimmermann, Facharzt für Allgemeinmedizin:

Die Verordnung von Trinknahrung ist in der Arzneimittel-Richtlinie (AM-RL) geregelt. Hier heißt es in § 6: „Lebensmittel, Nahrungsergänzungsmittel, sog. Krankenkost und diätetische Lebensmittel (...) sind von der Versorgung nach § 27 SGB V ausgeschlossen. Versicherte haben Anspruch auf bilanzierte Diäten zur enteralen Ernährung, wenn eine diätetische Intervention mit bilanzierten Diäten medizinisch notwendig, zweckmäßig und wirtschaftlich ist.“

Schadensersatzforderung der Kasse an den Arzt

Trinknahrung wird ausdrücklich zu den Ausnahmen zur Verordnungsfähigkeit genannt unter der Voraussetzung, dass eine Modifizierung der normalen Ernährung oder sonstige ärztliche, pflegerische oder ernährungstherapeutische Maßnahmen zur Verbesserung der Ernährungssituation nicht ausreichen. Der verschreibende Arzt muss deswegen im Vorfeld prüfen, ob alternative Maßnahmen bereits ergriffen wurden, wie zum Beispiel die kalorische Anreicherung der Nahrung mithilfe natürlicher Lebensmittel bzw. die Erweiterung des Nahrungsangebots, das Aussetzen restriktiver Diäten, die Behandlung von Schluck- oder Kaustörungen bzw. motorische Probleme beim Essen und andere pflegerische und soziale Maßnahmen (mehr dazu siehe § 21 AM-RL).

In meiner eigenen Praxis informiere ich den Patienten – und damit auch seine Angehörigen – über die Verordnungsfähigkeit mit einem Schreiben, in dem ich nicht nur auf diese Richtlinie hinweise, sondern auch im Einzelnen auf die Maßnahmen, die vor einem Einsatz der Nahrungsergänzungsmittel zum Einsatz kommen müssen.

Ich beende solch ein Anschreiben dann beispielsweise mit dem folgenden Absatz: „Diese Maßnahmen sind bei Ihnen noch nicht ausgeschöpft. Würde ich Ihnen die Trinknahrung trotzdem verordnen, käme es zu einer Schadensersatzforderung Ihrer Kasse an mich, das heißt, ich müsste für Ihre Nahrung aufkommen. Ich bitte um Verständnis, dass ich dies nicht tun kann, sondern hier zunächst Ihre Angehörigen in der Pflicht sind.“

Dr. Gerd W. Zimmermann; Facharzt für Allgemeinmedizin, Hofheim/Ts. Dr. Gerd W. Zimmermann; Facharzt für Allgemeinmedizin, Hofheim/Ts. © privat
Anzeige