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Spezialsprechstunde für Sport bei Krebs

Autor: Caroline Mayer, Foto: M. Stobrawe, MRI

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Sport kann nicht nur das Krebsrisiko senken, sondern bei bereits Erkrankten auch die Heilung fördern und die Prognose verbessern. Das Klinikum rechts der Isar der TU München bietet daher seit drei Jahren eine Spezial­sprechstunde an, in der Krebspatienten Empfehlungen für ein Bewegungstraining und eine gesunde Ernährung erhalten.

Sowohl über die onkologischen Abteilungen des Klinikums als auch durch Überweisung von Niedergelassenen und zum Teil auf Eigeninitiative kommen Patienten mit dem Angebot in Kontakt. Zudem gibt es einen Vertrag mit der Techniker Krankenkasse zur integrierten Versorgung. Etwa 20 Patienten pro Woche bzw. 1000 im Jahr werden von dem Ärzteteam beraten, schätzt Professor Dr. Martin Halle, Ärztlicher Direktor am Präventionszentrum des Klinikums rechts der Isar.

Die Sprechstunde wird an unterschiedlichen Tagen an zwei Standorten des Instituts für Sportmedizin angeboten sowie an zwei Tagen die Woche in Räumen des Klinikums rechts der Isar. Für die Sprechstunden werden eine volle Arztstelle und eine volle Stelle für eine Ernährungsberaterin benötigt. Eine Ärztin aus Prof. Halles Team kümmert sich in erster Linie um die Sprechstunde, aber alle zwölf Ärztinnen und Ärzte, die am Institut beschäftigt sind, sind immer mal wieder in der Sprechstunde tätig.

Beim ersten Besuch in der Ambulanz wird die Leistungsfähigkeit der Patienten über Blutuntersuchungen und Belastungstests festgestellt und ein idealer Trainingspuls ermittelt. Die Mitarbeiter der Ambulanz beraten die Patienten und stellen mit ihnen einen individuellen Trainingsplan für die nächsten Monate zusammen. Nach drei und nach sechs Monaten kommen die Patienten noch einmal zur Besprechung der Therapieergebnisse.

Konkrete Empfehlungen und Erläuterungen für Patienten

„Wichtig ist, dass man nicht nur allgemeine Ratschläge gibt wie ‚Gehen Sie mal spazieren‘, sondern dass man aus aktuellen Studien konkrete Empfehlungen generiert und erklärt, welche Aktivität zum Beispiel gegen das chronische Müdigkeitssyndrom hilft“, sagt Prof. Halle. Die Patienten können die Empfehlungen allein zu Hause, in einer Trainingsgruppe oder in einer kooperierenden Physiotherapie-Einrichtung in München umsetzen.

Während onkologischen Patienten früher oft empfohlen

wurde, sich zu schonen und auszuruhen, setzt sich allmählich die Erkenntnis durch, dass die Betroffenen in jeder Phase der Erkrankung von Bewegungstherapie und Sport profitieren können – auch während einer Chemotherapie. Natürlich gebe es im Einzelfall Gegenanzeigen, erklärt Prof. Halle. „Wenn die weißen Blutkörperchen zu niedrig sind, würden wir eher vom Training abraten. Auch Patienten, die eine Knochenmetastase, ein Lymphödem oder einen künstlichen Darmausgang haben, können nicht jeden Sport machen. Wir müssen das immer individuell auf die Situation abstimmen“, sagt der Sportmediziner.

Die Basis jedes Plans ist Ausdauertraining. Die Patienten können nach ihren Vorlieben auswählen: Nordic Walking, Joggen, Radfahren oder Training mit dem Ergometer. Dazu kommen Kraft- und Koordinationstraining.

Seit drei Jahren verfolgt Prof. Halle die Ergebnisse: Die Belastbarkeit der Patienten verbessert sich durch den Sport deutlich und Chemotherapien werden seltener abgebrochen, wenn die Patienten trainieren.

Immer wieder gebe es auch „Wundergeschichten“, berichtet Prof. Halle. Er erinnert sich an eine Mitte 50-Jährige, die an Bauchspeicheldrüsenkrebs erkrankte und Lebermetastasen entwickelte. Sie begann zu trainieren und ein Jahr nach Operation und Chemotherapie waren ihre Tumormarker verschwunden. „Ich will nicht behaupten, dass Sport ein Allheilmittel ist, um eine Chemotherapie zu ergänzen und erfolgreich zu machen. Das ist natürlich nicht so“, sagt Prof. Halle. „Man muss das richtig einordnen. Aber körperliches Training ist zu einem hohen Anteil eine psychologische Therapie.“

Patienten, die Sport machen, sagen, dass sie sich wieder lebendig fühlen, wenn sie trainieren. Sie merken, dass sie zurück ins Leben finden, dass sie leistungsfähiger sind, als es ihnen durch die Dia­gnose „Krebs“ eingeredet wird. Für viele ist Sport nach einer Phase von Operationen und Chemotherapien, in der sie passiv im Bett liegen, eine Therapie, die sie selber in die Hand nehmen können. Nicht nur für die eigene Psyche, auch für die Psyche der Angehörigen hat das eine große Bedeutung.

Ein geeignetes Angebot für jede größere Klinik

Nach Prof. Halles Ansicht nach gehört eine Sport-und-Krebs-Sprechstunde, wie sie am Klinikum rechts der Isar angeboten wird, an jede größere onkologische Klinik. Ähnliche Einrichtungen gibt es am Münchner Rotkreuzklinikum oder am Universitätsklinikum Heidelberg.

Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen die Kosten im Einzelfall; bei TK-Versicherten fließt wegen des IV-Vertrags  eine extrabudgetäre Vergütung. Für den anschließenden Reha-Sport werden Verordnungen ausgestellt. Privatversicherte bekommen die Kosten für die Sprechstunde in der Regel von ihrer Kasse erstattet, müssen allerdings den anschließenden Reha-Sport oft selber zahlen.

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