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Benhamiae Rhapsody: Meerschweinchenpilz lässt Kinderhaut erblühen

Autor: Dr. Susanne Gallus

Im Fell von Meerschweinchen und anderen Nagern verbirgt sich sehr häufig Trichophyton benhamiae. Im Fell von Meerschweinchen und anderen Nagern verbirgt sich sehr häufig Trichophyton benhamiae. © iStock/GlobalP
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Kinder lieben Tiere. Was spricht also gegen Hase, Hamster und Meerschwein, wenn man sich nicht gleich Hund oder Pferd anschaffen will? Eigentlich nichts, man sollte die Nager vielleicht nur vorher einmal gründlich desinfizieren.

Manchen Kindern hat der Osterhase nicht nur Süßes, sondern auch das ein oder andere Nager-Haustier gebracht. Wenn die Kleinen nun mit entzündlichen Hautveränderungen in der Praxis erscheinen, ist eine Pilzdiagnostik angesagt.

Wissenschaftler der Charité – Universitätsmedizin Berlin stellten bereits 2017 bei der Untersuchung von 59 Meerschweinchen aus 15 örtlichen Zoohandlungen fest, dass 93 % der Tiere Trichophyton (T.) benhamiae mit sich führten.1 Allerdings war nur knapp eines von zehn Tieren symptomatisch, die übrigen wirkten augenscheinlich gesund.

Kuschelt das Kind mit seinem neuen Freund, kuschelt der Pilz mit, was sich meist kurz darauf an einer Tinea faciei erkennen lässt. Vom Hautbild her und in der Kolonie lässt sich der „Meerschweinchenpilz“ mit dem „Katzenpilz“ (Microsporum canis) verwechseln, berichtete Privatdozent Dr. Thomas Jansen, Hautarzt aus Düsseldorf, auf der Koblenzer Dermatologie für die Arztpraxis 2019 in Lahnstein. Mikroskopisch zeigen sich aber keine Makrokonidien wie bei Microsporum, sondern kleine Mikrokonidien.

Invasion der verpilzten Meerschweine begann 2014

Zoophile Dermatophyten sind generell pathogen, hoch virulent und extrem ansteckend. Zwischen 2010 und 2013 wurden in einer Studie über 7600 Probeneinsendungen untersucht, in 231 Fällen konnte T. benhamiae nachgewiesen werden, betroffen waren vorwiegend Kinder. Damit hat T. benhamiae M. canis deutlich überholt, erklärte Professor Dr. Martin­ Schaller von der Universitätshautklinik in Tübingen beim 13. Dermatologie-Update-Seminar in Mainz.

Kinder, die mit einer Tinea faciei in seine Praxis kommen, haben „zu 100 %“ ein Meerschweinchen zu Hause, berichtete der Kollege. Die Epidemie hat nach seiner Aussage etwa 2014 begonnen. Ausgebreitet hat sich der Pilz in Europa vermutlich durch den Import kontaminierter Meerschweinchen aus Asien.

Deutschland ist kein Einzelfall, auch bei Tieren in dänischen Zoo­handlungen gelang der kulturelle Nachweis von T. benhamiae, wenngleich „nur“ 38 % der Meerschweinchen und 6 % der Hams­ter besiedelt waren. „Wenn Sie Meerschweinchen kaufen wollen, dann also nicht in Berlin, sondern in Dänemark“, lautete daher der Tipp von Prof. Schaller. Und „falls Sie Ihrer Tochter schon ein Tier versprochen haben, lassen sie es vorher untersuchen“.

Das Infektionsrisiko lässt sich zusätzlich reduzieren, wenn man auf private Züchter ausweicht – falls sie nicht gerade ihren Bestand mit asiatischen Importtieren aufgefrischt haben. Darauf deutet eine weitere Studie der Charité-Kollegen zur Verbreitung von T. benhamiae in Deutschland hin. Sie wurde als Poster anlässlich der „Dermatologie KOMPAKT & PRAXISNAH in Dresden präsentiert.

Die Wissenschaftler um Dr. Christiane­ Kupsch untersuchten Tiere aus Privatzuchten, Proben von zwei veterinärmedizinischen Laboren und sie befragten Hautärzte und Mikrobiologen. Die Auswertung zeigte, dass nur jedes zweite Tier aus privater Zucht den Meerschweinchenpilz hatte. In den zwei Laboren, die eingeschickte Proben von kranken Haustieren mikrobiologisch untersuchten, fand sich in 13 % der Fälle ein positives Ergebnis. Beschränkte man die Analyse auf dermatophytenpositive Proben, erreichte die Nachweisrate 98 %.

Eine kleine Entwarnung können die Berliner bezüglich der Meerschwein-Halter geben: Gemäß ihrer Umfrage betrug die Prävalenz von humanen T.-benhamiae-Dermatophytosen etwa 0,3 %. Der Wert lag allerdings 1,8 Prozentpunkte unter dem eines Speziallabors.

Quelle:
1. Kupsch C et al. Hautarzt 2017; 68: 827-830; DOI: 10.1007/s00105-017-4009-1