Rosazea

Definition

Rosazea ist eine im Erwachsenenalter sehr häufig auftretende chronisch-entzündliche Erkrankung der Haut, die schubförmig verläuf. Nach Schätzungen sind 2–5 % der erwachsenen Bevölkerung in Deutschland an einer Rosazea erkrankt – in Skandinavien sind bis zu 20 % betroffen („Fluch der Kelten“).

Die Erkrankung beginnt typischerweise zwischen dem 40. und 50. Lebensjahr, Personen mit hellem Hauttyp sind deutlich häufiger betroffen. Leitsymptome sind Erytheme, Teleangiektasien, Papeln und Pusteln mit Bindegewebs- und Talgdrüsenhyperplasien, die sich überwiegend im Gesicht und in angrenzenden Hautarealen manifestieren. Auch eine Augenbeteiligung ist möglich.

Die genaue Ätiopathogenese ist nach wie vor unklar, wahrscheinlich ist die Erkrankung multifaktoriell bedingt und es besteht eine erbliche Disposition. Diskutiert werden eine vermehrte Expression von VEGF und VEGF-Rezeptor, was die vermehrte Neoangiogenese mit Teleangiektasien erklären könnte. Auch Toll-like-Rezeptoren könnten eine Rolle spielen – genauso wie verstärkte Immunreaktionen auf follikuläre Milbenantigene (Demodex follicularis).

Wichtige Provokationsfaktoren für akute Schübe sind:

  • UV-Exposition
  • stark gewürzte Speisen
  • Koffein, Nikotin, Alkohol
  • Stress
  • hormonelle Umstellungen
  • Hitze, Kälte
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Symptomatik

Rosazea zeigt ein sehr heterogenes Erscheinungsbild und einen individuell sehr unterschiedlichen Verlauf. Die Erkrankung kann in jedem Stadium sistieren und nicht alle Stadien werden obligat durchlaufen.

Typischer Manifestationsort ist das Gesicht (vor allem Stirn, Nase, Kinn und Wangen), weiterhin können Brustregion, Nacken und Kopfhaut befallen sein (extrafaziale Rosazea)

Typische Symptome sind:

Vorstadium:

  • anfallsartig auftretende flüchtige Erytheme im Gesicht (Flush), die meist durch bestimmte Provokationsfaktoren ausgelöst werden

Schweregrad I:

  • persistierende Erytheme
  • mehr oder weniger stark ausgeprägte Teleangiektasien
  • evtl. Brennen, Stechen, Juckreiz, trockene, schuppende Haut

Schweregrad II (Rosacea papulopustulosa):

  • persistierende zentrofaziales Erythem mit einzeln oder gruppiert stehenden, in der Regel symmetrisch angeordneten, entzündlich geröteten Papeln und Pusteln (über Wochen bestehend)
  • möglicherweise Lymphödem
  • im Verlauf kann das ganze Gesicht betroffen sein, in Einzelfällen auch Brust, Hals, Dekolleté und Kopfhaut
  • das klinische Bild kann der Acne vulgaris ähneln, man findet aber keine Komedomen

Schweregrad III (Glandulär-hyperplastische Rosazea)

  • Bindegewebs- und Talgdrüsenhyperplasie, die sich lokalisiert in Form von Knollen (sogenannten Phymen) sowie diffus manifestieren kann
  • vorzugsweise männliche Patienten betroffen
  • vor allem an Nase (Rhinophym), Kinn/Kiefer (Gnathophym), Stirn (Metophym), Ohr (Otophym) oder Augenlid (Blepharophym)
  • für Patienten besonders belastend

Sonderformen:

Ophthalmorosazea

  • etwa bei 50 % der Patienten mit kutaner Rosazea auch Augenbeteiligung
  • typisch ist eine Blepharokonjunktivitis mit trockenen, juckenden oder tränenden Augen mit Fremdkörpergefühl
  • wechselnde Sehstörungen (wie Verschwommensehen, erhöhte Lichtempfindlichkeit) bei gestörtem Tränenfilm
  • gelegentlich Lid- oder periorbitales Ödem
  • wird häufig übersehen

Rosacea conglobata

  • sehr selten
  • große inflammatorischen Knoten, Plaques mit Infiltration und Induration (im Unterschied zur Akne nur im Gesicht)

Rosacea fulminans

  • Maximalvariante der Erkrankung
  • tritt akut bis perakut (innerhalb von Tagen oder wenigen Wochen) ausschließlich bei jungen Frauen im Gesicht (Stirn, Wangen und Kinn) auf
  • gehäuft in und nach der Schwangerschaft
  • Seborrhoe und große, elevierte, verbackene, teils fluktuierende Knoten und zahlreichen Pusteln
  • negativer Keimnachweis
  • Pathogenese völlig ungeklärt, neigt nicht zu Rezidiven
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Untersuchung

Die Untersuchung zeigt den typischen dermatologischen Befund.

Zusätzlich sollte immer auch eine Augenuntersuchung erfolgen und nach möglichen Provokationsfaktoren gefragt werden.

Labor

Die Diagnose wird auf Grundlage der Anamnese und des typischen Hautbefundes gestellt.

Eine histopathologische Abklärung ist bei Rosazea selten notwendig und zeigt zudem einen relativ unspezifischen Befund.

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Differenzialdiagnostik

Die möglichen Differenzialdiagnosen unterscheiden sich bei den verschiedenen Schweregraden.

Schweregrad 1:

  • Polycythaemia vera
  • Lupus erythematodes
  • Dermatomyositis
  • Mischkollagenosen
  • Karzinoidsyndrom
  • Mastozytose
  • allergisches Kontaktekzem
  • arterielle Hypertonie
  • UV-induzierte kutane Gefäßschäden

Schweregrad 2:

  • Acne papulopustulosa
  • periorale Dermatitis
  • allergisches oder toxisches Kontaktekzem
  • gramnegative Follikulitis
  • eosinophile Follikulitis
  • Perifolliculitis capitis

Schweregrad III

  • Lupus pernio
  • eosinophiles Granulom
  • Bindegewebs- und Talgdrüsenhyperplasie, die sich lokalisiert in Form von Knollen (sogenannten Phymen) sowie diffus manifestieren kann

Ophthalmorosazea

  • bakterielle, virale und allergische Konjunktivitiden
  • Phlyktänulosa
  • Herpes-simplex-Virus Keratitis
  • Traumata

Rosacea conglobata

  • Acne conglobata

Rosacea fulminans

  • Acne conglobata (meist Männer, längere Anamnese)
  • Acne fulminans (männliche Adoleszenten Krankheitsgefühl, Fieber)
  • Bromoderm oder Jododerm
  • gramnegative Follikulitis
Pharmakotherapie und nichtinvasive Therapie

Allgemeinmaßnahmen:

  • Meidung auslösender Faktoren (Sonne, Gewürze, Alkohol etc.)
  • konsequenter UV-Schutz
  • Meidung von Seifen und alkoholischen Gesichtswassern
  • Anwendung geeigneter Dermatolkosmetika

Topische Therapie

Zugelassen für die topische Therapie der Rosazea sind:

Metronidazol (0,75 %)

  • als Creme, Gel, Lotion angeboten
  • antiinflammatorisch gegen Papeln und Pusteln sowie periläsionale Erytheme

Azelainsäure (15%)

  • als Gel angeboten
  • antiinflammatorisch gegen Papeln und Pusteln sowie periläsionale Erytheme

Ivermectin (1%)

  • als Creme angeboten
  • antiinflammatorisch gegen Papeln und Pusteln sowie anti-parasitär

Brimonidin (0,5 %)

  • als Gel angeboten
  • vasokonstriktorisch gegen diffuse persistierende Erytheme

Systemische Therapie

Bei schweren Formen der Rosazea oder im Falle einer Therapieresistenz gegenüber topischen Anwendungen können systemische Antibiotika zum Einsatz kommen.

Mittel der ersten Wahl ist Doxycyclin, das über mehrere Wochen angewandt wird. Bei Intoleranz oder Kontraindikationen gegenüber Tetracyclinen können alternativ Makrolide wie Erythromycin, Clarithromycin und Azithromycin eingesetzt werden. 

Eine systemische Therapie mit dem Vitamin-A-derivat Isotretinoin ist zwar bei entzündlichen Rosazea-Verläufen wirksam, aber nicht für diese Indikation zugelassen. Das Retinoid bleibt der Therapie von schweren, ansonsten therapieresistenten Formen der Rosazea und entzündlichen Sonderformen der Erkrankung wie der Rosacea fulminans vorbehalten.

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Invasive und Interventionelle Therapie

Mit Laser- und IPL (intensiv gepulste Lichtquellen)-Technologien lassen sich gute kosmetische Ergebnisse bei vaskulären Veränderungen wie Erythem und Teleangiektasien erzielen.

Zudem sind chirurgische Maßnahmen (alleine oder in Kombination) mit ablativen Laserverfahren (z.B. Erbium: YAG-Laser) bei Patienten mit phymatösen Veränderungen möglich.

Prävention

Zur Prävention kann zu einem konsequenten UV-Schutz geraten werden.

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Leitlinien

Deutsche Dermatologische Gesellschaft (DDG):

Rosazea

 

Weitere Literatur: PD Dr. Thomas Jansen; Rosacea – Aktueller Kenntnisstand und Therapieoptionen (CME-Fortbildung); cme.medlearning.de/jenapharm/rosazea/pdf/cme.pdf

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