Staphylokokkeninfektionen

Definition

Staphylococcus aureus ist der häufigste Erreger bakterieller Hautinfektionen. Natürlicher Standort von S. aureus ist die Nasenschleimhaut – in der Normalbevölkerung findet man hier bei 15-20 % eine permanente und bei 50 bis 70 % eine passagere Besiedlung. Diese Besiedlung hat per se keinen Krankheitswert – Träger besitzen aber ein erhöhtes Risiko für durch S. aureus bedingte Hauterkrankungen oder Wundinfektionen.

Bestimmte Toxine können die Pathogenität von S. aureus erhöhen, z.B.:

  • Exfoliatin → Epidermolys bei bullöser Impetigo, SSSS (staphylococcal scalded skin syndrome)
  • TSST-1 → toxic shock syndrome
  • PVL (Panton-Valentine-Leukozidin) → therapierefraktäre Follunkulose und Abszesse, teils nekrotisierend, hoch kontagiös

Je nach Ausbreitung der Erreger werden verschiedene Manifestationen der Staphylokokkeninfektionen unterschieden:

Impetigo contagiosa

  • oberflächliche Hautinfektion durch S. aureus und/oder Streptokokken
  • betrifft überwiegend Kinder

Follikulitis

  • oberflächliche pustulöse Infektion des Haarfollikels durch S. aureus
  • begünstigt durch mechanische Faktoren (eng anliegende Kleidung), physikalische Faktoren (Rasur), chemische Irritanzien

Furunkel und Karbunkel

  • tief dermale bis subkutan lokalisierte, abszedierende und nekrotisierende Entzündung mit S. aureus
  • bei Konfluenz mehrerer Furunkel → Karbunkel

SSSS (staphylococcal scalded skin syndrome)

  • ausgelöst durch hämatogene Verbreitung von Exfoliatin
  • großflächige bis generalisierte intraepidermale Hautablöung

Toxic shock syndrom

  • wird durch das Staphylokokken-Toxin TSST1 verursacht
  • Vermehrung in Abzesshöhlen oder Fremdkörpern (z.B. Tampons), von hier aus erfolgt die Toxinausschüttung

Staphylokokken-Sepsis

  • S. aureus ist der häufigste Erreger bei ambulant erworbener Sepis

Resistenzentwicklung

Bei S. aureus Infektionen muss heute zwischen Methicillin-sensiblen S. aureus(MSSA)-Infektionen und Methicillin-resistenten S. aureus (MRSA)-Infektionen unterschieden werden. MSSA sind zu ca. 80 % penicillinresistent.

Mehr zum Thema

Es muss nicht immer eine Superinfektion sein, wenn Keime im Ulcus cruris auftauchen. Mitunter sind es auch Bakterien, Pilze, Viren oder Protozoen,…

mehr
Anzeige
Anzeige
Symptomatik

Impetigo contagiosa:

Nicht-bullöse Form:

  • honigfarbenen bis bräunlichen Krusten auf erythematösem Grund
  • auch sekundäre Infektion vorbestehender Hautläsionen (Impetiginisierung) wie Ekzem, Insektenstiche, Herpes simplex-Infektion und Varizellen

Bullöse Form:

  • 1–2 cm große subkorneale Blasen auf gerötetem Grund, die erst klar sind und sekundär eintrüben
  • meist im Neugeborenenalter
  • Abheilung ohne Narben

Follikulitis:

  • zentral vom Haar durchbohrte, stecknadelkopfgroße Pustel mit erythematösem Hof
  • Prädilektionsstellen bei Erwachsenen Stamm, Gesäß, Oberschenkel, Bartbereich, bei Kindern auch behaarter Kopf

Furunkel und Karbunkel

  • beginnt als derber roter Knoten mit deutlichem Ödem, der rasch schmerzhaft wird und nach einigen Tagen einschmilzt
  • bei Karbunkel plattenartige Infiltrate, evtl. Lymphknotenschwellung und Allgemeinsymptome
  • nach Spontanperforation narbige Abheilung innerhalb einiger Wochen
  • am häufigsten im Bereich von Hals, Gesicht, Axillen, Leisten und oberer Rücken
  • häufig bei Systemerkrankungen mit Abwehrschwäche
  • bei Gesichtsfurunkeln Gefahr der Sinus-cavernosus-Thrombose und Sepsis

SSSS (staphylococcal scalded skin syndrome)

  • meist sind Neugeborene und Kleinkinder betroffen
  • beginnt akut und fieberhaft mit genaralisiertem schmerzhaftem Erythem
  • nach ca. zwölf Stunden lässt sich stratum corneum mühelos abschieben
  • unbehandelt drohen Sepsis und septischer Schock

Toxic shock syndrom

  • perkaut einsetztendes lebensbedrohliches Krankeheitsbild mit Fieber, Übelkeit, Erbrechen, Muskelschmerzen und scharlachähnlichem Exanthem
  • Organbeteiligung und Multiorganversagen möglich
Anzeige
Untersuchung

Bei der Untersuchung zeigen sich die typischen Hautbefunde.

Labor

Der kulturelle Nachweis von S. aureus ist nicht für alle Infektionen notwendig. Bei oberflächlichen Infektionen reicht das klinische Bild in der Regel aus (z. B. bei unkomplizierten Follikulitiden, Impetigo).

Bei tiefen Weichgewebeinfektionen ist dagegen eine breiter angelegte mikrobiologische Diagnostik mit Resistenzbestimmung erforderlich.

Anzeige
Differenzialdiagnostik

Impetigo contagiosa:

  • Kontaktdermatitis
  • Tinea
  • Herpes simplex-Infektion
  • seborrhoisches Ekzem
  • hereditäre Epidermolysen und Porphyrien
  • Erythema exsudativum multiforme
  • bullöse Insektenstichreaktionen
  • Pemphigus vulgaris
  • bullöses Pemphigoid

Follikulitis:

  • gramnegative Follikulitis
  • Steroidakne
  • Halogenakne

Furunkel und Karbunkel

  • Insektenstichreaktionen
  • beginnender Herpes simplex
Pharmakotherapie und nichtinvasive Therapie

Impetigo und Follikulitis:

  • hier reicht meist die Applikation lokaler Antiseptika (z.B. Octenidin) oder lokaler Antibiotika (z.B. Erythromycin, Fusidinsäure) aus
  • bei unzureichendem Therapieerfolg evtl. auch systemische Antibiotika (penicillinasefeste Penicilline oder Cephalosporine für einige Tage)

Furunkel und Karbunkel

  • Ruhigstellung (z.B. Sprechverbot bei Lokalisation im Gesicht)
  • lokale Antiseptika
  • initial evtl. einschmelzungsfördende Ichthyol-Watteverbände
  • bei größeren Furunkeln, Lokalisation im Gesicht und Karbunkeln Systemantibiose (penicillinasefeste Penicilline oder Cephalosporine)
  • bei chronisch rezidivierenden Furunkeln (Furunkulose) systemische antibiotische Behandlung mit Clindamycin

Systemischen Infektionen mit Toxin-Bildern

  • hochdosierte Antibiotikatherapie (möglichst nach Antibiogramm)
  • ggf. intensivmedizinische Überwachung
Mehr zum Thema

Eine Impetigo contagiosa heilt bei vielen Kindern innerhalb einer Woche spontan ab. Dennoch sollten Eltern in jedem Fall über zu ergreifende…

mehr

Omadacyclin hat ein weites Keimspektrum und ist – zumindest in vitro – wirksam gegen MRSA. In den USA ist das Tetracyclin bereits zugelassen.

mehr

Staphylococcus aureus ist ein fakultatives Pathogen, dass bei vielen Hautkrankheiten für Komplikationen sorgt. Da ist es ganz praktisch, dass man…

mehr
Prävention

Zur Prävention werden eine gründliche Körperhygiene und das Waschen der Kleidung und Bettwäsche (möglichst mit 60 °C) empfohlen.

Bei MRSA-Besiedlung (oder Besiedlung mit PVL-bildenden S. aureus) wird eine Eradikation mit Mupirocin und einer chlorhexidinhaltigen Seife empfohlen.

Mehr zum Thema

Altenheime gelten als Nährboden für Multiresistenzen. Häufige Klinikaufenthalte der Bewohner, Multimorbidität und andere Faktoren erleichtern MRSA und…

mehr

Auf Stethoskopen finden sich Unmengen an Bakterien. Um eine Übertragung zu verhindern, reichen gängige Reinigungstechniken meist nicht aus.

mehr

Drei erfolglose MRSA-Eradikationsversuche hatte ein Patient hinter sich, als sich die HNO-Ärzte zur Tonsillektomie entschlossen. Mit Erfolg: Der Keim…

mehr

Mit den richtigen Maßnahmen lassen sich MRSA-Träger vor einer Infektionserkrankung schützen. Bei konsequenter Dekolonisierung halbiert sich das…

mehr
Leitlinien

Leitlinie wird zur Zeit überprüft. Letztter Stand 04/2011:

Deutsche Dermatologische Gesellschaft (DDG):
Staphylococcus aureus bedingte Infektionen der Haut und Schleimhäute - Diagnostik und Therapie

Forschung
Mehr zum Thema

Da wird nach allen Regeln der Kunst debridiert, gereinigt und verbunden und trotzdem geht die Diabetikerwunde nicht zu. Die Erklärung hierfür könnte…

mehr
Abrechnung

Verschenken Sie kein Honorar: Das „Gebühren-Handbuch digital“ ist die ideale Weiterentwicklung der Printausgabe des bekannten „Medical Tribune Gebühren-Handbuchs“ - statt 2000 Buchseiten der schnelle digitale Zugriff.

Was Ihnen die Abrechnung leichter macht:

  • die immer aktuelle Fassung von EBM und GOÄ (Einheitlicher Bewertungsmaßstab und Gebührenordnung für Ärzte)
  • Tipps und Experten-Kommentare zur Honorarabrechnung (EBM/GOÄ), graphisch aufbereitet und leicht verständlich
  • Kommentare von Kollegen lesen und selbst kommentieren
  • persönliche Notizen und Lesezeichen setzen

Zum Gebühren-Handbuch digital »

Fortbildungen

05.04.2024 | 07:30 - 08:15 Online

Frühstücksfortbildung am Freitag 2024

Kardiovaskuläre Gesundheit: Funktionelle Herzrhythmusstörungen

Details Online-Teilnahme Programm
19.04.2024 | 07:30 - 08:15 Online

Frühstücksfortbildung am Freitag 2024

Anaphylaxie - ein Notfall der sich nicht ankündigt

Details Online-Teilnahme Programm
15.11.2024 | 07:30 - 08:15 Online

Frühstücksfortbildung am Freitag 2024

Anaphylaxie - ein Notfall der sich nicht ankündigt

Details Online-Teilnahme
Termin Fortbildung Ort  
05.04.2024 | 07:30 - 08:15

Frühstücksfortbildung am Freitag 2024

Kardiovaskuläre Gesundheit: Funktionelle Herzrhythmusstörungen

Details Online-Teilnahme Programm
Online
1 CME-Punkt
kostenfrei
19.04.2024 | 07:30 - 08:15

Frühstücksfortbildung am Freitag 2024

Anaphylaxie - ein Notfall der sich nicht ankündigt

Details Online-Teilnahme Programm
Online
1 CME-Punkt
kostenfrei
15.11.2024 | 07:30 - 08:15

Frühstücksfortbildung am Freitag 2024

Anaphylaxie - ein Notfall der sich nicht ankündigt

Details Online-Teilnahme
Online
CME-Punkte beantragt
kostenfrei
Alle Fortbildungen




Diese Informationen dienen ausschließlich der Aus- und Weiterbildung von Angehörigen und Studenten der medizinischen Fachkreise (z.B. Ärzte) und enthalten nur allgemeine Hinweise. Sie dürfen nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden und sind kein Ersatz für eine ärztliche Beratung oder Behandlung. Die jeweiligen Autoren haben die Inhalte nach bestem Wissen gepflegt. Dennoch sollten Sie die Informationen stets kritisch prüfen und mit zusätzlichen Quellen vergleichen. Die Autoren und die Betreiber von medical-tribune.de übernehmen keine Haftung für Schäden, die durch nicht-kontrollierte Anwendung von Empfehlungen und Inhalten entstehen. Beiträge, die Angaben zum Einsatz und zur Dosierung von Medikamenten machen, sind die persönliche Einschätzung der Autoren. Sie ersetzen nicht die Empfehlungen des Herstellers oder des behandelnden Arztes oder Apothekers.