Rattenbissfieber

Definition

Das Rattenbissfieber (RBF) ist eine systemische bakterielle Zoonose, bei der i.d.R. durch Biss oder Kratzen einer infizierten Ratte gramnegative Bakterien wie Streptobacillus moniliformis (Streptobacillus-Rattenbissfieber) oder Spirillum minus (Spirillen-Rattenbissfieber) übertragen werden. RBF kann auch durch Kontakt mit Ausscheidungen infizierter Ratten (z.B. über Wasser, Milch, Nahrungsmittel) übertragen werden (dann auch Haverhill-Fieber genannt). Seltener ist die Übertragung durch Kontakt mit anderen mit S. moniliformis und S. minus infizierten Tieren (z.B. Gerbillen, Mäuse, Hörnchen, in Einzelfällen auch Hunde, Katzen und Frettchen).

Die Erkrankung tritt weltweit auf, über die Inzidenz ist aber nichts bekannt. Die meisten der in den USA veröffentlichten Fälle waren durch S. moniniliformis verursacht, während in Asien Spirillum minus der hauptsächliche Erreger ist.

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Symptomatik

Streptobacillus-Rattenbissfieber

  • 2 bis 7 Tage nach dem Biss hohes Fieber (bis zu 40 °C), dann folgen Schüttelfrost, Kopfschmerzen, Übelkeit und Erbrechen
  • morbilliformes oder purpura-ähnliches Exanthem an den Extremitäten (besonders Handinnenflächen und Fußsohlen)
  • Gelegentlich an Händen und Füßen hämorrhagische, schuppende Vesikel
  • z.T. wechselnd lokalisierte (migratorische) Arthralgien
  • Bisswunden heilen meist schnell ab
  • Seltene Komplikationen: Endokarditis, Perikarditis, Myokarditis, Diarrhoe und degenerative Veränderungen z.B. der Nieren und der Leber
  • ohne Therapie versterben 13 % der Patienten an Komplikationen

Spirillen-Rattenbissfieber (vor allem in Asien)

  • Bisse oft nur klein, verheilen schnell
  • nach einer Inkubationszeit von 14 bis 18 Tagen tritt an der Stelle des Bisses eine schmerzhafte, indurierte, ödematöse Entzündung auf, die ulzerieren kann
  • danach folgen Fieber, Erbrechen, Schüttelfrost und eine örtliche Lymphknotenschwellung
  • in der Hälfte der Fälle makuläres Exanthem
  • selten eine schmerzhafte Schwellung und Rötung der Gelenke
  • gelegentlich Diarrhoe, Erbrechen, Neuralgien
  • selten Komplikationen wie Endo- und Myokarditis, Hepatitis und Meningitis
  • ohne Behandlung sistieren die Symptome in 3–4 Tagen, aber nach weiteren 3–10 Tagen kommt es regelmäßig zum Rückfall (kann bis zu einem Jahr dauern, meist etwa 2 Monate)
  • Ohne Therapie versterben 6,5 % der Patienten an Komplikationen
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Untersuchung
  • hohes Fieber nach Rattenbiss oder -kratzer
  • evtl. in Abheilung befindliche Wunde
  • schmerzhaft indurierte Schwellung im Wundbereich (Spirillen-Rattenbissfieber)
  • Exanthem vor allem an den Handflächen und Fußsohlen (Streptobacillus-Rattenbissfieber)
  • evtl. schmerzhafte Schwellung und Rötung der Gelenke (Spirillen-Rattenbissfieber)
  • lokale Lymphknotenschwellungen (Spirillen-Rattenbissfieber)
Labor

Zur Diagnose führen die klinischen Symptome, der vorangegangene Biss oder Kratzer einer Ratte, der klinische Verlauf und der Erregernachweis in Kulturen aus Blut, Synovialflüssigkeit und Wundgewebe.

Bei Streptobacillus-Rattenbissfieber können ab dem 10. Tag auch spezifische Antikörper nachgewiesen werden.

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Differenzialdiagnostik
  • die jeweils andere Form des Rattenbissfiebers
  • verschiedene bakterielle und virale Infektionen (z.B. Borelliose, Leptospirose, Brucellose, Rocky Mountain-Fleckfieber)
  • durch S.pyogenes verursachte oder mit S.pyogenes assoziierte Krankheiten
  • durch S. aureus verursachte Erkrankungen
  • disseminierte Gonorrhoe
  • Meningokokkensepsis
  • virale Exantheme
  • Sekundärstadium der Syphilis
  • Malaria
  • Typhus
Pharmakotherapie und nichtinvasive Therapie

Die wirkungsvollste antibiotische Behandlung beider Formen bei nicht-allergischen Patienten ist die Verabreichung von Penicillin G (andernfalls evtl. Tetrazyklin und Streptomycin).

Prävention

Zur Prophylaxe kann nur die Vermeidung eines engen Kontaktes mit Ratten oder deren Exkrementen empfohlen werden.

Leitlinien

Portal für seltene Krankheiten und Orphan Drugs; Orpha 31205 Rattenbissfieber

Kasuistik
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