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Corona-Verharmlosung Ärztin muss AHA-Regeln in ihrer Praxis umsetzen

Gesundheitspolitik Autor: Isabel Aulehla

Plakate in der Praxis leugneten den Nutzen des Mund-Nasen-Schutzes. Plakate in der Praxis leugneten den Nutzen des Mund-Nasen-Schutzes. © jessicagirvan – stock.adobe.com
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Sie könne niemanden zwingen, eine Maske zu tragen oder die Abstandsregeln einzuhalten, meinte eine corona-verharmlosende Hausärztin. Ein Gericht und die zuständige Ärztekammer sahen das anders.

Eine rheinland-pfälzische Hausärztin und Diabetologin muss dafür sorgen, dass in ihrer Praxis die Hygiene- und Abstandsregeln zum Schutz vor einer Infektion mit SARS-CoV-2 eingehalten werden. Dies hat das Verwaltungsgericht Neustadt a. d. Weinstraße entschieden. Die Ärztin hatte gegen eine Verfügung des Landkreises Bad Dürkheim geklagt.

Auf Plakaten in ihrer Praxis hatte sie zuvor krude Theorien verbreitet. „Corona ist nicht gefährlicher als eine Grippe“, stand dort beispielsweise oder „In Hausarztpraxen besteht keine Maskenpflicht. Ich respektiere jedoch ihre Angst und setze gerne eine Maske auf, wenn Sie das möchten (auch wenn das aus wissenschaftlicher Sicht nicht sinnvoll ist).“ Weder die Ärztin noch ihre Angestellten trugen Masken, auch die Abstandsregeln wurden nicht eingehalten.

Für einige Patienten war eine rote Linie überschritten. Nach Beschwerden folgten unangemeldete Begehungen der Praxis durch eine Amstsärztin und Mitarbeiter des Vollzugsdienstes. Per Verfügung wollte der Landkreis Bad Dürkheim die Medizinerin verpflichten, in der Praxis die Hygiene- und Abstandsregeln umzusetzen.

Die Ärztin zog jedoch vor das Verwaltungsgericht. Sie könne weder Angestellte noch Patienten zu einer bestimmten Verhaltensweise zwingen, argumentierte sie. Adressaten der Abstands- und Maskenpflichten seien ausschließlich die jeweiligen Personen selbst. Medizinisch sei der Nutzen der Masken höchst zweifelhaft. Es bestehe auch keine Notwendigkeit, das Mobiliar so anzuordnen, dass Patienten einen Mindestabstand einhalten könnten – das könnten diese auch ohne Bevormundung oder Repression. Die Verfügung schränke sie in ihrer Berufsfreiheit ein. Sie als Ärztin dürfe Patienten zudem an ihren medizinischen Sichtweisen teilhaben lassen.

Die Richter widersprachen. Die Eingriffe in die Berufsfreiheit wögen nicht besonders schwer und seien der Klägerin zuzumuten. Die Verpflichtung könne zwar als lästig betrachtet werden, führe aber nicht zu relevanten Einschränkungen der Fortbewegungs- und Entfaltungsfreiheit. Dagegen leiste sie einen Beitrag zur Abwehr erheblicher Gefahren für Leben und Gesundheit aller sowie der Funktionsweise staatlicher und gesellschaftlicher Einrichtungen.

Eine Anordnung zum Tragen von Masken in der Praxis könne die Klägerin aufgrund ihres Direktionsrechtes durchsetzen, führte die Kammer weiter aus. Aus der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers ergebe sich eine Rechtspflicht zur Einführung einer entsprechenden Regel im Betrieb.

Ansonsten stehe es der Klägerin ohne Weiteres frei, die Patienten in ihrer Praxis auf ihre Meinung, dass das Tragen von Masken wissenschaftlich nicht sinnvoll sei, aufmerksam zu machen. Allerdings könne sie sich nicht hoheitliche Befugnisse anmaßen und die Gültigkeit einer verbindlichen Norm – die von Infektionsschutzgesetz und Corona-Bekämpfungsverordnung Rheinland-Pfalz gedeckt ist – in ihren Praxisräumen ausschließen.

Die Ärztekammer Rheinland-Pfalz hat bereits eine Rüge gegen die Ärztin ausgesprochen und ein Ordnungsgeld in Höhe von 15.000 Euro verhängt.

Quelle: Urteil des VG Neustadt an der Weinstraße, Az.: 5 K 125/21.NW

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