Mückenviren auf dem Vormarsch Arbovirosen: Neue Leitlinie gibt klare Vorgaben

Autor: Dr. Dorothea Ranft

Aedes aegypti gilt als Hauptvektor für Arbovirosen. Die Stechmücke kann u. a. Dengue-, Gelbfieber-, Zika- und Chikungunya-Viren übertragen. Aedes aegypti gilt als Hauptvektor für Arbovirosen. Die Stechmücke kann u. a. Dengue-, Gelbfieber-, Zika- und Chikungunya-Viren übertragen. © Pawich Sattalerd – stock.adobe.com

Arboviren haben sich durch globale Reisetätigkeit und klimatische Veränderungen zunehmend verbreitet. Eine neue Leitlinie definiert diagnostische Standards, bewertet Therapieoptionen und benennt zentrale Präventionsstrategien gegen Infektionen.

Die Mehrzahl der hierzulande auftretenden Arbovirosen wird importiert. Dabei spielen auch ökologische Faktoren eine wichtige Rolle. Ansprechpartner ist meist die Hausärztin oder der Hausarzt. Eine neue Leitlinie liefert Informationen für die Beratung. 
Gemeinsam ist allen Arbovirosen die Übertragung durch Gliederfüßler, v. a. Stechmücken. Die Erkrankungen verlaufen meist akut ohne chronische Virämie. Der Klimawandel kann die Kompetenz endemischer Vektoren erhöhen und das Vordringen in neue Gebiete begünstigen. In Europa ist z. B. das zunehmende Vorkommen der Tigermücke für vermehrte autochthone Transmissionen von Dengue-Viren verantwortlich. Die gesteigerte Zahl von Infektionen mit dem West-Nil-Virus beruht u. a. auf wetterbedingt veränderten Vogelzugrouten, so die Leitlinie der DTG* und weiterer Fachgesellschaften. 

Haut und Lymphknoten genau untersuchen

Basis der Diagnostik ist die Ana­mnese, bei der insbesondere nach den Beschwerden, dem zeitlichen Ablauf sowie Aufenthaltsgebieten und Risikofaktoren gefragt wird. Lebensbedrohliche Differenzialdia­gnosen wie Malaria müssen ausgeschlossen werden. Die Untersuchung umfasst das gesamte Integument inkl. Inguinal- und Intimbereich und sämtlicher Lymphknotenstationen. Auch neurologische und kardiopulmonale Veränderungen sind zu eruieren. Eine laborchemische und virologische Diagnostik erfolgten je nach Verdachtsdiagnose. In der Praxis haben sechs Arbovirosen eine besondere Bedeutung. 

Dengue breitet sich inzwischen weltweit aus. Die Viren entwickeln keine sichere Kreuzimmunität, weshalb eine mehrfache Infektion (mit allen vier Serotypen) möglich ist. Die Ausprägung variiert von beschwerdefrei bis lebensbedrohlich. Die Therapie beschränkt sich wie bei vielen Arbovirosen auf supportive Maßnahmen, im Vordergrund stehen die bedarfsorientierte Flüssigkeitssub­stitution und die Behandlung von Blutungen. Die Prophylaxe beruht auf Expositionsschutz, Überträgerkontrolle und Impfung. 

Chikungunya wird durch Aedes spp. übertragen. Die akute fieberhafte Phase dauert bis zu 21 Tage, die subakute 21 Tage bis 3 Monate und die chronische > 3 Monate. Wichtig ist die frühzeitige Detektion schwerer Verläufe. Eine kausale Therapie steht wie bei den anderen Arbovirosen nicht zur Verfügung, das systemische symptomatische Vorgehen richtet sich nach dem klinischen Stadium. Schwere Folgen und Komplikationen entwickeln vor allem Vorerkrankte, Kinder, Ältere und Schwangere. Inzwischen stehen mehrere Impfstoffe zur Verfügung, tagsüber kann ein Mückenschutz die Übertragung verhindern.

Das vor allem in Südeuropa endemische West-Nil-Virus breitet sich seit 2018 auch in Deutschland aus. In bis zu 80 % der Fälle verlaufen die Infektionen asymptomatisch. Beschwerden treten v. a. bei Älteren und Immunsupprimierten auf. Sie zeigen sich in Form von West-Nil-Fieber oder (selten) neuroinvasiv. Letzteres kann sich enzephalitisch, meningitisch oder paralytisch manifestieren, Myokarditis, Hepatitis und Uveitis sind Raritäten. Die neurotrope Form ist mit einer Letalität von etwa 10 % behaftet. Eine kausale Therapie gibt es nicht, entscheidend ist, Komplikationen frühzeitig zu erkennen und zu therapieren.

Zika-Viren können sexuell übertragen werden

Das Zikafieber kommt in allen tropischen und subtropischen Regionen vor. Übertragen wird das Zika-Virus  durch Aedes spp., vor allem durch die Gelbfiebermücke Aedes ­aegypti, es kommen aber auch sexuelle und vertikale Transmissionen vor. Die Infektion verläuft meist asymptomatisch bis leicht. Typisch sind makulopapulöses Exanthem, Fieber und Konjunktivitis sowie Kopf-, Muskel- und Gelenkschmerzen, ein Guillain-Barré-Syndrom ist möglich, aber selten. Das kongenitale Zika-Virus-Syndrom kann mit Mikrozephalie und neurologischen Defiziten einhergehen. Eine Impfung gibt es noch nicht. Wegen der Teratogenität sollten Frauen mit Kinderwunsch nach Exposition mindestens zwei Monate lang mit Kondom verhüten bzw. auf Geschlechtsverkehr verzichten, Männer mindestens drei Monate. Die Alternative für symptomfreie Paare mit Kinderwunsch ist der serologische Test ab dem 28. Tag nach Reiserückkehr

Gelbfieber wird durch das nur in tropischen Ländern Südamerikas und Afrikas endemische gleichnamige Virus transferiert. In Deutschland tritt die Erkrankung ausgesprochen selten auf und wenn, dann bei ungeimpften Reisenden oder vakzineassoziiert. Die Erkrankung verläuft in 85 % mit allenfalls leichten Beschwerden. Initial ist mit unspezifischen fieberhaften oder gastrointestinalen Symptomen sowie Muskel-, Gelenk- und Kopfschmerzen zu rechnen. Nach kurzer Remission folgt bei 15 bis 20 % der Erkrankten eine toxische Phase mit Ikterus, Blutungen und Kreislaufschock bis hin zum tödlichen Multiorganversagen. Bis zu 50 % der Betroffenen sterben daran, die Überlebenden erholen sich meist ohne Folgeschäden.

Die Japanische Enzephalitis wird durch vor allem nachts aktive ­Culex tri­taeniorhynchus übertragen. Sie tritt überwiegend im (sub)tropischen Asien auf, gelegentlich in Australien und Ozeanien. Das Reservoir bilden Schweine und Vögel. Fälle bei Reisenden sind extrem selten. Im Verdachtsfall ist ein neurologischer Status indiziert. Eine Restitutio ad integrum lässt sich oft nicht erreichen. Reisende sollten Mückenhabitate (Reisfelder, Tierzucht) nachts meiden.

*Deutsche Gesellschaft für Tropenmedizin, Reisemedizin und Globale Gesundheit Leitlinie „Diagnostik und Therapie der Arbovirosen in Deutschland“; 
AWMF-Register Nr. 042-010; www.awmf.org