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Bestrahlung Bakterienbesiedlung beeinflusst Radiodermatitis-Risiko

Autor: Dr. Judith Lorenz

Die Ausprägung einer Radiodermatitis wird offenbar durch ein Zusammenspiel aus Hautmikrobiom und individuellen Risikofaktoren, wie dem Immunstatus, bestimmt. Die Ausprägung einer Radiodermatitis wird offenbar durch ein Zusammenspiel aus Hautmikrobiom und individuellen Risikofaktoren, wie dem Immunstatus, bestimmt. © lial88 – stock.adobe.com
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Hautirritationen stellen eine häufige Nebenwirkung von Tumorbestrahlungen dar. Wie ausgeprägt diese akute Radiodermatitis ausfällt, hängt offenbar von der Zusammensetzung und Dynamik des Hautmikrobioms ab, wie eine von deutschen Forscher:innen initiierte Beobachtungsstudie zeigt.

Strahleninduzierte Hautreaktionen fallen nicht bei allen Betroffenen gleich stark aus, berichten Forschende um Dr. Claudia Hülpüsch, Universität Augsburg. Woran das liegt, ist bislang unklar. Um zu überprüfen, welche Rolle die Bakterienbesiedlung der Haut diesbezüglich spielt, analysierte das Forscher:innenteam das dermale Mikrobiom von 20 Frauen, die sich nach einer Brustkrebsoperation einer adjuvanten Radiatio unterzogen.

Die Teilnehmenden waren zwischen 37 und 81 Jahre alt. Sieben Personen entwickelten im Verlauf leichtgradige, neun mäßig ausgeprägte und vier schwere Strahlenreaktionen. 

Die Analysen

Vor der Bestrahlung, während der sieben Wochen dauernden Radiatio sowie einige Wochen nach Therapieende bestimmten die Wissenschaftler:innen den pH-Wert der Haut sowie den transepidermalen Wasserverlust und entnahmen Proben zur mikrobiologischen Analyse – und zwar jeweils sowohl im Bestrahlungsareal als auch an der gesunden Brust. Insgesamt wertete das Team dabei 360 Abstriche mittels 16S-rRNA-Sequenzierung sowie quantitativer PCR aus.

Schwache Besiedlung mit Kommensalen ungünstig

Die Sequenzierungsergebnisse deuteten auf einen Zusammenhang zwischen dem Hautmikrobiom und der Schwere der Radiodermatitis hin: Eine schwache Besiedelung des Bestrahlungsareals vor Therapiebeginn durch die drei Kommensalen Staphylococcus (S.) epidermidis, S. hominis und Cutibacterium acnes korrelierte signifikant mit der Entwicklung einer schweren Radiodermatitis (Accuracy, Sensitivität und Spezifität jeweils 100 %, p < 0,001). Dagegen begünstigten weder der BMI noch das Brustvolumen, der Haut-pH-Wert oder der transepidermale Wasserverlust schwere Hautreaktionen.

In der Gruppe mit leichter oder mäßig ausgeprägter Radiodermatitis blieb das Ausmaß der Bakterienbesiedlung im Beobachtungszeitraum stabil. Bei denjenigen, die später eine schwere Reaktion entwickelten, nahm dagegen bereits mehrere Wochen vor Symptombeginn die mikrobielle Hautbesiedlung an der betroffenen Seite nicht speziesspezifisch zu. Mit Symptombeginn sank die Bakterienlast insgesamt, wobei jedoch der absolute und relative Anteil der Kommensalen zunahm.

Angesichts dieser Beobachtungen gehen die Forschenden davon aus, dass die Pathogenese der schweren Radiodermatitis auf einem Zusammenspiel zwischen dem Hautmikrobiom und patient:innenspezifischen Risikofaktoren beruht: Eine bakterielle Überbesiedlung in Kombination mit dem Immunstatus und der Strahlenwirkung verursacht vermutlich eine Entzündung und/oder Störung der Hautbarriere. Das Team hofft, dass diese Erkenntnisse künftig für individuelle Präventionsstrategien nützlich sind.

Quelle: Hülpüsch C et al. JAMA Oncol 2024; DOI: 10.1001/jamaoncol.2023.6533