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Filler – wenn gut gemeinte ästhetische Behandlungen nach hinten losgehen

Autor: Friederike Klein

Wenn Blindheit als Folge der Behandlung auftritt, werden Falten für Patienten wortwörtlich unsichtbar. Wenn Blindheit als Folge der Behandlung auftritt, werden Falten für Patienten wortwörtlich unsichtbar. © iStock/Aja Koska
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Ein paar Falten weniger hier, etwas vollere Lippen dort und die ausgeprägte Zornesfalte ist auch deutlich abgemildert. Dermale Filler sind schnell injiziert, das Gegenmittel im Ernstfall auch?

Führen Sie keine Verfahren durch, die potenziell Nebenwirkungen hervorrufen, die Sie nicht behandeln können, rät Dr. Laurence Imhoff von der dermatologischen Klinik des Universitätsspitals Zürich. Das gelte auch für so etwas Simples wie Fillerinjektionen.

In der Datenbank MAUDE der US-amerikanischen Arzneimittelbehörde FDA wurden bis August 2014 etwa 3800 Komplikationen bezüglich dermaler Filler registriert.1 Das ist die umfangreichste Datenbank zu durch Medizinprodukte hervorgerufenen Nebenwirkungen und Komplikationen, die es derzeit gibt, betonte die Referentin. Genaue Zahlen stehen leider nicht zur Verfügung.

44 % der Einträge stehen mit Hyaluronsäurepräparaten im Zusammenhang, 40 % mit Poly-L-Milchsäure-Fillern und 15 % mit Kalziumhydroxylapatit-Fillern. Weniger als 1 % betrafen die Therapie mit Polymethylmethacrylat-Fillern. Häufig waren Knoten, Infektionen, allergische Reaktionen, Ischämien und Schwellungen, selten kam es aber auch zu Autoimmunreaktionen, Visusveränderungen und Schlaganfällen. Vergleichsweise glimpflich gehen Komplikationen bei temporären Nebenwirkungen aus, denn diese verschwinden normalerweise mit der Zeit. Bei permanenten Nebenwirkungen ist die Gefahr eines Haftungsfalls größer.

Nebenwirkungen von Fillern

Temporär:
  • Tyndall-Phänomen (Kammerwassertrübung bei Iritis)
  • Noduli
  • Allergie/Hypersensitivität
  • schlechtes kosmetisches ­Ergebnis nach der Behandlung
Permanent:
  • Granulome
  • Narben
  • Blindheit

Schmerzen, Purpura, Nekrosen, Blindheit

Möglicherweise häufiger als bisher angenommen verursachen Filler eine Gefäßokklusion, erklärte Dr. Imhoff. Unmittelbar nach der Behandlung wird die Region je nach Gefäßart blass oder es kommt zu einer retiformen Purpura, auch Schmerzen sind typisch. Wenn nicht frühzeitig, z.B. mit größeren Mengen Hyaluronidase, gegengesteuert wird, folgen Nekrose und dann ein dauerhafter Schaden. In einer Befragung von 52 international renommierten Ärzten hatten laut Dr. Imhoff fast zwei Drittel angegeben, so etwas schon einmal oder mehrmals erlebt zu haben. Problematisch ist in diesem Zusammenhang die oft kombinierte Injektion von Filler und Lokalanästhetikum, weil das Analgetikum u.a. die Schmerzen überdecken kann. Noch schlimmer ist es, wenn die Patienten infolge der Fillerbehandlung erblinden. Einer Übersichtsarbeit zufolge führen Blindheit, Schmerzen, Ophthalmoplegie und Ptosis die Liste der dokumentierten okulären Filler-Komplikationen an.2 Meist wurde bei den Betroffenen nasale Region (56 %), Glabella (27 %) oder Stirn (19 %) behandelt, seltener auch die Nasolabialfalte (15 %). In Einzelfällen trat eine Blindheit sogar nach Injektionen der Lippen oder am Kinn ein. Hyaluronsäure-Filler scheinen mit einem Anteil von 81,3 % am häufigsten die Ursache zu sein. Visusverlust und Schmerzen treten rasch nach der Injektion auf, einige Patienten (in der Studie 44 %) zeigen zusätzlich Hautveränderungen. Nur in jedem fünften Fall bildeten sich die Symptome wieder vollständig zurück, bei weiteren 16 % zumindest teilweise. Häufig gibt es aber keinerlei Verbesserung, warnte die Referentin. Pathogenetisch wird hinter der Blindheit eine vaskuläre Komplikation durch den Filler vermutet. Entweder bei intravaskulärer Injektion oder einer Kompression durch gefäßnahe Injektion. Häufige andere Gefäßkomplikationen sind Erythem, Eiterbläschen und (beginnende) Hautnekrose. Wichtig ist, diese Symptome nicht mit einer bakteriellen oder viralen Infektion zu verwechseln, denn das kann in einem Haut- und Gewebeschaden mit Narben- oder Granulombildung enden.

Hyaluronidase für den Fall der Fälle griffbereit haben

Nach Meinung von Dr. Imhoff sollte jeder Dermatologe, der die Fillerbehandlung anbietet für entsprechende Notfälle mit Hyaluronidase und am besten auch Nitropaste gerüstet sein. Ist das Ergebnis einer Behandlung schlecht oder zeigen sich Nebenwirkungen, darf man die Patienten nicht im Stich lassen, betonte sie. Im Zweifel hilft es, mit einem erfahreneren Kollegen Rücksprache zu halten.

Quellen:
27. Fortbildungswoche für praktische ­Dermatologie und Venerologie
1. Ortiz AE et al. Dermatol Surg 2020; 46: 958-961; DOI: 10.1097/DSS.0000000000002208
2. Beleznay K et al. Aesthet Surg J 2019; 39: 662-674; DOI: 10.1093/asj/sjz053