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Speiseröhrenkrebs Frailty-Index sagt Risiko von älteren Ösophaguskarzinom-Patienten vor OP voraus

Autor: Friederike Klein

Vor einer kompletten Entfernung der Speiseröhre, sollten zunächst mögliche Komplikationen bedacht werden. Vor einer kompletten Entfernung der Speiseröhre, sollten zunächst mögliche Komplikationen bedacht werden. © wikimedia/آرمین (CC0 1.0)
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Mit einem neuen Frailty-Index kann das Risiko von älteren Patient:innen mit Ösophaguskarzinom vor einer Operation bewertet werden. Das erlaubt es, entsprechende Maßnahmen zu treffen bzw. rechtzeitig zu intervenieren.

Die chirurgische Therapie des Ösophaguskarzinoms hat ein hohes Komplikationsrisiko. Die OP-bedingte Morbiditätsrate beträgt 35–60 %, die OP-assoziierte Mortalitätsrate 1–5 %. Die Einschätzung des Behandlungsergebnisses ist nicht nur für die Patient:innenselektion, sondern auch für die Therapiestrategie und das perioperative Management wichtig. Bisherige Instrumente waren nicht spezifisch für die Ösophagektomie entwickelt worden und konnten ein hohes Morbiditäts- und Mortalitätsrisiko nicht gut genug identifizieren, erklärte Dr. Daniela Molena, Memorial Sloan Kettering Cancer Center in New York. 

Das soll der MSK-Frailty-Index (MSK-FI) besser können (s. Kasten). Die Referentin stellte eine retrospektive Auswertung der Daten von 447 Personen im Alter von > 65 Jahren vor, die zwischen Januar 2011 und März 2021 wegen eines Ösophaguskarzinoms behandelt worden waren. Ziel sollte es sein, eine Assoziation zwischen MSK-FI und perioperativen Behandlungsergebnissen zu prüfen. Die Teilnehmenden (81 % Männer) waren im Median 71 Jahre alt. Sie litten häufig unter Komorbiditäten: 71 % der Patient:innen wiesen kardiale Erkrankungen auf, 23 % einen Diabetes, 12 % Lungen- und 2,5 % Nierenerkrankungen. 81 % hatten eine neoadjuvante Therapie erhalten. Die Ösophagektomie war bei 55 % minimalinvasiv intendiert gewesen, letztlich erfolgte sie in 86 % der Fälle als abdominothorakale Ösophagusresektion nach Ivor-Lewis.

So setzt sich der MSK-FI zusammen

Der MSK-FI besteht aus der Beurteilung des funktionellen Status anhand von vier Grundaktivitäten des täglichen Lebens: sich waschen, sich anziehen, putzen und aus dem Haus gehen. Eine Einschränkung in einem der vier Bereiche gibt einen Punkt, erläuterte die Referentin. Der zweite Teil umfasst Komorbiditäten, die alle jeweils mit einem Punkt zu Buche schlagen: 

Insgesamt kann der Wert des MSK-FI zwischen 0 und 11 Punkten liegen. 

Im Median blieben die Betroffenen zehn Tage im Krankenhaus. 31 % entwickelten eine ernste Komplikation (≥ Grad 3), 18 % wurden innerhalb von 30 Tagen nach OP wieder stationär aufgenommen und die 90-Tages-Mortalitätsrate betrug 4,9 %. 7,2 % mussten in eine Pflegeeinrichtung verlegt werden.

Nach dem ECOG-Performance-Status waren die meisten Patient:innen in einem guten Allgemeinzustand (0 oder 1). Der MSK-FI differenzierte stärker: 

  • 16 % hatten keine Einschränkungen  
  • etwa die Hälfte kam auf ein bis zwei Punkte, 
  • 12 % erreichten drei und 8 % vier Punkte und
  • mit fünf bzw. sechs und mehr Punkten wurden 4 % bzw. 3 % der Erkrankten bewertet. 

Die multivariable logistische Regressionsanalyse ergab eine signifikante Assoziation von MSK-FI und schweren Komplikationen innerhalb von 30 Tagen nach OP (Odds Ratio [OR] 1,23; 95%-KI 1,08–1,41; p = 0,002). Auch für den MSK-FI und eine stationäre Wiederaufnahme innerhalb von 30 Tagen (OR 1,32; 95%-KI 1,14–1,54; p < 0,001) sowie eine Entlassung in ein Pflegeheim (OR 1,86¸1,49–2,37 p < 0,001) zeigte sich eine Assoziation, nicht aber für MSK-FI und die 90-Tage-Mortalität (OR 1,14; 95%-KI 0,87–1,47; p = 0,3). Dr. Molena nahm an, dass sich dies auf die erfolgreiche Behandlung von Komplikationen zurückführen lässt. 

Die Referentin hält den MSK-FI für ein sinnvolles Instrument, um Patient:innen mit einem erhöhten Morbiditätsrisiko zu identifizieren. Liegt dieses vor, könnte die prä­operative Optimierung, z.B. Rehabilitationsmaßnahmen oder die Behandlung der Komorbiditäten, die Konsequenz sein, ebenso wie die Besprechung der individuellen Therapieziele, gegebenenfalls eine Überweisung an ein spezialisiertes Zentrum und ein besonders intensives Monitoring.

Quelle: Molena D. World Congress on Gastrointestinal Cancer 2022; Abstract SO-6

ESMO World Congress on Gastrointestinal Cancer 2022