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Begleiterkankungen Funktion der Schilddrüse richtig beurteilen

Autor: Dr. Karin Kreuel

Auch bei einer milden subklinischen Hypothyreose sollte im Alter eine ini­tiale Abklärung erfolgen. Auch bei einer milden subklinischen Hypothyreose sollte im Alter eine ini­tiale Abklärung erfolgen. © Microgen – stock.adobe.com
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Auch einen Blick über den Tellerrand der Diabetologie gab es beim Diabetes Update 2023: Diabetologe und Endokrinologe Professor Dr. Matthias Weber berichtete Aktuelles zur Schilddrüse.

Die Assoziation zwischen der Stoffwechsellage der Schilddrüse unter Levothyroxin mit der kardiovaskulären Mortalität wurde in einer retrospektiven US-amerikanischen Kohortenstudie1 an mehr als 700.000 Personen untersucht. Die Daten wurden zwischen 2004 und 2017 erhoben, dabei betrug das mediane Follow-up vier Jahre, der Frauenanteil 11 % und das mittlere Alter 67 Jahre. Rund 10 % der Proband*innen verstarben an einer kardiovaskulären (KV) Ursache. Der Zusammenhang zwischen medikamentös bedingten Hyper- und Hypothyreosen und erhöhter KV-Mortalität blieb auch nach Adjustierung für bekannte KV-Risikofaktoren und Diabetes mellitus bestehen. Im Rahmen einer Hormonsubstitution sollte daher unbedingt eine euthyreote Stoffwechsellage erreicht werden, betonte Prof. Dr. Matthias Weber. Es gelte, sowohl subklinische iatrogene Hyper- als auch persistierende Hypothyreosen durch unzureichende Substitution zu vermeiden

Subklinische Hypothyreose im höheren Lebensalter

Ein aktuelles Review4 ging der Frage nach, welche medizinische Relevanz eine subklinische Hypothyreose im höheren Lebensalter hat. Bei immerhin rund 15 % aller Über-70-Jährigen werden TSH-Werte > 4,5 mU/L gemessen, erklärte Prof. Weber. In Bezug auf die Inzidenz von KV-, muskuloskelettalen oder kognitiven Ereignissen bzw. Einschränkungen konnten keine Unterschiede zwischen Personen mit subklinischer Hypothyreose (TSH 4,5–7,0 mU/L) und gut eingestellten Personen gefunden werden. Zudem habe eine Hormonsubstitution bei euthyreoten Patient*innen keine positiven Effekte hinsichtlich der Hypothyreose-, Knochen- oder kardialen Symptomatik gezeigt. Bei einem TSH-Anstieg zwischen 7–9,9 mU/l fand sich jedoch eine Assoziation mit KV-Mortalität und Apoplex, während bei einem TSH-Wert ≥ 10 mU/l ein Zusammenhang mit Herzinsuffizienz, KHK und KV-Mortalität festgestellt wurde.

Therapie ab wann?/Generika-Switch? 

In einer Umfrage unter Endokrinolog*innen2 gaben 75 % der 163 Befragten an, eine Schilddrüsenhormontherapie auch bei einer euthyreoten Stoffwechsellage in Betracht zu ziehen.  Verordnung von Generika bzw. Wechsel eines L-Thyroxin-Präparats: Die Auswertung einer retrospektiven Kohortenstudie3 ergab nach einem Generika-Switch keine klinisch relevanten TSH-Spiegel-Veränderungen, so Prof. Dr. Weber. 

Daraus folgerte Prof. Weber: „Bei älteren Menschen ohne Schilddrüsenanamnese sollte erst ab einem TSH von ≥ 7 mU/l eine Schilddrüsenhormonsubstitution erwogen und eine Überdiagnostik und -therapie vermieden werden.“ Es bleibe abzuwarten, inwieweit zukünftig altersnormierte TSH-Referenzbereiche in der Lage sein werden, die thyreoidale Problematik bei älteren Menschen für behandelnde Ärzt*innen zu vereinfachen. Auf alle Fälle müsse auch bei einer milden subklinischen Hypothyreose im Alter eine ini­tiale Abklärung mittels Sonografie und Bestimmung der Thyreoperoxidase(TPO)-Autoantikörper sowie eine regelmäßige Überprüfung der thyreoidalen Stoffwechsellage erfolgen.

Diabetes Update 2023

Literatur: 
1. Evron JM et al. JAMA Netw Open 2022; 5(5): e2211863; DOI: 10.1001/jamanetworkopen.2022.11863
2. Vardarli I et al. Exp Clin Endocrinol Diabetes 2022; 130(9): 577-586; DOI: 10.1055/a-1832-0644
3. Brito JP et al. JAMA Intern Med 2022; 182(4): 418-425; DOI: 10.1001/jamainternmed.2022.0045
4. Biondi B, Cappola AR. Lancet Diabetes Endocrinol 2022; 10(2): 129-141; DOI: 10.1016/S2213-8587(21)00285-0