Verzicht auf Einmalkittel? GI-Spiegelungen erzeugen so viel Abfall wie eine deutsche Kleinstadt
Bei Magen- und Darmspiegelungen fallen deutschlandweit jährlich mehr als achttausend Tonnen Müll an.
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Das entspricht der Abfallmenge einer Kleinstadt mit rund 18.000 Einwohnern, berichtet ein deutsches Forscherteam um Dr. Lukas Welsch von der Abteilung für Gastroenterologie, Diabetologie and Infektiologie am Klinikum Hanau. Die CO2-Bilanz liegt auf dem Level von 4.200 Flügen von Frankfurt nach New York. Die Forschenden hatten untersucht, wie viel Müll bei unterschiedlichen stationären und ambulanten endoskopischen Interventionen am Gastrointestinaltrakt anfällt und welches Einsparpotenzial besteht.
Zwei Kliniken, das Universitätsklinikum Frankfurt und das Klinikum Hanau, sowie je eine Praxis in Hanau und Darmstadt nahmen an der Studie teil. Über einen Zeitraum von vier Arbeitswochen sammelten die Forschenden den im Rahmen aller Endoskopien angefallenen Müll, sortierten und wogen ihn und kategorisierten seine Bestandteile (Arbeitsgeräte, Schutzkleidung, Plastik, Papier, Restmüll) sowie die Recyclebarkeit.
Bei 2.889 Endoskopien (2.275 Patientinnen und Patienten) fielen insgesamt 2.558 kg Müll an. Jede Spiegelung verursachte im Schnitt 1,119 kg Müll, etwa so viel wie der deutsche Durchschnittsbürger am Tag. Die Kliniken erzeugten mit 1,167 kg pro Intervention mehr Müll als die Praxen mit 1,094 kg. Kaum Müll, nämlich < 0,5 kg pro Endoskopie, fallen z. B. bei Ösophagogastroduodenoskopien, bei Kolo- und bei Sigmoidoskopien an, berichten die Forschenden. Im Mittelfeld (0,5–1,5 kg) rangieren die endoskopische Sonografie, die perkutane endoskopische Gastrostomie und die Doppelballon-Enteroskopie. Spitzenreiter mit mehr als 1,5 kg Abfall pro Untersuchung ist die endoskopische retrograde Cholangiopankreatikografie.
Ein Fünftel der Abfälle ließe sich theoretisch recyclen
Zwar gebe es hierzulande nicht so eine Wegwerfmentalität wie z. B. in den USA (bis zu 3 kg pro Spiegelung), dennoch besteht Einsparpotenzial, schreibt das Team. Mehr als ein Fünftel der Abfälle (ca. 1,8 t) könnten über Recyclingprogramme wiederverwertet werden. Der flächendeckende Einsatz wiederverwendbarer Schutzkittel würde den Müll um 54 % und kombinierte Spiegelungen, z. B. Gastro- und Koloskopie, um 33–39 % reduzieren.
Da Endoskopiepraxen einem höheren wirtschaftlichen Druck unterliegen und dadurch sparsamer haushalten, würde in geeigneten Fällen ein Verlegen der Prozedur in den ambulanten Sektor den Müll um 47–69 % reduzieren – je nach Methode. Es bestehe daher dringender Handlungsbedarf im Sinne umfassender Müllvermeidungsstrategien. Als weiterer großer Müllfaktor wurden die Absaugbeutel identifiziert, die in Deutschland als potenziell infektiös gelten und gesondert mit entsprechend hohen CO2-Emissionen entsorgt werden müssen. Würde man abgesaugte Flüssigkeiten wie in den USA über das Abwassersystem entsorgen, würde die Müllmenge noch mal um 36 % sinken.
Quelle: Welsch L et al. Gut 2025; doi: 10.1136/gutjnl-2024-333401