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Allergien Hyposensibilisierung – viele Produkte fallen durch die Prüfung

Autor: Bianca Lorenz

Mit einem Pricktest lassen sich viele Allergene detektieren. Mit einem Pricktest lassen sich viele Allergene detektieren. © Alexander Raths – stock.adobe.com
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Millionen Menschen leiden unter Allergien. Die Allergenimmuntherapie kann mehr als die Symptome lindern. Doch trotz zahlreicher Medikamenten-Studien gibt es kaum Neuzulassungen auf dem Markt. Forscher wissen, woran das liegt.

Rote, brennende Augen, verstopfte Nasen oder Atemprobleme - Patienten mit Allergien haben einen hohen Leidensdruck. Zudem droht der Etagenwechsel hin zum Asthma. Antihistaminika können die Symptome kontrollieren, sind jedoch nicht zur Dauerbehandlung geeignet. Anders die Allergenimmuntherapie (AIT). Die Hyposensibilisierung ist der einzige kurative Behandlungsansatz. Entsprechend groß ist Forschungsinteresse daran.

Sicherheit und Wirksamkeit nachweisen

In den letzten Jahren kam eine nie dagewesene Zahl neuer AIT-Produkte in klinischen Studien auf den Prüfstand. Grund ist die Therapieallergen-Verordnung (TAV). Sie verpflichtet die Hersteller dieser Medikamente eine Zulassung für die Behandlung von Allergien zu beantragen, von denen in Deutschland sehr viele Patienten betroffen sind. Auch muss für diese die Durchführung eines klinischen Entwicklungsprogramms machbar und sinnvoll sein.

Hersteller müssen die klinischen Entwicklungsprogramme zudem nach dem aktuellen Stand der Technik durchführen, um die Sicherheit und Wirksamkeit ihrer Produkte nachzuweisen. Dies gilt auch, wenn das Produkt bereits ohne Zulassung vertrieben wurde, bevor es die aktuell gültigen Anforderungen an den Nachweis der Sicherheit und Wirksamkeit gab.

Wenige Zulassungen am Start

Fest steht: Nur wenige dieser „Kandidaten“ bekommen später die Zulassung, berichtet das Paul-Ehrlich-Institut (PEI). Und das, obwohl zahlreiche Studien abgeschlossen wurden. Auch blieben viele Ergebnisse unveröffentlicht. Warum? Das hat nun ein Team des PEI und der US-amerikanischen Zulassungsbehörde FDA untersucht.

Das Ergebnis: Von den 123 AIT-Produkten, für die in Deutschland als Reaktion auf die TAV Zulassungsverfahren eingeleitet wurden, haben bisher nur zwei eine Zulassung erhalten. 50 Produkte warten noch darauf, 73 dürfen nicht mehr angewendet werden. Entweder aufgrund der Ablehnung durch die zuständige Behörde oder weil der Antragsteller selbst sie zurückgenommen hat.

Vergleichbare Zusammensetzung, klinische Relevanz

Als Gründe dafür haben die Forscher bei Problemen mit der regulatorischen Bewertung von Daten aus klinischen Studien festgestellt. Denn das untersuchte AIT-Produkt muss in seiner qualitativen und quantitativen Zusammensetzung während der gesamten klinischen Entwicklung vergleichbar bleiben. Das ist eine wichtige Herausforderung bei der Entwicklung solcher Arzneimittel. Auch muss die Wirksamkeit als klinisch relevant nachgewiesen werden. Ein statistisch signifikanter Unterschied zwischen der Test- und der Kontrollpopulation genügt nicht.

Ein entscheidender Punkt für eine erfolgreiche klinische Entwicklung ist die Wahl aussagekräftiger Einschluss- und Endpunktkriterien. Post-hoc- oder Subgruppen-Analysen müssen als vordefinierte Kriterien in zusätzlichen Studien überprüft werden und können nicht spontan nach Abschluss einer Studie als entscheidender Beleg für die Wirksamkeit verwendet werden.

Verschobene Absichten und Zielsetzungen

Nicht zuletzt sollte die Datenanalyse für die behördliche Überprüfung auf der Intention-to-Treat (ITT)-Population basieren, um eine objektive Bewertung der Behandlungswirkung auf die gesamte Studienpopulation zu ermöglichen. Das Intention-to-Treat-Prinzip bedeutet, dass alle Teilnehmer einer Studiengruppe bei der Endauswertung der Studie berücksichtigt bleiben, auch wenn sie im Laufe der Studie ausscheiden oder die Therapie wechseln. Das ITT-Prinzip stärkt die Verlässlichkeit von Studienergebnissen.

Scheinbar widersprüchliche Interpretationen klinischer Daten zwischen Veröffentlichungen und behördlicher Prüfung beruhen häufig auf den unterschiedlichen Zielsetzungen. Gleichwohl berücksichtigt man bei der Prüfung die vollständigen Datensätze aller relevanten klinischen Studien für das betreffende AIT-Produkt. Ziel ist es, eine fundierte Entscheidung über die Zulassung zu treffen.

"Mit Allergenimmuntherapien wird das Immunsystem so trainiert, dass es nicht mehr überschießend auf harmlose Allergene reagiert. Damit kann vielen Menschen, die an Allergien erkrankt sind, geholfen werden", erläutert Prof. Stefan Vieths, Vizepräsident des Paul-Ehrlich-Instituts und Leiter der Studie. "In unserer Übersichtsarbeit zeigen wir, welche Anforderungen in der präklinischen und klinischen Entwicklung von Allergenimmuntherapeutika erfüllt sein müssen, um mehr Produkte in die Zulassung zu bekommen."

Quelle: Pressemitteilung des Paul-Ehrlich-Instituts Originalpublikation