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Unklar erhöhte Leberwerte Kontrollieren, weiter abklären – oder gleich an den Gastroenterologen überweisen?

Autor: Dr. Andrea Wülker

Für einen sichereren Umgang mit erhöhten Leberwerten sollte u.a. eine hausarztorientierte Leitlinie erstellt werden. Für einen sichereren Umgang mit erhöhten Leberwerten sollte u.a. eine hausarztorientierte Leitlinie erstellt werden. © svetazi – stock.adobe.com
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Erhöhte Leberwerte sind in der Hausarztpraxis ein häufiger Zufallsbefund. Sie können u.a. durch Alkoholmissbrauch, bestimmte Medikamente, eine Virushepatitis oder eine nicht-alkoholische Fettlebererkrankung bedingt sein. Vielfach herrscht Unsicherheit, was dann zu tun ist.

Leberwerterhöhungen gehen erwiesenermaßen mit erhöhter Morbidität und Mortalität einher. Da sie auf eine vital bedrohliche Erkrankung hinweisen können, ist die frühzeitige Abklärung und nötigenfalls das Einleiten einer adäquaten Therapie geboten, mahnen Dr. Julian­ Wangler­ und Prof. Dr. Michael­ Jansky­, beide vom Zentrum für Allgemeinmedizin und Geriatrie an der Universitätsmedizin Mainz.

Oft ist es der Hausarzt, der bei einer Routinekontrolle feststellt, dass mit der Leberfunktion seines Patienten etwas nicht stimmt. Dann muss er entscheiden: Abwarten und die Laborwerte später erneut kontrollieren? Selbst die weiterführende Diagnostik einleiten? Oder den Patienten gleich zum Facharzt oder in eine Leberambulanz überweisen? Mitunter ist diese Entscheidung nicht leicht zu treffen, beschreiben Dr. Wangler­ und Prof. Jansky­ in ihrem Übersichtsartikel. Zumal bislang weder strukturierte Früherkennungsprogramme für Lebererkrankungen noch hausarztorientierte und evidenzbasierte Leitlinien zum Umgang mit auffälligen Leberwerten existieren.

In mehreren umfangreichen Befragungen in verschiedenen Bundesländern haben die beiden Autoren ermittelt, wie Hausärzte in verschiedenen Bundesländern mit zufällig gefundenen erhöhten Leberwerten umgehen und was sie bevorzugt bestimmen lassen. Es zeigte sich, dass sich die Labordiagnostik, die aus den Hausarztpraxen angefordert wird, auf vergleichsweise wenige ausgewählte Parameter konzentriert, berichten Dr. Wangler­ und Prof. Jansky­. Am häufigsten nannten die Befragten die Gamma-Glutamyltransferase (95 %), die Aspartat-Aminotransferase (65 %) sowie die Alanin-Aminotransferase (63 %), gefolgt von der alkalischen Phosphatase (62 %) und der Thrombozytenzahl (57 %).

Zwei Drittel der hausärztlich tätigen Kollegen entscheiden sich angesichts abnormer Leberwerte laut eigener Aussage für ein kontrolliertes Abwarten (66 %) über mehrere Wochen (median: fünf Wochen). Dazu im Widerspruch steht allerdings die Aussage, 40 % der betreffenden Patienten wegen diagnostischer Unklarheiten zügig zum Spezialisten zu schicken.

Recht viele Kollegen sind offenbar unsicher, wann der richtige Zeitpunkt für die Überweisung ist und was sie vorab an Diagnostik leisten sollten. Denn die befragten Gastroenterologen waren der Meinung, dass Haus­ärzte ihre Patienten mit unklarer Leberwerterhöhung oft deutlich verfrüht (64 %) oder stark verzögert (57 %) überweisen.

Augenscheinlich gibt es also beim Abklären erhöhter Leberwerte und in der Zusammenarbeit von Haus- und gastroenterologisch tätigen Fachärzten Optimierungsbedarf, schlussfolgern die Autoren angesichts ihrer Umfrageergebnisse. Sie machen einige konkrete Vorschläge, wie sich die Situation verbessern ließe:

  • breiteres Angebot an themenbezogenen Schulungen für Hausärzte
  • Verankerung einer leberwertassoziierten Blutuntersuchung im Rahmen des Check-ups
  • einheitliche primärärztliche Diagnostik
  • bessere Zusammenarbeit zwischen Hausärzten und Gastroenterologen
  • Etablierung eines validierten Diagnosepfads
  • Erarbeiten einer hausarztorientierten Leitlinie zum Erkennen und zum Umgang mit erhöhten Leberwerten

Unterstützt durch diese Maßnahmen sollten Hausärzte dazu ermutigt werden, die Basisdiagnostik bei auffälligen Leberwerten eigenständig zu veranlassen und den Patienten anlassbezogen zu überweisen.

Quelle: Wangler J, Jansky M. Z Gastroenterol 2023; 61: 381-389; DOI: 10.1055/a-1852-9822