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Long-Covid Leitlinien nutzen und die richtigen Fragen stellen

Autor: Kathrin Strobel

Bei der Diagnostik helfen symptombasierte Scores sowie die klinische Falldefinition der WHO für Post COVID. Bei der Diagnostik helfen symptombasierte Scores sowie die klinische Falldefinition der WHO für Post COVID. © Anucha - stock.adobe.com
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Hausärzte spielen eine wesentliche Rolle in der Betreuung von Patienten mit anhaltenden Beschwerden nach COVID-19. Als erste Anlaufstelle für Betroffene sollten sie diejenigen sein, bei denen die Fäden zusammenlaufen.

Die kontinuierliche Versorgung von Patienten mit einem Post-COVID-Syndrom sollte hausärztlich gesteuert sein, erklärte Dr. ­Sandra ­Stengel vom Uniklinikum Heidelberg. Doch nicht alle Kollegen sind bereit, diese Rolle zu erfüllen. Der notwendige zeitliche Aufwand für die Betreuung trifft auf die ohnehin hohe Arbeitsbelastung in der Praxis. Da man es bei Long und Post ­COVID mit relativ neuen Entitäten zu tun hat, ist die Evidenz zu Diagnostik und Therapie noch immer begrenzt. Eine „Zauberheilung“ kann man nicht bieten, so Dr. Stengel. Man könne den Patienten aber auf seinem Weg begleiten – und inzwischen gibt es diagnostische und therapeutische Optionen, die diesen Weg erleichtern.

Fragebogen und Scores stützen die Diagnose

Bei der Diagnostik helfen symptombasierte Scores sowie die klinische Falldefinition der WHO für Post COVID. Auch die S1-Leitlinie Long-/Post-COVID, die S3-Leitlinie Müdigkeit sowie die vom RKI zusammengestellten Informationen sollte man als Hausarzt kennen. Im Rahmen der Anamnese lassen sich Symptome und Grad der bestehenden Einschränkungen erfragen. Dabei leistet z.B. der dreiseitige Fragebogen Müdigkeit aus der gleichnamigen S3-Leitlinie gute Dienste. Zwei einfache Fragen, die man laut Dr. Stengel immer stellen kann, sind:

  • Wie viel Prozent Ihrer ursprünglichen Arbeitsfähigkeit (vor ­COVID-19) haben Sie wieder­erlangt?
  • Wie viel Prozent Ihres ursprünglichen allgemeinen Gesundheitszustands (vor COVID-19) haben Sie wiedererlangt?

Das Spektrum an therapeutischen Optionen ist groß und umfasst u.a. psychosoziale Maßnahmen (z.B. Patienten­edukation, Long-COVID-Gruppen, Psychotherapie), Heilmittel (z.B. Physio-, Ergotherapie), Hilfsmittel (z.B. Kompressionsstrümpfe), Medikamente (z.B. Analgetika, Antidepressiva, Antikonvulsiva, niedrig dosiertes Naltre­xon) sowie weitere unterstützende Maßnahmen. Welche Therapie für den jeweiligen Patienten infrage kommt, hängt von seiner individuellen Beschwerdekonstellation ab. Medikamente sollten symptom­orientiert und verlaufsabhängig verordnet werden, so die Kollegin. Dafür bieten die jeweiligen Leitlinien (z.B. Insomnie, Chronischer Schmerz) eine gute Orientierung.

Der Hausarzt ist für die meisten Patienten die erste Anlaufstelle bei Beschwerden, betonte Dr. Stengel. Es sei wichtig, dass sich Hausärzte ihrer Rolle in der Versorgung von Patienten mit Long und Post ­COVID bewusst sind. Die Betreuung sollte ganzheitlich und patientenzentriert erfolgen und die gezielte Zusammenarbeit mit Fachärzten, Ergo-, Physio- und Psychotherapeuten je nach Bedarf einschließen, so die Kollegin. Bei schwer und komplex Erkrankten kann die Anbindung an eine Hochschulambulanz sinnvoll sein.

Quelle: 2. Kongress des Ärzte- und Ärztinnenverbandes Long COVID