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Löst Corona Schlaganfälle aus?

Autor: Dr. Anja Braunwarth

Zwar wurden in einzelnen Studien Verbindungen zwischen Corona und Schlaganfällen gezogen, aber die Informationen sollten aufgrund der mangelnden Studienqualität mit Vorsicht betrachtet werden. Zwar wurden in einzelnen Studien Verbindungen zwischen Corona und Schlaganfällen gezogen, aber die Informationen sollten aufgrund der mangelnden Studienqualität mit Vorsicht betrachtet werden. © iStock/John Kevin
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Dass das Coronavirus nicht nur die Lunge befällt, weiß man schon länger. Inzwischen gibt es auch Daten zu möglichen Assoziationen mit Schlaganfällen.

Zu den Auswirkungen von COVID-19 auf das zerebrovaskuläre System wurden in jüngster Zeit einige Daten gesammelt. In einer Studie aus Wuhan wiesen 40 von 88 Patienten mit schwerem Krankheitsverlauf neurologische Symptome auf, fünf erlitten einen Schlaganfall. Das entsprach einer Rate von 5,7 %.

In einer Untersuchung aus New York mit 3556 Patienten lag die Quote bei 0,9 %. Die Betroffenen hatten ebenfalls häufiger einen schweren Krankheitsverlauf, waren jünger und eher männlich. Bei zwei Dritteln von ihnen ließ sich keine Ursache für den Apoplex ermitteln, berichtete Professor Dr. Peter­ U. Heuschmann­ vom Institut für Klinische Epidemiologie und Biometrie der Universität Würzburg.

Einen Beleg für eine Kausalität gibt es bisher nicht. Man vermutet auch umgekehrte Zusammenhänge. So ergab eine Auswertung von fünf Studien eine 2,5-fach höhere Wahrscheinlichkeit für einen schweren COVID-19-Verlauf nach vorangegangenem Schlaganfall. Allerdings waren die Fallzahlen niedrig, die Auswahl der Patienten unklar und es wurde nur unzureichend auf potenzielle Einflussfaktoren adjustiert, erklärte Prof. Heuschmann.

Eine weitere Analyse aus Wuhan zeigte eine zweifach höhere Wahrscheinlichkeit für schwere Ereignisse im Verlauf der Infektion (Tod, Intensivpflichtigkeit, Beatmung) bei Patienten mit einem Insult in der Anamnese. Unabhängig davon fiel auf, dass die Zahl an schlaganfallbedingten Krankenhauseinweisungen während der Pandemie zurückging. China, Spanien und Frankreich verzeichneten einen Rückgang um etwa 30 %, für Deutschland fehlen noch Zahlen.

Als mögliche Gründe für die gesunkenen Einweisungen nannte der Referent die Furcht vor Ansteckung, weniger entdeckte Fälle durch soziale Isolation oder überlastete Krankenhauskapazitäten. Letzteres traf jedoch auf die meisten Systeme nicht zu. Eventuell gab es aber auch tatsächlich weniger Ereignisse, z.B. durch geringere Luftverschmutzung oder weniger beruflichen Stress.

Zusammenfassend warnte Prof. Heuschmann davor, die Daten überzuinterpretieren. Denn er habe noch nie so viele schlechte Studien in so kurzer Zeit gesehen „Die enorme Publikationstätigkeit der jüngsten Zeit führt zu einer Wildwestmentalität.“ Nicht umsonst mussten schon 22 Veröffentlichungen wieder zurückgezogen werden. Relevanz der Fragestellung, strenges Studiendesign und analytische Integrität gelten weiterhin als unabdingbar für eine qualitativ wertvolle Arbeit.

Quelle: Würzburger Kardioevent Virtual (Online-Veranstaltung)