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Nuklearindustrie Niedrigdosisbereich gefährlicher als bisher vermutet

Autor: Dr. Franziska Hainer

Unter Berücksichtigung der neuen Studienergebnisse die Schutzmaßnahmen im Niedrigdosisbereich auszuweiten. Unter Berücksichtigung der neuen Studienergebnisse die Schutzmaßnahmen im Niedrigdosisbereich auszuweiten. © Usman – stock.adobe.com
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Arbeiter, die über lange Zeiträume ionisierender Strahlung in geringer Dosis ausgesetzt waren, haben wahrscheinlich ein höheres Tumorrisiko als bisher angenommen.

In einer multinationalen Studie war die krebsbedingte Mortalität nach zehn Jahren, abhängig von der kumulativen Dosis, um 52 % pro Grey (Gy) erhöht. Begrenzten die Forscher die Analyse auf den Niedrigdosisbereich zwischen 0 und 100 mGy kam es zu einer annähernden Verdopplung des Wertes.

Ein Team um Prof. David Richardson von der University of California führte das umfangreiche Update der INWORKS-Studie (International Nuclear Workers Study), einer multinationalen Kohortenstudie, durch.

Effekt der Strahlenexposition auf krebsbedingte Mortalität

Diese Studie schloss Daten amerikanischer, französischer und britischer Arbeiter ein, die mindestens ein Jahr lang in der Nuklearindustrie tätig waren. Die Autoren untersuchten nun den Effekt langfristiger, niedrig dosierter Strahlenexposition auf das Mortalitätsrisiko durch solide Tumoren. Die Teilnehmer waren primär hochenergetischer penetrierender Strahlung ausgesetzt. Die Strahlendosis wurde mittels Dosimeter erfasst. 309.932 Arbeiter gingen in die Studie ein und das Follow-up umfasste 10,7 Millionen Personenjahre. Es kam zu 103.553 Todesfällen, wovon 31.009 durch Krebserkrankungen verursacht waren, 28.089 durch solide Tumoren. (Excess relative rate (ERR) 0,53 pro Gy für Krebs und 0,52 pro Gy für solide Tumoren). Wurden die Todesfälle durch Bronchial- und Pleurakarzinome ausgeschlossen, bei denen primär Rauchen oder Asbestbelastung als Auslöser infrage kommen, zeigte sich lediglich ein geringer Effekt auf das Ergebnis. Zudem analysierten die Autoren noch weitere potenzielle Störfaktoren als Verursacher von Tumoren – ohne signifikanten Einfluss auf das Gesamtergebnis. Die Analyse der Daten von Arbeitern, die erst in den letzten Jahren eingestellt wurden, erbrachte eine stärkere Assoziation mit den Mortalitätsraten. Hier vermuten die Autoren einen Zusammenhang mit der genaueren Erfassung der Strahlenbelastung.

Bei einer kumulativen Dosis von 0–100 mGy und 0–50 mGy besteht ein erhöhtes Mortalitätsrisiko durch solide Tumoren pro Gy, schreiben die Autoren. Die aktuellen Schätzwerte, die Informationsgrundlage für den Strahlenschutz sind, bilden die neuen Zahlen noch nicht ab. Die Evidenzlage könnte auch für einen steileren Anstieg der linearen Dosis-Wirkungs-Beziehung im Niedrigdosis-Bereich sprechen – verglichen mit dem Linienverlauf im Hochdosisbereich. Die Autoren plädieren dafür, unter Berücksichtigung der neuen Studienergebnisse die Schutzmaßnahmen im Niedrigdosisbereich auszuweiten.

Quelle: Richardson DB et al. BMJ 2023; 382: e074520; DOI: 10.1136/bmj-2022-074520