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Großer Nachholbedarf Oldtimer Brustkrebsnachsorge

DKK 2024 Autor: Friederike Klein

Mittlerweile ist eine Reform der Empfehlungen zur Brustkrebsnachsorge sinnvoll. Mittlerweile ist eine Reform der Empfehlungen zur Brustkrebsnachsorge sinnvoll. © Framestock – stock.adobe.com
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Das derzeit gültige Brustkrebsnachsorge-Schema ist 30 Jahre alt. Bei den heutigen Kenntnissen und Therapiemöglichkeiten ist die Perspektive der Betroffenen eine andere als in den 1990er Jahren. Das sollte sich in den Nachsorgeempfehlungen niederschlagen.

Leitlinien geben Empfehlungen auf Basis einer belastbaren Evidenz. Und die Evidenz für einen Überlebensvorteil durch die aktuelle Brustkrebsnachsorge stammt aus den 1990er Jahren, erläuterte Prof. Dr. ­Wolfgang ­Janni, Universitätsklinikum Ulm, die Zwickmühle, in der sich die Leitlinienautor:innen derzeit befinden. Neuere Daten mit einem Überlebensbenefit bei intensivierter Nachsorge gibt es nicht. 

Im Wesentlichen basieren die aktuellen Empfehlungen (siehe Kasten) auf zwei italienischen Studien. Darin verbesserten Röntgenthorax, Skelettszintigrafie, Lebersonografie sowie Laborwerte (Leberwerte, alkalische Phosphatase) zusätzlich zur körperlichen Untersuchung und Mammografie zwar die Detektion von Rückfällen und Fernmetastasen. Sie hatten aber keinen Einfluss auf das Gesamtüberleben. Das galt auch in verschiedenen Altersgruppen und das Ergebnis war zudem unabhängig von Tumorgröße und Nodalstatus. „Die Patientin ist länger krank, ohne länger zu leben“, sagte Prof. ­Janni. 

Routinenachsorgediagnostik

Brustkrebsnachsorge-Empfehlungen der Kommission Mamma der AGO mit hohem Empfehlungsgrad (++)

  • Anamnese (spezifische Symptome)
  • Untersuchung
  • Mammografie
  • Mammasonografie
  • Gynäkologische Untersuchung

Die Nachsorge in einem onkologischen Zentrum wird nicht explizit empfohlen, nachdem eine Studie keinen Vorteil dafür ergeben hatte. Tumormarker wie CEA, CA15-3 oder CA27-29 sind zwar bei Fernmetastasierung häufig erhöht, und helfen, die systemische Erkrankung früher zu erkennen. Auch das war aber in Studien bislang nicht mit einem Überlebensvorteil assoziiert, sagte Prof. ­Janni. Er sieht durchaus einen großen Bedarf, das Standardvorgehen zu überdenken. Es fehlt aber die notwendige Evidenz dafür. „Wir müssen unsere Hausaufgaben machen“, betonte er. 

Prof. Dr. ­Eva ­Fallenberg von der Technischen Universität München beklagte, dass die Mammografie als Standardmethode in der Nachsorge zu wenig sensitiv sei.2 Daher gebe es aus ihrer Sicht auch in Bezug auf die lokoregionale Nachsorge Reformbedarf. Sie nannte Tomozentese und Kontrastmittel-gestützte Mammografie als bessere Alternativen. Die MRT wird heute schon bei schwer zu beurteilenden Befunden angewandt. Hier warnte die Expertin allerdings davor, dass die Methode nicht zum reinen Geldverdienen zum Einsatz kommt, indem fast jede Brust als schwer zu beurteilend eingeschätzt wird. „Da ist politisch viel zu tun“, sagte sie. Klar ist, dass die zu empfehlenden Bildgebungsmethoden für die Nachsorge immer auch im Zusammenhang mit der Verfügbarkeit und der Kostenerstattung gesehen werden müssen. 

Um die notwendige Evidenz für eine Reform der Nachsorge zu generieren, schlug Prof. ­Fallenberg multimodale Studienregister vor, in denen die individuelle Vorgehensweise zusammen mit den Befunden dokumentiert wird. Sie hofft, dass Künstliche Intelligenz die Auswertung der Bildgebung erleichtert. Aufgrund der teilweise spät auftretenden Rezidive plädierte sie bei den entsprechenden Brustkrebssubtypen für eine Nachsorgedauer von zehn Jahren. 

Aktuell gehört eine intensivierte apparative und labortechnische Dia­gnostik nach der S3-Leitlinie Mammakarzinom zur Metastasendiagnostik, nicht zur Standardnachsorge, und ist nur bei klinischen Auffälligkeiten indiziert.3 Prof. ­Fallenberg zeigte sich überzeugt, dass die aus dem vergangenen Jahrtausend stammende Evidenz überholt ist. Seitdem sei die Kenntnis über unterschiedliche Prognosen verschiedener Tumortypen enorm angestiegen. Es gibt personalisierte Therapieansätze, viele neue Substanzgruppen mit deutlichem Effekt auf die Prognose und moderne Techniken in Bildgebung und Diagnostik. Deshalb sollte auch die Detektion der systemischen Erkrankung ein Teil der Nachsorge werden. 

Derzeit wird die Rolle der PET-CT in einer italienischen Studie zur Nachsorge geprüft. Forschende untersuchen in der SURVIVE-Studie die Kontrolle von ctDNA zusätzlich zur Standardnachsorge. Im Zuge dessen wird auch die Therapie des molekularen Rezidivs (Nachweis von ctDNA ohne Korrelat in der Bildgebung) evaluiert.

Quellen:
1. Janni W. DKK 2024; Vortrag „Ist die Nachsorge beim Mammakarzinom reformbedürftig? Contra für jetzt“
2. Fallenberg E. DKK 2024; Vortrag „Ist die Nachsorge beim Mammakarzinom reformbedürftig? Kontra“
3. S3-Leitlinie Früherkennung, Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Mammakarzinoms, AWMF Registernummer: 032-045OL