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 Infektion über größere Entfernungen SARS-CoV-2 auch auf der Langstrecke unterwegs

Autor: Dr. Judith Lorenz

Die virushaltigen Aerosole knacken auch die 2-Meter-Marke. Die virushaltigen Aerosole knacken auch die 2-Meter-Marke. © Ingo Bartussek – stock.adobe.com
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Abstandhalten reicht bei SARS-CoV-2 offenbar nicht, wie eine große Metaanalyse von bisherigen Studien zeigte. Die Viren überbrücken unbeschadet auch große Distanzen.

Das größte Übertragungsrisiko für SARS-CoV-2 besteht bei engem Kontakt mit einem Infizierten. In geschlossenen, schlecht belüfteten Innenräumen können sich virushaltige Aerosole aber offenbar auch über größere Dis­tanzen ausbreiten und Infektionen hervorrufen. Zu diesem Ergebnis kommt ein britisches Forscherteam um ­Daphne ­Duval von der UK Health Security Agency in London nach Auswertung epidemiologischer Studiendaten.

Anekdotische Berichte über Superspreader-Events deuten seit Längerem darauf hin, dass SARS-CoV-2-haltige, winzige Tröpfchen Distanzen von mehr als zwei Metern überwinden können, so die Forschenden. Diese Hypothese überprüften sie anhand einer Metaanalyse von 18 Untersuchungen zu Virusausbrüchen in öffentlichen Räumen. Diese hatten sich in Quarantänehotels, Restaurants, Hochhäusern, (Reise-)Bussen, bei Gesangsveranstaltungen, in einer fleischverarbeitenden Fabrik, in einem Gerichtssaal, in einem Büro, in einem Fitnessstudio sowie in einem Kaufhaus ereignet. Übertragungen in Gesundheitseinrichtungen, durch Oberflächen oder enge Kontakte zwischen Haushaltsangehörigen schlossen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler dagegen von der Analyse aus.

Bei 16 der 18 Untersuchungen muss in einigen oder sogar allen Fällen eine aerogene Virusübertragung über größere Entfernungen angenommen werden, berichten die Forschenden. Begünstigt wurde diese Form der Transmission beispielsweise durch ungenügenden Luftaustausch, gerichteten Luftstrom (z.B. durch Lüftungsanlagen) sowie Aktivitäten mit verstärkter Aerosolfreisetzung wie Singen oder lautes Sprechen. In 13 Untersuchungen befand sich der Indexpatient zum Zeitpunkt der Virustransmission im asymptomatischen oder präsymptomatischen Stadium der Infektion.

Effekt des Masketragens auf Virusreichweite unklar

Aufgrund der insgesamt wenig belastbaren Datenlage – beispielsweise ist unklar, inwiefern das Masketragen die Virusreichweite beeinflusst – wünschen sich die Autoren weitere Studien zur aerogenen Übertragbarkeit von SARS-CoV-2. Angesichts der Metaanalyseergebnisse raten sie dazu, in Innenräumen regelmäßig für Frischluft zu sorgen. Denn von asymptomatischen Virusträgern freigesetzte Aerosole können offenbar auch über große Entfernungen Menschen infizieren.

Quelle: Duval D et al. BMJ 2022; 377: e068743; DOI: 10.1136/bmj-2021-068743