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Typ-1-Diabetes: Inselzelltransplantat stabilisiert Blutzucker und reduziert Komplikationen

Autor: Dr. Barbara Kreutzkamp

Wenn der Typ-1-Diabetes unkontrollierbar wird, kann die Inselzelltransplantation Abhilfe schaffen. Wenn der Typ-1-Diabetes unkontrollierbar wird, kann die Inselzelltransplantation Abhilfe schaffen. © iStock/7activestudio
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Die allogene Inselzelltransplantation ist eine gut verträgliche Option für Typ-1-­Diabetiker mit schlechter Blutzuckerkontrolle sowie häufigen und schweren Hypoglykämien. Der Preis: eine langfristige Immunsuppressiva-Therapie.

Verglichen mit einer Pankreastransplantation ist die Inselzell-Übertragung weniger invasiv und wird besser toleriert, schreiben Professor Dr. Marie-Christine Vantyghem vom Universitätsklinikum in Lille und Kollegen. Für medikamentös schwer einstellbare Typ-1-Diabetiker mit schlechter Hypoglykämiewahrnehmung bzw. stark schwankender glykämischer Kontrolle bietet die allogene intrahepatische Inselzellverpflanzung eine gute Option – Nutzen-Risiko-Assessment und umfassende Patientenaufklärung vorausgesetzt. Auch Nierentransplantierte und damit bereits unter Immunsuppressiva Stehende profitieren.

Eine bis drei Injektionen in die Lebervene nötig

Die Zellen stammen in den meisten Fällen von hirntoten Organspendern. Entsprechend aufbereitet werden sie dem Empfänger unter Immunsuppression in die Portalvene infundiert. Die Zahl der erforderlichen Sitzungen zum Erreichen der Insulin-Unabhängigkeit schwankt zwischen eins und drei. Nach dem Eingriff werden vor allem glykämische Kontrolle, Transplantat-Funktion und die Immunsuppression engmaschig überprüft. Die erhaltende Immunsuppression, z.B. mit Tacrolimus plus Sirolimus bzw. Mycophenolat muss über die gesamte Lebensdauer des Transplantats beibehalten werden.

Seit der klinischen Einführung vor 20 Jahren haben über 1000 Patienten ein Zelltransplantat erhalten. Das Fazit der 22 analysierten Outcome-Studien: Der Eingriff selbst scheint sicher, das Fünf-Jahres-Überleben der Patienten lag bei nahezu 100 %, das der Transplantate bei bis zu 70 %. Über den mindestens einjährigen Beobachtungszeitraum waren Transplantatfunktion, Insulin-Unabhängigkeit und kombinierte Stoffwechselparameter, wie metabolischer Balance, HbA1c (< 7 %), sehr gut. Vor allem blieben die schweren Hypoglykämien aus.

Zusätzlich nahmen die Begleitkomplikationen ab. Durch den Erhalt der Betazellfunktion sank die Inzidenz mikrovaskulärer Ereignisse. Die verbesserte Glykämiekontrolle wirkte nephroprotektiv, was im Endeffekt die potenzielle Nierentoxizität der Calcineurin-Inhibitoren aufwog, erklären die Autoren. Des Weiteren stabilisierten oder besserten sich sensorische Neuropathien.

Andere Studien belegen eine reduzierte Inzidenz bzw. einen milderen Verlauf von Retinopathien, allerdings kam es bei hohem HbA1c-Ausgangswert öfter zu Glaskörperblutungen. Zwar ließ sich auch das kardiovaskuläre Risiko senken, dennoch scheint den Autoren ein Screening auf stumme ischämische Kardiopathien angebracht, wenn die Transplantation bereits länger als fünf Jahre zurückliegt.

Abstoßung schwer nachzuverfolgen

Anders als bei der Pankreastransplantation können transplantierte Inselzellen per Biopsie nicht erfasst werden. Hinweise auf eine Abstoßung sind allerdings ein reduziertes C-Peptid-Level sowie der Rückgang der metabolischen Kontrolle. Außerdem kann man nach Antikörpern gegen den Spender oder gegen Inselzellen suchen, T-Zell-Assays fehlen bislang für das klinische Setting. Die Abstoßungs­reaktion ist schwer zu behandeln, versucht wurden bisher Rituximab und Steroide.

Wie bei jedem allogenen Transplantat lässt die Funktion nach, sodass mit der Zeit wieder orale Anti­diabetika bzw. kleinere Dosen von Insulin notwendig werden. Dennoch ermöglicht der Eingriff etwa einem von vier Patienten eine Insulin Unabhängigkeit von mindestens zehn Jahren. Positiv auf die Prognose wirkt sich u.a. ein Empfängeralter über 35 Jahre aus. Bei bis zu 10 % der Transplantierten stellen sich eingriffsbedingt allogene oder auto­immune Reaktionen ein, die zwar meist beherrschbar sind, sich aber negativ auf metabolische Parameter auswirken können.

Quelle: Vantyghem MC et al. Lancet 2019; online first