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Hirntumoren Vermehrter Auftritt bei US-Veteranen nach einigen Kopfverletzungen 

Autor: Dr. Judith Lorenz

Nach einigen Kopfverletzungen werden bei US-Veteranen vermehrt Hirntumoren diagnostiziert.
Nach einigen Kopfverletzungen werden bei US-Veteranen vermehrt Hirntumoren diagnostiziert. © Bumble Dee – stock.adobe.com
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Schädelhirntraumata zählen zu den häufigsten Verletzungen von Soldatinnen und Soldaten im Kampfeinsatz. Diese können zahlreiche Spätfolgen nach sich ziehen, unter anderem Depressionen und chronische Schmerzen. Möglicherweise begünstigen schwere Kopfverletzungen zudem Hirntumoren.

Primäre Hirntumoren sind selten und weisen eine schlechte Prognose auf. Welche Risikofaktoren für diese Malignome prädisponieren, ist allerdings bislang weitgehend unklar, berichten Kolleginnen und Kollegen um Prof. Dr. Ian Stewart von der Uniformed Services University of Health Sciences in Bethesda.1 Er und sein Team untersuchten, ob ein Zusammenhang zwischen Kopfverletzungen und Hirntumoren besteht. 

Das Analysekollektiv bildeten mehr als 1,9 Millionen US-Veteranen, die ihren Militärdienst zwischen 2004 und 2019 geleistet haben. 449.880 der mehrheitlich männlichen Veteranen hatten in dieser Zeit ein Schädelhirntrauma erlitten. Sie waren im Median 31 Jahre alt und median 7,2 Jahre nachbeobachtet worden. 

Stärkster Link nach penetrierender Verletzung

Den Berechnungen der Forschenden zufolge erhöhten leichte Kopfverletzungen das Hirntumorrisiko zwar nicht. Jedoch bestand ein signifikanter Zusammenhang zwischen einem mäßigen oder schweren Schädelhirntrauma und einer späteren Hirntumordiagnose (adjustierte HR 1,90; 95%-KI 1,16–3,12). Die stärkste Risikozunahme beobachteten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nach penetrierenden Kopfverletzungen (adjustierte HR 3,33; 95%-KI 1,71–6,49).

Erhöhte Glioblastomrate

Soldat:innen unterscheiden sich im Hinblick auf das Hirntumorrisiko von der Allgemeinbevölkerung, so Dr. Massaad und Dr. Kiapour: Glioblastome stellen die dritthäufigste Krebstodesursache bei Militärpersonal im aktiven Dienst dar und die nach 9/11 im Irak- und Afghanistankrieg oder in anderen Kriegen eingesetzten Veteranen haben im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung eine um 26 % höhere Glioblastomrate.

Das Risiko für eine Hirntumordiagnose steigt vermutlich mit der Schwere einer Kopfverletzung, so die abschließende Beurteilung der Autor:innen. Diese Beobachtungen gelten allerdings nur für das Kollektiv der US-Veteranen, warnen sie. Inwiefern sie auf die Allgemeinbevölkerung übertragbar sind, sei unklar. Weiterhin geben sie zu bedenken, dass bei ihrer Analyse andere potenzielle Risikofaktoren, beispielsweise die Exposition gegenüber Giftstoffen, unberücksichtigt blieben. 

Computerwissenschaften sollen helfen

Hier setzt ein 2022 verabschiedetes US-Gesetz, der sogenannte „Promise to Address Comprehensive Toxics(PACT)-Act“ an, schreiben die Kommentatoren Dr. Elie Massaad und Dr. Ali Kiapour, Massachusetts General Hospital, Boston.2 Dieses Gesetz soll die Versorgung von Veteranen nach Giftkontakt verbessern. Es bietet dabei auch neue Möglichkeiten im Hinblick auf die Erforschung von Hirntumor-Risikofaktoren. 

Weiterhin setzen die Kommentatoren große Hoffnungen in die Computerwissenschaften: Softwarebasierte Modelle sollen die Biomechanik spezifischer Neurotraumata und die dadurch induzierte Neurodegeneration sowie (sub-)klinische Spätfolgen simulieren. Langfristiges Ziel dieser Forschung sei die Entwicklung von Präventiv- und Screeningstrategien sowie die Verbesserung von Diagnose und Therapie.

Quellen:
1. Stewart IJ et al. JAMA Netw Open 2024; 7: e2354588; DOI: 10.1001/jamanetworkopen.2023.54588
2. Massaad E, Kiapour A. JAMA Netw Open 2024; 7: e2354546; DOI: 10.1001/jamanetworkopen.2023.54546