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Versorgungslage der Krebspatienten in Deutschland nicht einheitlich

Autor: Petra Eiden

Die unmittelbare Verfügbarkeit neuer Medikamente stößt teils an ihre Grenzen. Die unmittelbare Verfügbarkeit neuer Medikamente stößt teils an ihre Grenzen. © iStock/metamorworks
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Ein zentrales Thema des diesjährigen Deutschen Krebskongresses: die optimale medizinische Versorgung aller Krebspatienten in Deutschland. In den letzten Jahren gab es etwa mit zielgerichteten und Immuntherapien enorme Fortschritte. Flächendeckend sind sie jedoch nicht verfügbar.

In Deutschland sollen neue Medikamente unmittelbar nach ihrer EU-Zulassung verfügbar sein und finanziert werden. Doch bei einigen Behandlungen in der Onkologie stößt dieses Prinzip an seine Grenzen. Hierzu gehören zielgerichtete Therapien, die eine teils aufwendige, qualitätsgesicherte Diagnostik erfordern, sowie die zelluläre Immuntherapie, die an spezialisierten Zentren erfolgen muss.

Anhand der CAR-T-Zell-Therapie lassen sich die bestehenden Probleme exemplarisch aufzeigen, erklärte Professor Dr. Andreas Hochhaus, Kongresspräsident des DKK 2020. So sind im August 2018 in Europa erstmals zwei solche Therapien zur Behandlung von bestimmten B-Zell-Leukämien/Lymphomen zugelassen worden, von denen in Deutschland rund 1400 Patienten profitieren könnten. Weitere 20 Indikationen würden sich derzeit im Zulassungsprozess befinden, ergänzte er.

Neuartige Therapien nur in Innovationszentren?

Da die Therapie sehr komplex ist, dürfen die Hersteller nur mit Zentren zusammenarbeiten, die Kompetenz in der Behandlung der Grunderkrankung, dem Umgang mit genmodifizierten Zellen und der intensivmedizinischen Behandlung möglicher schwerwiegender Nebenwirkungen, wie dem Zytokin-Freisetzungs-Syndrom, haben.

Dr. Johannes Bruns, Generalsekretär der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG), forderte darüber hinaus, dass derartige Therapien nur von Innovationszentren angewendet werden sollten, die an Qualitätssicherungsverfahren und Registerstudien teilnehmen, mit betreuenden Leis­tungserbringern der betroffenen Patienten am Wohnort kooperieren sowie definierte Struktur- und Qualitätskriterien erfüllen.

Auf diese Weise ließen sich ein zeitnaher Zugang für alle Betroffenen, eine qualitätsgesicherte Anwendung und eine Überprüfung von Wirksamkeit und Verträglichkeit im Versorgungsalltag besser sicherstellen, begründete er. Entsprechende Strukturen müssen jedoch noch auf- bzw. ausgebaut werden. Zudem ist die Finanzierung von Therapien wie der CAR-T-Zell-Therapie, die eine stationäre Versorgung erfordern, bislang nicht geklärt. Bis zur korrekten Kostenabbildung des teuren Verfahrens im deutschen DRG-System müssten die Zentren die anfallenden Kosten querfinanzieren, warnte Dr. Bruns.

Rund 1,5 Jahre nach der entsprechenden EU-Zulassung werden die Kosten für die CAR-T-Zell-Therapie laut Prof. Hochhaus heute zwar in der Regel erstattet, jedoch weiterhin teils nur auf Einzelfallantrag, der zeitaufwendig und nicht einheitlich geregelt ist. Einige Zentren hätten inzwischen Verträge mit Krankenkassen geschlossen, ergänzte Prof. Hochhaus. Wenn Zentren die Voraussetzungen für die Anwendung von neuen Therapien erfüllten, müsse die Finanzierung durch die Krankenkassen künftig zeitnah einheitlich gewährleistet sein, forderte Dr. Bruns.

Förderung von Nachwuchswissenschaftlern

Eine weitere wichtige Herausforderung bei der Versorgung aller Krebspatienten mit innovativen Therapien besteht laut Prof. Hochhaus darin, den Bedarf an Onkologen im ländlichen Raum sowie in den Innovationszentren, die an der Schnittstelle von Labor und Klinik forschen, zu decken. Aus diesem Grund hat die Deutsche Krebshilfe nach den Ausführungen ihres Vorstandsvorsitzenden Gerd ­Nettekoven ein bundesweites Programm initiiert. In diesem werden fünf sogenannte Mildred-Scheel-Nachwuchszentren in Dresden, Frankfurt am Main, Hamburg, Köln/Bonn und Würzburg für fünf Jahre mit je zehn Millionen Euro bei der Förderung von Nachwuchswissenschaftlern unterstützt.

Quelle: Pressekonferenz – Deutscher Krebskongress 2020