Neue Leitlinie für Kinder Fiebermanagement bei Kindern neu definiert

Autor: Birgit Maronde

S3-Leitlinie liefert klare Kriterien und hilfreiche Informationen für den Umgang mit Fieber bei Kindern und Jugendlichen. S3-Leitlinie liefert klare Kriterien und hilfreiche Informationen für den Umgang mit Fieber bei Kindern und Jugendlichen. © Arkom – stock.adobe.com

Wann ist Fieber bei Kindern harmlos und wann gefährlich? Die neue S3-Leitlinie liefert klare Kriterien für Diagnostik und Behandlung.

Ein fieberndes Kind bekommt heute fast automatisch Paracetamol oder Ibuprofen. Doch dafür gibt es keinen Grund, sofern es nicht stark beeinträchtigt erscheint oder Schmerzen hat. Denn Fieber ist physiologisch und für die Abwehrreaktion hilfreich. Eine gesundheitliche Gefährdung wird an ganz anderen Faktoren festgemacht.

Eltern wissen heute viel zu wenig über Fieber und wie sie auf erhöhte Temperaturen bei ihrem Kind reagieren sollen. Sinnvoll ist es daher, ihnen anlässlich der ersten Impfung schriftliche bzw. multimediale Informationen (s. Kasten) anzubieten, heißt es in der neuen S3-Leitlinie „Fiebermanagement bei Kindern und Jugendlichen“ der DGKJ* und weiterer Fachverbände. Aufklären sollte man auch über die Fieber definierende Körpertemperatur (38,5 °C, bei Kindern unter drei Monaten 38,0 °C) und die richtigen Fiebermessorte (s. Tabelle). So führt z. B. bei Neugeborenen und Säuglingen kein Weg an der rektalen Messung mit einem Digitalthermometer vorbei.

Informationsquellen und Tools für die Eltern

  • Elternleitlinie zum Umgang mit Fieber bei Kindern und Jugendlichen (register.awmf.org)
  • FeverApp (feverapp.de)
  • Bundesinstitut für Öffentliche Gesundheit (shop.bioeg.de) (vormals BZgA)

Tipps für das Fiebermanagement zu Hause

  • regelmäßig Flüssigkeit und – bei Appetit – leichte Kost anbieten
  • ungestörten Schlaf ermöglichen, kein Wecken für Fiebermessungen oder andere Maßnahmen
  • bei Frieren und Schüttelfrost dem Wärmebedarf z. B. durch Zudecken nachkommen; ist es dem/der Kranken zu warm, genügt leichteres Bedecken.
  • durch liebevolle Zuwendung Ruhe und Sicherheit vermitteln
  • liegt keine Zentralisierung vor (d. h. warme Hände und Füße), optional körperwarme Wadenwickel anwenden
  • keine Bettruhe erzwingen, da ohne Einfluss auf die Fieberhöhe
  • vor der Rückkehr in Schule oder Kindergarten mindestens einen Tag fit und fieberfrei sein 

Häufig machen die Bezugspersonen der jungen Patientinnen und Patienten die Schwere der Erkrankung an der erhöhten Körpertemperatur fest. Dabei gilt Fieber im Rahmen der Abwehrreaktion des Körpers als physiologisch und nicht primär behandlungswürdig. Sofern der Allgemeinzustand des Kindes kaum beeinträchtigt ist, es aktiv erscheint, kommuniziert und spielt, muss meist gar keine ärztliche Untersuchung erfolgen (Ausnahme: Alter < 3 Monate, s. u.).

Die Gefahr einer ernsten Erkrankung spiegeln andere Parameter wider, vor allem der reduzierte Allgemeinzustand und Warnzeichen für eine schwere Infektion. Zu diesen gehören u. a.:

  • Bewusstseinsstörungen
  • starke Schmerzen
  • schrilles Schreien
  • Hauteinblutungen
  • Austrocknung
  • sehr schnelles Atmen
  • Rekapillarisierungszeit > 3 s
  • sehr blasse, graue oder blaue Haut
  • Fieberdauer > 3 d

In der Praxis kann man auf das Pädiatrische Dreieck sowie ein Ampelsystem zurückgreifen, das auf den Empfehlungen der britischen National Institute for Health and Care Excellence (NICE) basiert und in der Leitlinie ausführlich dargestellt ist. Berücksichtigt werden darin u. a. die altersabhängige Herz- und Atemfrequenz, Sauerstoffsättigung und Hydratationsstatus.

Das Risiko, dass eine schwere bakterielle Infektion vorliegt, ist für fiebernde junge Säuglinge (< 3 Monate) größer als für ältere Kinder. Sie sollten daher in jedem Fall sorgfältig ärztlich untersucht werden. Dies schließt die Urinanalyse zum Ausschluss einer Pyelonephritis ein. Allerdings: In dieser Altersgruppe kann Fieber trotz schwerer Infektion fehlen oder sogar Untertemperatur vorliegen, warnen die Leitlinienexpertinnen und -experten. Ebenfalls besonders gefährdet sind Frühgeborene und Neugeborene mit geringem Geburtsgewicht.

Muss hohes Fieber in jedem Fall gesenkt werden? Nein! Bei zuvor gesunden Kindern und Jugendlichen gibt es dafür keinen Grund. Nur wenn die jungen Patienten stark beeinträchtigt sind oder Schmerzen haben, kann man Antipyretika geben. Wichtig: Fieberkrämpfe lassen sich durch Fiebersenker nicht verhindern und die prophylaktische Gabe vor einer Impfung ist ebenfalls nicht indiziert!

Ibuprofen ist für Kinder ab drei Monaten zugelassen. Die empfohlene Einzeldosis beträgt 7–10 mg/kg bzw. 600 mg für Kinder ab 12 Jahre. Die maximale Tagesdosis liegt bei 40 mg/kg bzw. 2.400 mg. Paracetamol wird in einer Dosierung von 10–15 mg/kg (max. 60 mg/kg pro Tag) bzw. 1 g (max. 4 g/d) bei Kindern über 12 Jahre gegeben. Die beiden Antipyretika können auch nach ärztlicher Absprache alternierend verabreicht werden. Metamizol ist nur dann eine Option, wenn Ibuprofen oder Paracetamol unzureichend gewirkt haben.

*Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin

Quelle: S3-Leitlinie „Fiebermanagement bei Kindern und Jugendlichen“; AWMF-Register-Nr. 027-074; www.awmf.org#