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Alles hat seine Zeit – auch meine Kolumne

Autor: Dr. Cornelia Tauber-Bachmann

„Denken Sie immer daran, wenn Sie mal der Frust erwischt: Wir haben den schönsten Beruf der Welt.“ „Denken Sie immer daran, wenn Sie mal der Frust erwischt: Wir haben den schönsten Beruf der Welt.“ © iStock/katflare; MT
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Eine Generation geht, eine andere kommt. Unsere Kolumnistin Dr. Cornelia Tauber-Bachmann verabschiedet sich und blickt zurück auf die letzten 11,5 Jahre.

„Alles hat seine Stunde. Für jedes Geschehen unter dem Himmel gibt es eine bestimmte Zeit.“ So beginnt einer meiner liebs­ten Bibelverse aus dem Alten Testament, genauer gesagt ist es Kapitel 3 aus dem Buch Kohelet, dem „Philosophenbuch“, das zu den Büchern der Lehrweisheit gehört. Der Wortlaut meiner Zitate ist aus der ­Einheitsübersetzung, 3. Auflage 1995.

Und da heißt es später: (Es gibt) „eine Zeit zum Suchen/ und eine Zeit zum Verlieren,/ eine Zeit zum Behalten und eine Zeit zum Wegwerfen ... eine Zeit zum Schweigen/ und eine Zeit zum Reden ...“ Alles im Leben hat seine Zeit. Auch wenn nicht explizit eine Zeit zum Schreiben aufgeführt ist (vermutlich weil damals noch nicht so viele Menschen schreiben und lesen konnten), ist für mich die Zeit des Schweigens nun gekommen.

Nach 11,5 Jahren regelmäßiger Tätigkeit für die Medical Tribune ist dies nun meine letzte regelmäßige Kolumne. Im Laufe der Jahre sind 126 Kolumnen, inklusive der vorliegenden, zusammengekommen. Im Dezember 2009 erschien die erste, damals mit einem Kommentar zur Ernennung eines Arztes zum Gesundheitsminister: Dr. Philipp Rösler. Können Sie sich noch an ihn erinnern? Na ja, im Nachhinein betrachtet war seine Amtszeit ja kurz und hat uns Ärzte auch nicht viel weitergebracht – weder im Ansehen noch in finanzieller Hinsicht.

Weiter ging es mit Themen aus dem abwechslungsreichen Leben einer Allgemeinmedizinerin: Schweinegrippe, Impfbefürworter und -gegner, Notfälle und unfreiwillige Notfalleinsätze im Zug und auf Bildungsreisen, Diskrepanz von Patienten- und Ärzte-Wünschen und -Vorstellungen, Studentenausbildung in der Praxis, Kinderwunsch und Fertilisation, Familienprobleme, horoskopgläubige Patienten, Ärger mit den Krankenkassen und dem Computer, Kongressimpressionen, fehlende Adhärenz und die Folgen, Gallenkoliken im Weihnachtsdienst, Zeckenangst, Adipositas und, und, und. Das ganze bunte Potpourri aus dem Sammelsurium des Lebens, das uns als Allgemeinärzten so begegnet. Und nicht zuletzt Corona und mehrere Lockdowns!

Beim Durchlesen fiel mir auf, dass ich bereits 2011 über die elektronische Patientenakte und wann sie wohl kommen wird geschrieben habe. Aus 2014 habe ich eine Kolumne von mir über Telemedizin entdeckt. Es gibt eben auch Dauerbrenner.

Woran ich mich nur langsam gewöhnen konnte, war die Tatsache, dass viel mehr Kollegen meinen Namen und mein Gesicht kennen als ich dachte. Und während ich auf meinen aktualisierten Fotos mit den Jahren voranschritt, wechselten und verjüngten sich meine schreibenden Kollegen im Laufe der Zeit kontinuierlich. Und nun, da das Ende meines Berufslebens irgendwie in Sicht kommt und dann auch die interessanten Themen irgendwann abebben, ist es die nächste Generation, die ihre Themen in ihrer Zeit abhandeln, besprechen und beschreiben muss. Und damit sind wir wieder beim Anfang, beim Buch Kohelet: „Windhauch, Windhauch, sagte Kohelet, das ist alles Windhauch ... Eine Generation geht, eine andere kommt.“

Doch nun genug des melancholischen Abschiednehmens! Ich danke allen Kollegen, die auf meine Beiträge reagiert haben, und mir ihre Meinung mal lobend, mal kritisch mitgeteilt haben. Ich habe mich über die meisten sehr gefreut.

Nein, meine Praxis werde ich noch nicht aufgeben. Dazu macht mir mein Beruf einfach zu viel Freude. Aber viel Freude machen auch die Familie, die wachsende Enkelschar, die Musik, die Kunst und das Reisen. All das braucht einfach Zeit, auf die ich mich richtig freue. Und falls es mich mal richtig in den Fingern jucken sollte, wird mir die Redaktion sicher nochmal einen Platz in der Zeitung einräumen ...

Ich wünsche Ihnen allen viel Erfolg, viel Freude, viele weitere lesenswerte Kolumnen. Und denken Sie immer daran, wenn Sie der Frust mal so richtig erwischt: Wir haben den schönsten Beruf der Welt!

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