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Berufspolitische Zukunftsmusik

Aus der Redaktion Autor: Isabel Aulehla

© MT
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Auf YouTube macht ein Notfallsanitäter mit Ukulele hunderttausende Menschen auf Missstände in seinem Job aufmerksam. Ärzte können sich ein Beispiel an ihm nehmen – und ein bisschen für ihre Anliegen singen. Eine Glosse.

Frust über offene Sprechstunden oder Telematik­infrastruktur? Zeit, es hinaus zu singen! Ein Notfallsanitäter mit Ukulele hat es vorgemacht. Auf YouTube haben sich fast 500 000 Menschen angesehen, wie er reimend Missstände in seinem Job kritisiert. Damit ist klar, wie auch Mediziner größere Aufmerksamkeit erlangen können: Ihre Selbstverwaltung bedarf einer basis­musikalischen Umgestaltung. Keine KV mehr, keine Kammer, stattdessen zwei berufspolitische Gesangs­vereine.

Wer gut singen kann, ist im Bundesärztekammerchor gut aufgehoben. Auf dem Berliner Weihnachtsmarkt hallen dem Gesundheitsminister zeitlose Klassiker entgegen. „O du wirtschaftliche, O du ausreichende, notwendige, zweckmäßige Arzneimittelverordnungsqual“, singen die Ärzte in engelsgleichen weißen Kitteln und schwenken sanft rote und grüne Rezepte. Anschließend stimmen sie an: „Alle Quartale wieder kommt der Vergütungsdeckel.“ Der Gesang wird den GKV-Spitzenverband besinnlich stimmen. In der kalten Jahreszeit kann er nicht anders, als etwas Wärme­ zu zeigen und die Forderungen des Chors auf­zugreifen.

Weniger stimmlich begabte Mediziner leisten ihren Beitrag in der Kassenärzt­lichen Gesangs-Guerilla. Sie lauern in dunklen Bahnhofsgegenden und Unterführungen, ihr akustischer Angriff kommt unerwartet. Bevor Passanten sich die Ohren zuhalten können, stimmen sie schief, schrill und laut ein Heavy-Metal-Stück über das Digitale-Versorgung-Gesetz an. Ihre einzige Begleitung ist der dumpfe Klang von TI-Konnektoren, die sie aneinanderschlagen.

Um ihre Botschaft auch optisch zu vermitteln, halten sie ihren verstörten Opfern Röntgenbilder vor die Nase, die sie ungeschützt im Netz fanden – mitsamt der zugehörigen Patientendaten. Es ist eine Frage von Sekunden, bis Passanten filmen und erste wacklige Videos hochladen. Schnell wird der Auftritt zum viralen Hype. Die erschütterte Öffentlichkeit wird zwangsläufig danach fragen, welche politischen Umstände die Ärzteschaft zu solch grausamen Taten trieben.

Isabel Aulehla
Redaktion Gesundheitspolitik

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