Vertragsärzte Der Stundenlohn liegt bei 30 Euro

Gesundheitspolitik Autor: Ingolf Dürr

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Die wirtschaftliche Lage der Vertragsärzte in Deutschland hat sich in den Jahren 2009 bis 2011 nicht unbedingt zum Besseren gewandelt. Dies geht aus dem Jahresbericht des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi) hervor. Während die Jahresüberschüsse stagnierten, stiegen die Betriebskosten stärker als die Inflationsrate. Kein Wunder, dass Ärzten nicht viel Geld für Investitionen übrig bleibt.

Das Zi erhebt im Rahmen des Zi-Praxis-Panel seit 2010 jährlich bei Vertragsärzten und Vertragspsychotherapeuten Daten zur wirtschaftlichen Situation. Der aktuelle Bericht bezieht sich auf das Jahr 2011. Hier lag der Jahresüberschuss, also die Gesamteinnahmen minus Gesamtbetriebskosten, bei durchschnittlich 145 100 Euro je Praxisinhaber. Die Hausärzte alleine treffen dabei mit 142 000 Euro ziemlich genau den Mittelwert. Das Spektrum ist hier allerdings sehr breit. So erreicht die untere Quartile der Niedergelassenen weniger als 85 000 Euro als Jahresüberschuss, die oberste Quartile kommt hingegen auf mehr als 180 000 Euro. Während sich der Überschuss im Jahr 2010 noch leicht um 0,8 % verbessert hatte, mussten die Niedergelassenen im Jahr 2011 einen realen Rückgang von minus 0,7 % hinnehmen, so der Zi-Bericht. Im Untersuchungszeitraum sind zudem die Betriebskosten um ca. 5 % gestiegen und lagen damit deutlich über dem allgemeinen Anstieg der Verbraucherpreise von 3,2 %.

Hohe Wochenarbeitszeiten

Der Jahresüberschuss ist aber nicht mit dem tatsächlichen Einkommen gleichzusetzen. Zieht man von den durchschnittlichen 145 000 Euro die Beträge zur ärztlichen Altersvorsorge, zur Kranken- und Pflegeversicherung sowie die Einkommenssteuer ab, so bleibt ein Nettoeinkommen von rund 71 000 Euro übrig. Bei durchschnittlichen Arbeitszeiten von 52 Wochenstunden kommt man so auf einen Netto-Stundensatz von gerade einmal 30 Euro (Tabelle 1). Mit 53 Stunden pro Woche arbeiteten die Hausärzte im Schnitt sogar noch etwas länger. Zum Vergleich: Die gewöhnliche Wochenarbeitszeit von Selbstständigen betrug laut Statistischem Bundesamt im Jahr 2011 44 Stunden. Damit sind Hausärzte im Schnitt 9 Stunden länger pro Woche im Arbeitseinsatz.

Für angestellte Ärzte in der vertragsärztlichen Versorgung ergeben sich deutlich geringere Arbeitszeiten. Im Durchschnitt liegen diese bei rund 24 Stunden, also weniger als die Hälfte der Wochenarbeitszeit der Praxisinhaber. Ein Drittel der angestellten Ärzte arbeitet sogar weniger als 15 Stunden pro Woche. Ein Grund dafür könnte sein, dass vor allem jüngere Ärzte in der Familienphase nach solchen Teilzeitbeschäftigungen suchen.

Einzelpraxen machen mehr Gewinn

Auffällig ist, dass sowohl Einnahmen als auch Aufwendungen und Überschuss je Inhaber in hausärztlichen Einzelpraxen spürbar höher sind als in Gemeinschaftspraxen (im spezialistischen Bereich ist es genau umgekehrt). Die Zi-Analyse vermutet, dass dies möglicherweise daran liegt, dass die Motivation zur Gründung einer Gemeinschaftspraxis im hausärztlichen Bereich eher darin besteht, die Arbeitsbelastung zu reduzieren, und weniger zur Gewinnmaximierung gedacht ist.

Ärzte in einer Einzelpraxis sind rund 2 Stunden länger im Einsatz für ihre Patienten als ihre Kollegen in der Gemeinschaftspraxis. Dabei entfällt der überwiegende Teil der Wochenarbeitszeit auf die reinärztliche Tätigkeit. Bei Hausärzten sind dies 49 Stunden. Davon widmet sich der Hausarzt 38 Stunden direkt seinen Patienten, weitere 8 Stunden gehen für patientenbezogene Dokumentations- und Verwaltungsaufgaben drauf (Tabelle 2). Mit 50 Stunden pro Woche weisen im Übrigen die Praxisinhaber auf dem Land die höchste Wochenarbeitszeit allein für ärztliche Tätigkeiten auf.

Frauen verdienen deutlich weniger

Ein weiteres interessantes Ergebnis des Zi-Praxis-Panels 2013 ist, dass Praxisinhaberinnen sich offenbar mehr Zeit für ihre Patienten nehmen als ihre männlichen Pendants. Im Schnitt widmen sie sich jedem Patienten 38 Minuten, Ärzte tun dies nur rund 31 Minuten und kommen deshalb auch auf eine deutlich höhere Gesamtzahl an Patienten. Gleichzeitig behandeln Ärztinnen in fast allen Fachgebieten weniger Privatversicherte. Das bleibt nicht ohne Folgen: Praxisinhaberinnen erwirtschaften im Schnitt rund 64 000 Euro geringere Jahresüberschüsse als Ärzte mit eigener Praxis.

Auch bei den Hausärztinnen liegt die Differenz zu den Männern immer noch bei fast 43 000 Euro. Allerdings bringen es Hausärztinnen auch „nur“ auf eine Jahresarbeitszeit von 2 352 Stunden, während ihre männlichen Kollegen deutlich länger, nämlich 2 604 Stunden pro Jahr schuften.

Und wie ist die Stimmungslage unter den Ärzten insgesamt gewesen? Auch hierüber gibt das Zi-Praxis-Panel Auskunft. Bei den Hausärzten bewerteten 40 % ihre Situation als eher negativ. Bei den Kardiologen hingegen sind mehr als drei Viertel der Ärzte mit ihrer Situation als Vertragsarzt zufrieden.


Autor:
Dr. Ingolf Dürr

Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2015; 37 (15) Seite 28-30
Dieser Beitrag wurde ursprünglich auf doctors.today publiziert.

Tabelle 1 Tabelle 1
Tabelle 2 Tabelle 2