Anzeige

Praxiskolumne Die ABDA-Präsidentin zur KBV-Chefin machen?

Autor: Dr. Günter Gerhardt

Zusammenhalt statt Aufregung? Zusammenhalt statt Aufregung? © iStock/Cecilie_Arcurs
Anzeige

Apotheken werden für die Medikationsberatung honoriert. Statt neidisch zu sein, könnten Ärztinnen und Ärzte in einem anderen Punkt Nachhilfe nehmen: gemeinsam agieren.

Ziemlich lautlos hat der Deutsche Apothekerverband (DAV) mit dem GKV-Spitzenverband ein Paket mit neuen pharmazeutischen Dienstleistungen geschnürt. Dazu gehört auch die Medikationsberatung mit einem Honorar von 90 Euro. So leer scheinen die Kassen der gesetzlichen Krankenversicherung also gar nicht zu sein.

Mal ganz abgesehen davon, dass wir von einer solchen Honorierung nur träumen können: Haben Sie sich einmal überlegt, was Patient*innen, denen man in der Apotheke einen Computerausdruck mit Neben- und Wechselwirkungen, Indikationen und Kontraindikationen in die Hand drückt, anstellen werden? Diese werden – völlig egal ob verängstigt, erbost oder nur wissbegierig – sofort die Praxis ihres Vertrauens aufsuchen und um Aufklärung bitten. In der Folge entsteht Stress für Patient*innen und Ärzt*innen – und das so wichtige Arzt-Patienten-Verhältnis wird nachhaltig beschädigt.

Zu ihrem Verhandlungsergebnis kann man den Apotheker*innen, die mit einer gemeinsamen (!) Stimme sprechen, nur gratulieren. Ein in den  sozialen Medien nachzulesender ärztlicher Kommentar meint, diese 90 Euro Honorierung sei eine Kriegserklärung der Apotheker*innen. Das ist es sicher nicht!

Andere Kolleg*innen schlagen vor, die Präsidentin der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA), Gabriele Regina Overwiening, zur Vorsitzenden der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zu wählen. Oder es wird die skurril anmutende Idee geäußert, aus Ärztekammer und Kassenärztlicher Vereinigung auszutreten und in den DAV einzutreten, weil dort ja wohl Inter­essenvertretung stattfinde. Auch wenn solche Ideen nicht umgesetzt werden können, ist uns doch die Symbolik solcher Forderungen klar!

Wie nun wollen wir mit dieser 90-Euro-Medikationsberatung in der Apotheke umgehen? Ein „weiter so“ darf es nicht geben. Klar dürfte sein, dass uns die 90 Euro extra auch zustehen für eine immer wieder aufwendige (Medikations-)Beratung nach einem stationären Aufenthalt oder einer Reha.

Radikale Meinungskundgebende im Netz fordern gar eine „Rückgabe der Kassenzulassung“ oder schreiben: „Seit dem Korb warte ich auf einen kollegialen effektiven Zusammenhalt und Widerstand“. (Korb? Bitte googeln: Dr. Wolfgang ­Hoppenthaller. Er wollte als Vorsitzender des Bayerischen Hausärzteverbandes 2010 Bayerns Hausärzt*innen aus dem Kassensys­tem führen = das sog. „Korbmodell“).
Wenn Ärzt*innen davon reden, dass unser Gesundheitssystem nur mit einer intelligenten Selbstbeteiligung zu erhalten ist, dann prasselt auf uns ein wahrer Shitstorm herab. Bei den Zahnärzt*innen wird das längst anerkannt, der Untergang der zahnärztlichen Versorgung hat nicht stattgefunden.

Wir streiten uns in aller Öffentlichkeit. Verstehen tut uns aber keiner. Nehmen wir Nachhilfe bei Apotheker*innen und  Zahnärzt*innen und agieren nur mit einer gemeinsamen Stimme! Mit der Zersplitterung im eigenen Lager muss endlich Schluss sein. 

Die Entscheidung, wer uns zukünftig vertritt, wird nicht gefunden, indem wir Haus- oder Facharztlis­ten ankreuzen, sondern indem wir Kolleg*innen  wählen, die uns davon überzeugen konnten, dass sie unsere Interessen vertreten. Das sollten aber bitteschön keine Vertreter von Konzernen sein, die zwar auch Interessen vertreten, aber nicht unsere. Unsere Gewählten müssen sich im Vorfeld auf eine gemeinsame Schnittmenge an Forderungen einigen, was mehr Chancen auf Erfolg hat als mehrere Listen mit sich teilweise widersprechenden Forderungen, von denen dann nicht eine einzige umgesetzt wird.

Eine kleine Gruppe vertritt kompetent und professionell uns alle, wenn es beispielsweise darum geht, einen neuen, leistungsgerechten EBM zu erschaffen. Wenn notwendig, müssen auch demokratische Maßnahmen zur besseren Durchsetzung unserer Forderungen wie Streik bzw. Dienst nach Vorschrift (20 Wochenstunden) und Demonstrationen zum Einsatz kommen. Bis zum Ende dieses Jahres können wir das üben, denn die KV-Wahlen stehen an.

Anzeige