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Kommentar Die Impfpflicht im Kleinen und Ganzen

Aus der Redaktion Autor: Michael Reischmann

© MT
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Je näher die Frist der einrichtungsbezogenen Impfnachweispflicht rückt, umso deutlicher wird: Mit der Umsetzung werden sich die überlasteten Gesundheitsämter schwertun. Ein Kommentar.

Die Gesunheitsämter sollen ihre Einzelfallentscheidungen über ein Betretungs- oder Tätigkeitsverbot, Bußgelder oder alternative Maßnahmen von den Aufgaben der Betroffenen, aber auch der Versorgungslage abhängig machen. Schwer vorstellbar, dass Alten- und Pflegeheime die Schließung droht, weil es dort zu viele spritzenscheue Werktätige gibt. Die Befürchtung, dass eine berufsgruppen- bzw. einrichtungsbezogene Impfpflicht zu nicht kompensierbaren Jobwechseln führt, hat sich in anderen Ländern nicht bestätigt.

Absehbar ist jedenfalls: Das Ganze wird sich hinziehen. Bis zur Entscheidung des Gesundheitsamtes wird eine Weiterbeschäftigung der jeweiligen Person grundsätzlich möglich sein. Geschätzt 5 bis 10 % der adressierten Beschäftigten haben keinen klaren Nachweis, heißt es. Da sie Umgang mit den vulnerablen Gruppen haben, ist es eine Selbstverständlichkeit, dass sie diese Menschen und sich selbst zu schützen haben. Dennoch scheint es darauf hinauszulaufen, dass die rasche Verbreitung der Omikron-Variante mit weitgehend milden Folgen die notwendige Immunisierung bringen wird.

Macht das eine allgemeine Impfpflicht für alle Erwachsenen obsolet? Die Zahl ihrer Befürworter schwankt mit der gefühlten Bedrohung. Ampel-Abgeordnete schlagen eine befristete Pflicht vor, bei der die Krankenkassen die Nachweise anfordern und speichern sollen. Aus der Union ist zu hören, dass eine Verpflichtung für über 50-Jährige ein Kompromiss sein könnte.

Fakt ist: Das Ganze muss sinnvoll und durchsetzbar sein. Wird damit bloß mehr Öl ins Feuer gegossen oder ein Papiertiger verabschiedet, hilft das keinem. Von Regierenden und Verwaltung wird eine gute Vorbereitung für die Zukunft und das Vermeiden von Einschränkungen erwartet. Doch die Erfahrung zeigt: Mehr als „Fahren auf Sicht“ war bisher nicht drin. Auch die Österreicher haben sich bei ihrer Impfpflicht ab 18 für maximale Geschmeidigkeit entschieden. Doch das interessierte uns gestern, jetzt schauen wir zu den total lockeren Dänen. In dieser Pandemie ist jede Volte möglich.

Michael Reischmann
Ressortleiter Gesundheitspolitik

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