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Praxiskolumne „Diese hohe Rechnung ist mit Sicherheit ein Irrtum“

Autor: Dr. Frauke Gehring

Die Kosten beliefen sich insgesamt auf 1.000 Euro. Die Kosten beliefen sich insgesamt auf 1.000 Euro. © A_Bruno – stock.adobe.com
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Aus einem vermeintlich kleinen Eingriff wurde eine verhältnismäßig hohe Rechnungen. Da muss doch bestimmt ein Fehler unterlaufen sein. Oder etwa doch nicht? Unsere Kolumnistin berichtet aus eigener Erfahrung.

Den seltsamen braunen Fleck auf meiner Schulter hatte ich schon eine Weile mit Skepsis betrachtet. Irgendwann bat ich den Mann meines Herzens, der der Medizin beruflich mehr als fernsteht, sogar um seine Meinung: „Sag mal wird der größer?“ Er sträubte sich mit Recht, eine Aussage zu treffen, schließlich sei er kein Arzt. Aber als ich ihn ein nächstes Mal fragte: „Der sieht doch irgendwie verändert aus, oder?“, stimmte er mir zu. Also suchte ich eine mir bisher unbekannte Dermatologin auf.

Sie war freundlich, kompetent und so nett, mich von einem kleinfingernagelgroßen Stück Gewebe zu befreien. Die Histologie war gut und schlecht zugleich: Die Zellen waren zwar durchaus zweifelhaft, aber letztlich doch benigne; man riet nur aus Sicherheitsgründen und aufgrund meiner nicht ganz leeren Vorgeschichte dazu, ein wenig Sicherheitsabstand hinzuzufügen. Der weitere kleine Eingriff war in zehn Minuten erledigt, und ich dachte, die Sache ebenso.

Doch dann erledigte die Sache mich: 760 Euro forderte die Pathologin für die Untersuchung des ersten Präparats. Als ich meinen Schwindel besiegt hatte und wieder fokussieren konnte, las ich die Legende der Rechnung: Fünfmal besonders schwere Aufbereitung (z.B. Knochenentkalkung) stand da, zweimal Begutachtung einer Organbiopsie, zehnmal Immunhistochemie. Unwillkürlich schaute ich auf meine Schulter, auf der immer noch nur eine einzige kleine OP-Wunde war. Welches Organ hatte man mir entnommen? Welche zehn Präparate für Immunhistochemie?

Da ich mir das nicht erklären konnte, rief ich die pathologische Praxis an. „Frau Doktor ist im Urlaub“, hieß es freundlich. „Aber diese hohe Rechnung ist mit Sicherheit ein Irrtum. Machen Sie sich keine Sorgen, ich kläre das und melde mich wieder, wenn sie wieder da ist. Dann kriegen Sie eine korrigierte Rechnung.“

Bald fand ich eine Rechnung über 128 Euro im Briefkasten. „Das ist ja deutlich besser!“, dachte ich erleichtert, bis mir auffiel: Das war gar keine korrigierte Rechnung, sondern die für die Untersuchung des Nachexzisats. Diesmal wurde, vergleichsweise bescheiden, einmal die Untersuchung eines Organbiopsats und einmal die eines besonders schwierig aufzubereitenden Materials berechnet.

Wieder sprach ich mit der freundlichen Dame: „Da ist Frau Doktor gerade“, sagte diese, „ich reiche Sie weiter“. Statt verbunden zu werden, hörte ich Getuschel: „Meine Chefin lässt ausrichten, dass die Rechnung so bleibt“, wurde mir dann mitgeteilt. „Zum Ausschluss eines Melanoms müsse man so aufwendig untersuchen, dass das nur unter Anwendung solcher Ziffern und Gebühren wirtschaftlich zu machen sei.“

Ich war platt: So hatte mich der kleine Halbmond auf der Schulter 1.000 Euro gekostet! Ich schickte das Geld an die Pathologin und die Rechnung zur Prüfung an die Ärztekammer. Die kam zum Ergebnis, dass es nötig war, einen lieben langen Arbeitstag an dem Hautstück herum zu schnitzen, um die Diagnose zu sichern, und dieser Aufwand zu vergüten sei. Warum dann aber absurde Ziffern und Mengen berechnet werden, statt einer Ziffer, die diesen Aufwand widerspiegelt, ist mir nicht klar.

Was mache ich nur, wenn wieder eine seltsame Formation auf meinem Körper auftaucht? Das Küchenmesser schärfen und sie selber entfernen? Die Hautärztin wechseln, obgleich ich diese mag? Die Spardose plündern? Keine Ahnung. Vielleicht die Dermatologin bitten, eine andere pathologische Praxis zu beauftragen. Oder: einfach gesund bleiben!

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