Berufswunsch Hausarzt Ein Lichtblick am Horizont

Gesundheitspolitik Autor: H. Glatzl

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Hausarzt? Nein danke! Die Zukunft ist noch nicht rosig, aber der Kampf ums Image und damit um den Nachwuchs bei den Allgemeinärzten scheint allmählich Früchte zu tragen. Gelöst ist das Problem damit allerdings noch längst nicht.

Dies zeigt das 2. Berufsmonitoring, das die Universität Trier im Auftrag der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) und in Zusammenarbeit mit der Studentenvertretung des Marburger Bundes (MB) unter 11 462 Jungmedizinern im Frühjahr 2014 durchgeführt hat. Die Ergebnisse deuten auf einen Stimmungswechsel hin. Noch im Jahr 2010 konnten sich nur gut 29 % aller Befragten vorstellen, die Allgemeinmedizin im Rahmen der Facharztausbildung überhaupt ins Auge zu fassen. Im Abstand von vier Jahren ist die Präferenz um über 5 % angestiegen. Nach der Inneren Medizin (45,6 %) hat sich die Allgemeinmedizin mit 35,5 % Zuspruch auf Platz zwei im Ranking der bevorzugt interessierenden Facharztausbildungen geschoben (Übersicht 1). Verstärkt zeigt sich dieser Trend bei den berufsnahen Jungärzten im Praktischen Jahr mit 6,1 % Zuwachs, so Studienleiter Professor Rüdiger Jacob von der Uni Trier bei der Vorstellung der Studie in Berlin.

Hoffnungsschimmer

Auch für KBV-Vize Dipl. Med. Regina Feldmann stellt diese Entwicklung einen „Lichtblick“ dar. Allerdings: „Man muss kein Rechenkünstler sein, um zu erkennen, dass diese Menge nicht ausreicht, um den derzeit noch bestehenden Anteil von 40 % Hausärzten aufrechtzuerhalten.“ Das Fundament wackelt, das Haus wird instabiler, kommentiert Feldmann den sich abzeichnenden Rückgang an Allgemeinärzten. Es sei unabdingbar, mehr willige Studenten davon zu überzeugen, schließlich auch tatsächlich die Allgemeinmedizin als Fachrichtung zu wählen.

Noch immer verstellen Vorurteile und Horrorbilder vom Berufsalltag den Blick. Während das Ansehen in der Bevölkerung im Vergleich zu anderen Fachrichtungen vergleichsweise hoch eingeschätzt wurde, fiel dies für die Gruppen der Kommilitonen und praktizierenden Mediziner deutlich kritischer aus. Dabei wird der „geringe Verdienst“ von 82,7 % vordergründig genannt (siehe Übersicht 2). Fast genauso abschreckend ist für Jungmediziner, als „Einzelkämpfer“ (82,2 %), in einer Landpraxis „ständig verfügbar“ (79,5 %) sein zu müssen. Dass die Tätigkeit als Hausarzt langweilig, medizinisch beschränkt oder drastisch formuliert nur „was für die Dummen“ wäre, dieses Vorurteil wird von den Studenten nicht geteilt. Dem widerspricht schon der lange Weg in den Beruf. So kann die Weiterbildungsphase nach Einschätzung von Dr. Volker Hildebrandt vom Medizinischen Fakultätentag acht bis neun Jahre dauern. Im internationalen Vergleich ist Deutschland beim späten Berufseinstieg einsame Spitze.

Klinik oder Niederlassung?

Insgesamt betrachtet gibt etwa die Hälfte der befragten Medizinstudierenden und davon rund zwei Drittel Frauen an, generell in der ambulanten Versorgung arbeiten zu wollen. Dabei halten sich die Präferenzen für eine angestellte Tätigkeit mit der Niederlassung als Freiberufler die Waage. Grundsätzlich legt sich die neue Generation aber nicht fest: Für etwa drei Viertel der Befragten ist es auch gut vorstellbar, später in einer Klinik zu arbeiten. „Über Geld wird nicht gesprochen, aber die Gehaltsvorstellungen liegen bei 5 000 Euro netto“, so Jacob, der die finanziellen Anreize gerade für Hausarztpraxen aber nicht als wesentlich für die Entscheidung zur Niederlassung ansieht.

Auf keinen Fall auf´s platte Land

Über 46 % der Befragten wollen später „auf keinen Fall“ in Orten mit weniger als 2 000 Einwohnern arbeiten. In Anbetracht solcher Ergebnisse stelle sich schon die Frage, ob es nicht eine Illusion ist, dass es in jedem Dorf einen Landarzt geben muss, so die Autoren der Studie. Hier müssten innovative und flexible Lösungen gefunden werden, die über die Gründung Medizinischer Versorgungszentren hinausgehen.

Deutlich zeigen die Ergebnisse aber auch, dass die sogenannten „weichen“ Faktoren eine immer stärkere Rolle bei der Wahl für ein Fachgebiet einnehmen. Punkte wie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf oder eine flexible Gestaltung der Arbeitszeit wurden von 95 % der Studenten benannt. Eine ähnlich große Zahl der Befragten gab an, dass sie später auf dem neuesten Stand der Wissenschaft arbeiten wollen und Abwechslung im Job suchen. „Diese Werte sind eine Herausforderung für die ambulante Medizin, aber auch eine Chance“, meint Dr. Andreas Gassen, der Vorstandsvorsitzende der KBV.


Autor:
Hans Glatzl

Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2014; 36 (16) Seite 32-34
Dieser Beitrag wurde ursprünglich auf doctors.today publiziert.

Übersicht 1: Verstärktes Interesse Übersicht 1: Verstärktes Interesse
Übersicht 2: Abschreckende Vorurteile Übersicht 2: Abschreckende Vorurteile