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Deutsche Diabetes Gesellschaft Forschung braucht große Datenmengen

Autor: Redaktion diabetes zeitung

Die Zukunft ist digital – sofern die Technik funktioniert. Die Zukunft ist digital – sofern die Technik funktioniert. © TarikVision – stock.adobe.com
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Das elektronische Rezept soll 2024 verbindlich sowie Anfang 2025 die elektronische Patientenakte für alle gesetzlich Versicherten eingerichtet und auf das Widerspruchsverfahren umgestellt werden. Experten der DDG kommentieren diese und andere Regelungen der geplanten Gesetze zur Digitalstrategie positiv, betonen aber die Beachtung von Evidenz, Ethik und medizinischen Standards.

Das Digitale-Versorgung-Gesetz der Bundesregierung soll E-Rezept und ePA endlich in die Fläche bringen. Als erste Anwendungsfälle der ePA nennt die Bundesregierung die digitale Medikationsübersicht, die Patientenkurzakte (u.a. mit Notfalldaten) sowie Labordaten. Bei Videosprechstunden sollen die Mengenbegrenzungen aufgehoben werden und bei den DiGA ist eine Ausweitung auf Medizinprodukte höherer Risikoklassen geplant, um auch telemedizinisches Monitoring zu ermöglichen. 

Eine ePA habe gerade für Menschen mit Diabetes Vorteile, betont die DDG: Bei einem Arztwechsel, einer Überweisung in eine Klinik oder im Notfall sind alle notwendigen Daten inklusive des Medikationsplans sofort verfügbar

Digitale Transformation ist eine Chance für die Versorgung 

„Das spart wertvolle Ressourcen für doppelte Anamnese und Diagnostik und schafft uns mehr Behandlungszeit für die Patient*innen“, so Dr. ­Tobias Wiesner, Vorstandsmitglied der DDG und niedergelassener Dia­betologe in Leipzig. Ihn freut, dass das „Gesetz für eine bessere Versorgung durch Digitalisierung und Innovation“ neue Perspektiven für die Versorgung eröffnet. Papier und Fax könnten dann der Vergangenheit angehören: „Neben der elektronischen AU-Bescheinigung und dem E-Rezept können wir auch Heil- und Hilfsmittel oder häusliche Krankenpflege elektronisch verordnen.“ Damit werde die wichtige, aber zeitaufwendige Dokumentation erleichtert.

Digitale Schätze für zukunftsweisende Forschung

Voraussetzung dafür ist allerdings eine sichere Vernetzung der medizinischen Versorgung über die Telematikinfrastruktur. „Hier fehlt es aber an einigen Stellen noch an Interoperabilität“, beklagt Prof. Dr. Baptist Gallwitz, Mediensprecher der DDG. Da Soft- und Hardware in Arztpraxen und Krankenhäusern derzeit meist inselartig implementiert seien, funktioniere der Datenaustausch zwischen den einzelnen Systemen nicht. „Daran zu arbeiten, ist eine der wichtigsten Aufgaben im Digitalisierungsprozess. Wenn die Schnittstellen dafür geschaffen sind, wird nicht nur die Versorgung, sondern auch die Wissenschaft enorm davon profitieren. Für den medizinischen Fortschritt braucht es große Datenmengen in der Forschung.“ 

Mit Spannung verfolgte Prof. Gallwitz daher auch die erste Beratung zum Gesundheitsdatennutzungsgesetz im Bundestag. Es sieht vor, dass großen Forschungsdatenzentren auf Anfrage anonymisierte und pseudonymisierte Daten zur Verfügung gestellt werden können.

DDG setzt mit Kodex zur Digitalisierung einen Rahmen

Um den digitalen Transformationsprozess zu begleiten, arbeitet die DDG seit 2017 kontinuierlich an einem Kodex zur Digitalisierung. „Damit Kommunikations- und Interaktionsprozesse die Patientenversorgung und Forschung optimieren und nicht zulasten des Einzelnen gehen, braucht es klare Leitplanken“, erklärt Prof. Dr. Dirk Müller-Wieland, Vorsitzender der DDG Kommission Digitalisierung.

Mit dem 2023 aktualisierten „Kodex Digitalisierung der DDG“ schaffe die Fachgesellschaft dafür eine notwendige Basis. „Medizinische Standards und Datenschutz sind Grundvoraussetzungen für den aktuell in der Medizin fortschreitenden Transformationsprozess der Digitalisierung“, so Prof. Müller-Wieland. 

„In jedem Aspekt der Digitalisierungsstrategie muss sowohl die Patientenperspektive systematisch eingebunden werden als auch die Belange des medizinischen Fachpersonals Berücksichtigung finden.“ Nur so lasse sich ein funktionierender Ablauf zwischen allen Beteiligten und den Betroffenen sicherstellen.

Stimmen zum Gesetz zur Beschleunigung der Digitalisierung des Gesundheitswesens (Digital-Gesetz – DigiG)

Bei der Anhörung des Gesundheitsausschusses zum Entwurf für ein „Gesetz zur Beschleunigung der Digitalisierung des Gesundheitswesens“ (DigiG) sprach sich der GKV-Spitzenverband dafür aus, die Frist zur Bereitstellung der ePA auf den 1. Juli 2025 zu schieben. Die Einführung eines unreifen ePA-Produkts würde zu einer mangelhaften Akzeptanz führen. Nach Ansicht der GKV ist die geplante Möglichkeit für Krankenkassen, auf Wunsch der Versicherten bis zu zehn Dokumente pro Jahr in die ePA einzustellen, aufwendig, teuer und datenschutzrechtlich kaum umsetzbar. Alternativ könnten Versicherte eigenständig Dokumente scannen und in die ePA einstellen. Mehrere Sachverständige wiesen auf die Bedeutung strukturierter ePA-Daten hin. Unstrukturierte Daten seien letztlich für die Ärzt*innen nicht hilfreich.

Der ehemalige Vorsitzende des Sachverständigenrates fürs Gesundheitswesen Prof. Dr. Ferdinand Gerlach warnte, es wäre unverantwortlich, Daten aus der ePA löschen zu dürfen. Die unvollständige Akte wäre für Ärzt*innen keine zuverlässige Grundlage. Der Allgemeinmediziner forderte eine Aufklärungskampagne über die Risiken der Nichtnutzung der ePA.

Über eine Neuregelung in § 137f Abs. 9 SGB V soll der G-BA ermächtigt werden, neben den bestehenden DMP für Patienten mit Diabetes Typ 1 und 2 jeweils ein neues DMP mit digitalisierten Versorgungsprozessen einzuführen. Der Hausärztinnen- und Hausärzteverband hält das für wenig zielführend. Effizienter sei es, DMP um intuitive elektronische Elemente zu ergänzen. „Den hausärztlichen Praxen ist es nicht zuzumuten, für die gleiche Indikation zwei DMP, die letztlich das identische Versorgungsziel erfüllen, umsetzen zu müssen.“

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