Streit ums Honorar Freitags geschlossen!
Um ihren Forderungen nach einer angemessenen Vergütung und besseren Arbeitsbedingungen Nachdruck zu verleihen, wurde bei den Hausärzteverbänden in den letzten Monaten und Jahren immer wieder darüber diskutiert, die Praxen zeitweise zu schließen. Die Resonanz bei den niedergelassenen Hausärzten fiel oft eher bescheiden aus.
Das Maß ist voll
Daher klang es zunächst wie eine oft gehörte Drohung, was Vertreter der HNO-Ärzte bei einer Veranstaltung der KV Nordrhein ankündigten: „Unter diesen Rahmenbedingungen ist kein wirtschaftliches Arbeiten mehr möglich. Entlassungen von medizinischen Fachangestellten sowie Kürzungen von Sprechzeiten und Leistungen für Patienten sind die unvermeidbare Folge“, so Dr. Uso Walter, Vorstandsvorsitzender des HNOnet-NRW. Doch das HNOnet und der Berufsverband der HNO-Ärzte drohten nicht nur, sondern handelten auch. Für Kassenpatienten bleiben HNO-Praxen seit Februar freitags geschlossen.
Auslöser für den Protest waren die RLV-Bescheide für das erste Quartal 2013. Ein Absinken der Fallwerte um 5 % trotz gleichzeitiger Leistungssteigerung durch die neuen EBM-Ziffern um 6 % mache laut Walter ein wirtschaftliches Arbeiten unmöglich. Während in Westfalen ein HNO-Arzt immerhin noch 29 Euro erhält, muss sich sein Kollege in Nordrhein mit 22,07 Euro abfinden. Damit liege der Kassen-Umsatz eines HNO-Arztes unter seinen durchschnittlichen Kosten für Gehälter, Miete, Fortbildungen oder Wartungen von Geräten. Ein Verdienst aus der kassenärztlichen Tätigkeit sei so nicht mehr zu erzielen, verdeutlichte Walter. Als Verantwortliche macht er die KV Nordrhein aus, die mit der Missachtung bisheriger Honorarforderungen eklatant ihren Sicherstellungsauftrag verletzen würde.
Leistungen können nicht mehr erbracht werden
Als Konsequenz auf die herrschenden unhaltbaren Zustände hat man sich gemeinsam mit dem Berufsverband der HNO-Ärzte auf Kürzungen von Sprechzeiten und Leistungen geeinigt. Die freitägliche Praxisschließung für Kassenpatienten sei notwendig, da Personal- und geräteintensive Leistungen nicht mehr erbracht werden könnten. Stattdessen wollen sich die HNO-Ärzte vorbehalten, diese Leistungen in Zukunft als Wahlleistungen anzubieten und den Patienten ausführlich die Ursachen dafür darzulegen.
Unterstützung für ihren Protest erhielten die HNO-Ärzte in Nordrhein von der Freien Ärzteschaft (FÄ). Die Unterfinanzierung der ärztlichen Tätigkeit im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung treffe allerdings nicht nur die HNO-Ärzte. Auch Hausärzte, Augenärzte, Hautärzte, Orthopäden, Chirurgen, Radiologen, Internisten und andere Fachgruppen in zahlreichen Bundesländern hätten im Zweijahresvergleich 2013 zu 2011 nominale Honorareinbußen hinnehmen müssen, real lägen diese Einbußen häufig über 10 %.
Es sei daher richtig und unvermeidbar, dass nach den Forderungen jetzt auch Konsequenzen folgen. Den Patienten freitags nur noch Wahlleistungen oder überhaupt geräteintensive Leistungen nur noch nach Kostenübernahme anzubieten, sei ein notwendiger Schritt, um die Kassen in die Pflicht zu nehmen. In einer Tarifauseinandersetzung seien das normale Gepflogenheiten, meinte der FÄ-Vorsitzende Wieland Dietrich.
Der neue Bewertungsmaßstab „EBM 2013“ bringe seiner Ansicht nach keinerlei Besserung für die Arztpraxen. Im Gegenteil werde die Grundpauschale für Hausärzte teilweise bis auf 12 Euro für drei Monate abgesenkt – für den Rest sollen dann bundesweit noch mehr technische Leistungen erbracht werden, von denen keine einzige adäquat vergütet wird. Der „EBM 2013“ rufe nur neues Umverteilungschaos hervor. Die FÄ fordert hingegen kostendeckende feste Preise für jede ärztliche Leistung.
Die KV Nordrhein kündigte bereits an, mit den regionalen Krankenkassen über Honorarzuwächse für das Jahr 2013 zu verhandeln. Ob die Protestaktion der HNO-Ärzte dabei Wirkung zeigt, wird sich erst noch erweisen müssen.
Dr. Ingolf Dürr
Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2013; 35 (3) Seite 60
Dieser Beitrag wurde ursprünglich auf doctors.today publiziert.