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GOÄ-Novelle: Die Show muss weitergehen

Gesundheitspolitik Autor: Michael Reischmann

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"Wir dürfen die Reform der GOÄ nicht zerreden, sondern müssen konstruktiv an guten Lösungen arbeiten." Mit diesen Worten blickt Bundesärztekammerpräsident Professor Dr. Frank Ulrich Montgomery nach vorne.

Die Gespräche finden zunächst auf Grundlage der bisher verhandelten Leistungslegendierungen ohne Bewertungen statt, kündigte die Bundesärztekammer in einer Pressemitteilung an. Dabei soll das Leistungsverzeichnis auf Inkongruenzen und notwendige, jedoch noch nicht enthaltene Leistungen überprüft werden. Auf der Basis dieses überarbeiteten Verzeichnisses soll ein Preismodell beschrieben und in einem zweiten Beratungsverfahren konsentiert werden.

Die Kammer versucht so, den Verhandlungsfaden wieder aufzunehmen und die Kritiker in den eigenen Reihen einzufangen. Insbesondere der Spitzenverband der Fachärzte (SpiFa) war in einer öffentlichen Erklärung hart mit dem BÄK-Vorstand ins Gericht gegangen. SpiFa-Hauptgeschäftsführer Lars F. Lindemann hatte in einer langen Pressemitteilung mehrere Aussagen zur GOÄ-Reform von Prof. Montgomery & Co. kritisch kommentiert.

Preise eher "freie Erfindung" als valide kalkuliert

Der Jurist verweist darauf, dass die Berufsverbände zuletzt im Jahr 2011 bei der GOÄ neu beteiligt gewesen waren. Die von ihnen beigesteuerten Legendenvorschläge und Bewertungsgrundlagen (z.B. Gerätedaten) seien aber von BÄK und PKV "durch die Mangel gedreht und bis zur Unkenntlichkeit umgestaltet" worden. Diese Art der Beteiligung der Berufsverbände sei eine "Farce".

Durch das Ziel, eine lediglich 5,8-prozentige Steigerung für PKV und Beihilfe zu errechnen, sei die Bewertung des GOÄ-Entwurfs nicht mehr betriebswirtschaftlich kalkuliert, sondern "zurechtgestutzt" worden. Die Preise dürfen als "freie Erfindungen" gelten. Damit ergebe sich kein Unterschied zur aktuellen GOÄ-Konstruktion, die ja auch keine Systematik enthalte.

Die Behauptung, die GOÄ neu sehe weiterhin Steigerungssätze vor, sei nur formal richtig, erklärt Lindemann. Tatsächlich gebe es nur wenige, klar umrissene Fälle, bei denen auf den zweifachen Satz gesteigert werden könne. "Faktisch gibt es keine Steigerungssätze mehr." Multiplikatoren und Steigerungssätze seien aber eine wichtige Voraussetzung für eine individuelle Rechnungsstellung.

SPD-Beschluss zur neuen GOÄ selbst herbeigeredet

Auch sei die in der GOÄ neu vorgesehene gemeinsame Kommission (GeKo) sehr wohl etwas anderes als der jetzige Konsultationsausschuss. Die neue GeKo sei paritätisch besetzt und könne nur einstimmig beschließen. Analogziffern und Steigerungsgründe könnten in der Kommission von einer Seite leicht blockiert werden. Eine Weiterentwicklung der GOÄ mit diesem Gremium werde gegen die ökonomischen Interessen von PKV und Beihilfe schwierig werden. Das Monitoring in den ersten Jahren einer neuen GOÄ laufe auf ein "einfaches Drehen an Preisen und faktisch auf ein Budget" hinaus.

Lindemann wirft dem BÄK-Präsidenten auch vor, durch seine Äußerung, dass ohne diese neue GOÄ eine Bürgerversicherung wahrscheinlicher werde, die SPD-Bundestagsfraktion erst auf das Thema Ablehung der GOÄ-Reform gehoben zu haben. In dem SPD-Antrag heiße es schließlich: "Wir nehmen Herrn Montgomery beim Wort."

Der Vorsitzende des SpiFa, Dr. Dirk Heinrich, sieht die Verhandlungen zu einer neuen GOÄ nicht unter Zeitdruck stehen. Als Sofortmaßnahme biete es sich an, die Bewertungen der aktuellen GOÄ durch einen prozentualen Aufschlag zu erhöhen, um weiter angemessen privat liquidieren zu können, schlägt er vor.

Die Allianz Deutscher Ärzteverbände, zu der neben dem SpiFa u.a. auch BDI, Hartmannbund, NAV-Virchow-Bund und Medi Geno gehören, stellen für das weitere Vorgehen mehrere Forderungen auf. Beispielsweise müssten Gremien eingeführt werden, in denen die Verbände und Fachgesellschaften regelmäßig über den Verhandlungsstand unterrichtet werden. Damit die Leistungslegenden und -bewertungen wissenschaftlichen und fachlichen Erkenntnissen entsprechen, sei ein Anhörungsverfahren zu etablieren.

Hausärztliche Leistungen adäquat abbilden

Weitere Forderungen lauten: Steigerungssätze müssen generell verfügbar sein. Die Bildung von Analogziffern ist erlaubt. IGeL müssen sich in der GOÄ wiederfinden. Die Verbände sehen keine Notwendigkeit, den Paragrafenteil der GOÄ sowie die Bundes­ärzteordnung zu ändern.

Der Deutsche Hausärzteverband fordert die BÄK auf, sich für die Stärkung der hausärztlichen Leistungen einzusetzen. "Hausärztliche Leistungen müssen angemessen dargestellt werden, beispielsweise die Betreuung multimorbider Patienten und der Einsatz von Versorgungsassistentinnen", sagt Bundesvorsitzender Ulrich Weigeldt.



Quelle: Medical-Tribune-Bericht

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