Honorarverhandlungen Hausbesuch bleibt eine Baustelle

Gesundheitspolitik Autor: Ingolf Dürr

© levelupart - Fotolia

Für das Jahr 2019 haben sich Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und GKV-Spitzenverband auf ein Honorarplus von rund 600 Mio. Euro geeinigt. Die KBV spricht davon, dass man wenigstens so etwas wie einen "Inflationsausgleich" erzielt habe. Doch bei einem gerade für Hausärzte wichtigen Punkt ist man noch nicht zu einem Ergebnis gekommen: der Vergütung von Hausbesuchen.

Wer erhält mehr für einen Hausbesuch: Ihr Arzt oder Ihr Elektriker? Eine von der KBV durchgeführte Straßenbefragung zeigt, dass hier erhebliche Unklarheit besteht. Auf die Frage "Wie viel erhält ein Arzt für einen Hausbesuch?" gab es folgende Antworten:

Mann: "70 Euro."

Frau: "So um die 1.000 bestimmt."

Mann: "Keine Ahnung."

Frau: "100 Euro?"

Frau: "10 Euro."

Mann: "400 Euro?"

Frau: "Ne! Nie im Leben!"

Mann: "20 Euro."

Frau: "Ne, mehr! 200 Euro.

Tatsächlich wird der Hausbesuch derzeit mit 21,95 Euro bewertet, zumindest in den KVen, wo er voll bezahlt werden kann. Wenn es eine Quote gibt, ist es noch weniger. Viele der Befragten zeigten sich überrascht, dass das so wenig ist – viel weniger jedenfalls, als ein Handwerker für einen vergleichbaren Zeitaufwand erhält.

Hausbesuch muss aufgewertet werden

Der Hausbesuch ist ein ganz wichtiges, wenngleich auch sehr aufwendiges Versorgungsinstrument, das überwiegend von Hausärzten eingesetzt wird. Ein Hausbesuch bindet den Arzt persönlich für sehr lange Zeit, der Arzt ist unterwegs und in dieser Zeit nicht in seiner Praxis. Dennoch oder gerade deshalb müsse diese Zeit auch entsprechend vergütet werden, damit solche Hausbesuche unter wirtschaftlichen Aspekten überhaupt wahrgenommen werden können, so die KBV. Deshalb fordert sie mit Nachdruck eine Aufwertung des ärztlichen Hausbesuches. Nicht zuletzt geschieht dies vor dem Hintergrund der Forderungen von Politik- und Kassenseite, dass die ambulant tätigen Ärzte noch mehr Sprechstunden anbieten sollen.

Ganz ähnlich sieht man das auch beim Deutschen Hausärzteverband (DHÄV): "Jahrzehntelang sind die Hausbesuche massiv unterbewertet worden. Daher braucht es jetzt ebenso massive Investitionen. Mit ein paar Euro mehr wird es nicht getan sein. Wenn nicht deutlich nachgebessert wird, besteht die Gefahr, dass die Zahl der Hausbesuche weiter abnimmt. Das können auch die Krankenkassen nicht wollen", sagte der Bundesvorsitzende des DHÄV, Ulrich Weigeldt.

Kassen blockieren

Der Hausärzteverband forderte eine Vergütung auf Grundlage einer betriebswirtschaftlichen Kalkulation, wie es auch bei der Bewertung anderer ärztlicher Leistungen üblich sei. "Es ist nicht einzusehen, warum ausgerechnet bei den Hausbesuchen willkürlich ein viel zu niedriger Betrag angesetzt wird, statt sich an dem zu orientieren, was bei einer sauberen betriebswirtschaftlichen Kalkulation rauskommt", so Weigeldt. Warum die Kassen Milliarden über Milliarden horten dürfen, gleichzeitig aber angeblich kein Geld für die Versorgung immobiler Patienten in den eigenen vier Wänden übrig sein soll, sei eigentlich niemandem mehr zu erklären. Der GKV-Spitzenverband müsse endlich seine Blockadehaltung aufgeben, beklagt der Hausärzte-Chef.

Bislang zeigen sich die Kassen in den Verhandlungen jedoch mehr oder weniger taub für diese Forderung. Das Gegenangebot der GKV war, hier lediglich zu verhandeln und nachzurechnen. Das Institut beim Bewertungsausschuss hat jetzt den Auftrag, genaue Zahlen zu erheben, damit zumindest weiterverhandelt werden kann. Wann mit einem Ergebnis zu rechnen ist, ist laut KBV noch völlig offen. Man will aber weiterhin darauf drängen, dass die Position Hausbesuch im EBM nachhaltig mit mehr Geld hinterlegt wird, so Dr. Stephan Hofmeister, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der KBV.

Videosprechstunde kann Hausbesuch nicht ersetzen

Von der Videosprechstunde als Ersatz für den Hausbesuch hält Hofmeister eher wenig. Natürlich könne man fernmündlich, vielleicht auch mit Video, mit dem Patienten sprechen. Das ersetze keinesfalls einen Hausbesuch, sondern sei lediglich ein weiteres Instrument für den Kontakt zwischen Arzt/Praxis und Patient. Heute mache man das telefonisch, später könne man das mit Videokamera machen, aber ein wirklicher Arztbesuch in der häuslichen Umgebung bei einem wirklich Schwerkranken werde dadurch nicht ersetzt werden können, so Hofmeister.


Autor:
Dr. Ingolf Dürr

Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2018; 40 (17) Seite 22-24
Dieser Beitrag wurde ursprünglich auf doctors.today publiziert.