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Klare Anweisungen geben und alles kontrollieren!

Autor: Dr. Cornelia Tauber-Bachmann

Ohne Chef oder Chefin geht es offenbar nicht. Ohne Chef oder Chefin geht es offenbar nicht. © Fotolia/Voyagerix
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Das Thema in unserer Praxiskolumne: Alles muss man selber machen!

Diesmal hat es mich auch er­wischt: Während ich in den Jahren zuvor jeden Winter durch die ständige Auseinandersetzung meines Immunsystems mit allen Rhino- und Adenoviren höchs­tens mal einen Schnupfen bekam („stille Feiung“ nannte man das früher im Impfjargon), hat es mich diesmal richtig gebeutelt. Und wie es eine brave Selbstständige halt so macht: natürlich im Skiurlaub.

Während nach meinem Gefühl der gesamte Rest der Menschheit bei herrlichen Schneeverhältnissen seinen Spaß auf der Piste hatte, lag ich im Bett. Das Hotelzimmer war zwar gemütlich, aber ich wollte natürlich nicht dort den lieben langen Tag verbringen. Nachdem das Fieber abgeklungen war, schaute ich mit zunehmendem Ärger aus dem Fenster und begann, mich durch die Hotelbibliothek zu lesen. Ich fühlte mich so schwach, dass an Spazierengehen geschweige denn an Sport nicht zu denken war. So ging es mir auch nach meiner Rückkehr nach Hause und ich beschloss, mir noch zwei Tage im Krankenstand zu „gönnen“.

Karteikarten reichen für ein ganzes Krankenhaus

Meinen Angestellten gab ich den Auftrag, in der Zwischenzeit in der Praxis ein wenig aufzuräumen und Dinge zu erledigen, zu denen sie im täglichen Praxisbetrieb kaum kommen. Ich dachte an eine Art vorgezogenen Frühjahrsputz, die Inspektion von Schränken und das Entsorgen von Schnelltests, die uns Vertreter mal dagelassen hatten und deren Haltbarkeitsdatum mittlerweile abgelaufen war.

Ich dachte an das Entsorgen von abgelaufenen Ärztemustern und nicht mehr sterilem Verbandsmaterial. Ich dachte an das Aussortieren von alten Karteikarten, von Wartezimmerzeitschriften und -broschüren, an das Aufhängen von neuen Postern, an das Auslegen von aktuellem Informationsmaterial usw. Die Wiederholungsrezepte unterschrieb ich mittags am Krankenlager. Akut erkrankte Patienten wurden umbestellt oder an die benachbarten Kollegen verwiesen. So konnte ich mich in Ruhe auskurieren.

Salbenschublade und Kühlschrank quellen über, die

Nach meiner Rückkehr in die Praxis aber kam es „dicke“: Ständig trafen bestellte Waren in der Praxis ein. Der Kühlschrank war bald wohlgefüllt mit Impfstoffen, die vermutlich ein Jahr reichen würden, den Kühlschrank aber an die Kapazitätsgrenze brachten. Die Salbenschublade quoll über, der Schrank mit den Ärztemustern sowieso. Im Keller entdeckte ich zufällig mehrere Kisten mit neuen Karteikarten, die vermutlich den Bedarf eines mittleren Kreiskrankenhauses decken würden. Um diese zu verbrauchen, müsste ich vermutlich noch 100 Jahre arbeiten. Ich war bedient. Und verärgert. Die Aufgaben einer Helferin bestehen doch nicht nur aus Bestellungen!

Ohne einen Chef oder eine Chefin geht es offenbar nicht. Und die Chefin, wie in meinem Fall, muss fit sein, die Anweisungen klar erteilen und sie muss auch kontrollieren, ob es so läuft wie sie angeordnet hat. Alles andere scheint nicht zu funktionieren. Und das, obwohl wir für solch einen Fall eine klare Vorgehensweise in unserem Qualitätsmanagement verankert haben und eigentlich alle wissen könnten, wann was nachzubestellen ist. Tatsächlich fühle ich mich in meinen schon früher geäußerten Zweifeln bestätigt, dass ein Qualitätsmanagement in einer Einzelpraxis sinnlos ist.

Also in Zukunft: Schultern zurück und klare Anweisungen geben. Natürlich in Absprache mit den Angestellten. Die Chefin hat eine wichtige Funktion. Mit diesem Bewusstsein gehe ich aus der Praxis und betrete meine Wohnung. Da sehe ich gerade, wie meine Haushaltshilfe Kaffee in die Maschine füllt. Und zwar genau den, den ich für einen Geschenkekorb gekauft hatte. Chefin-Sein ist manchmal wirklich nicht einfach ...

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