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Klinik Codex: Wie sich Krankenhausärzte wirtschaftlicher Zwänge erwehren können

Gesundheitspolitik Autor: Michael Reischmann

Die Position der DGIM zum wirtschaftlichen Druck im Krankenhausbetrieb wird von etlichen Organisationen geteilt.
Die Position der DGIM zum wirtschaftlichen Druck im Krankenhausbetrieb wird von etlichen Organisationen geteilt. © www.dgim.de/veroeffentlichungen/klinik-codex
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Mit ihrem Klinikkodex „Medizin vor Ökonomie“ hat die DGIM ein Positionspapier erstellt, das von vielen Fachgesellschaften mitgetragen wird. Nun gilt es, Strukturen und Abläufe zu finden, die Ärzte unterstützen, wenn ihr Berufsethos im Kranken­hausgeschäft unter Druck gerät.

Wir werden unsere ärztliche Heilkunst ausüben, ohne uns von wirtschaftlichem Druck, finanziellen Anreizsystemen oder ökonomischen Drohungen dazu bewegen zu lassen, uns von unserer Berufsethik und den Geboten der Menschlichkeit abzuwenden.“ So lautet das Credo des 2017 publizierten Klinikkodex der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM). Er ist eine Reaktion auf die Entwicklung im DRG-Abrechnungssystem. Klinikärzte werden damit ermuntert, „sich mit den durch die kaufmännischen Geschäftsleitungen vorgegebenen wirtschaftlichen Vorgaben kritisch auseinanderzusetzen und achtsam zu sein bei allen Versuchen der Einschränkung des Patientenwohls aufgrund nicht medizinischer Aspekte“.

Auch ein Thema für den ambulanten Bereich

Dass es solch einer Rückenstärkung bedarf, sieht mittlerweile über ein Dutzend ärtzlicher Organisationen und einige Ärztekammern so.

Der Bundesverband Deutscher Internisten (BDI) arbeitet sogar an einer Weiterentwicklung des Papiers für den ambulanten Sektor, wie BDI-Chef Dr. Hans-Friedrich Spies bei einem Symposium zum Klinikkodex in Mannheim erwähnte.

Wie kann ein Arzt, dem von seinem Arbeitgeber z.B. Soll-/Ist-Vorgaben zu (rentablen) Operationen präsentiert wird oder der mit einer arg dünnen Personaldecke auskommen muss, der Leitung widersprechen, ohne seinen Arbeitsplatz zu riskieren? Wären Ethikkomitees, wie sie an großen Krankenhäusern exis­tieren, geeignete Institutionen, um solche Interessenkonflikte oder Hir­archieprobleme zu erörtern? „Organisationsethik ist in der Regel keine Aufgabe der Ethikkomitees“, erklärte PD Dr. Carola Seifart vom Uniklinikum Marburg. Es könnte aber eine unabhängige überregionale Anlaufstelle eingerichtet werden.

Auch die Bundesländer könnten zu einer Entlastung beitragen, indem sie ihrer Aufgabe nachkommen, die Krankenhausinvestitionen ausreichend zu finanzieren. Dann müssten nämlich nicht die DRG-Einnahmen aus der Patientenversorgung zweckentfremdet verwendet werden, unterstreicht Dr. Susanne Johna, Vorstandsmitglied bei Bundesärztekammer und Marburger Bund.

Ärzte kommen aus dem Zwang, Entscheidungen über den Einsatz begrenzter Ressourcen treffen zu müssen, nicht heraus, erklärte Professor Dr. Jürgen Graf, Ärztlicher Direktor des Universitätsklinikums Frankfurt. Wenn die Behandlungsmöglichkeiten erschöpft sind, müsse der Mangel organisiert werden, z.B. durch Nutzen benachbarter Strukturen. „Was wir tun, ist nicht voll-umfänglich planbar. Wichtig ist, dass man weiß, wie es weitergeht, wenn mal eine Überlastung da ist.“ Für Kritik gebe es die Möglichkeit der Fehlermeldesysteme, der Überlas­tungsanzeige und des persönlichen Gesprächs mit dem Vorgesetzten. Selbst mit mehr bzw. viel Geld könne man den Patienten schaden, wie die „Klug-entscheiden“-Initiative der DGIM zur Fehl- und Überversorgung unterstreiche.

Krankenhausleitungen sollen sich zum Kodex bekennen Professor Dr. Klaus Mann, einer der Autoren des Klinikkodex, sieht die ärztliche, Pflegedienst- und kaufmännische Leitung zusammen mit dem Ethikkomitee eines Krankenhauses aufgerufen, sich gegenüber den Mitarbeitern offen zum Kodex zu bekennen und über konkrete Probleme zu entscheiden.

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