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Komplementäres Missverständnis

Aus der Redaktion Autor: Maria Fett

© MT
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Diskussion statt Wissensbörse: Wenn sich die Fortbildung als Kaffeeklatsch entpuppt, hilft wohl nur noch Dr. Google.

Ich mag die kleineren Fortbildungsformate. Anders als auf großen Medizinkongressen kommt man viel enger mit Ärzten ins Gespräch. Erfährt, was sie so umtreibt und auf welche Themen es gerade ankommt. Von den letzten Seminaren dieser Art weiß ich auch, dass man sich von den Rahmenbedingungen und ersten Eindrücken nicht abschrecken lassen darf. Doch keine Regel ohne Ausnahme.

Stutzig hätte mich schon das vorab ausgeteilte, wenig gehaltvolle „Skript“ zum Vortrag machen sollen. Oder dass wir im wohl kleinsten, dunkelsten und wärmsten Raum des Hotels untergebracht worden waren. Oder dass die Technik nicht mitspielte. Vielleicht hätte es mich aber auch wundern sollen, dass nur sieben Teilnehmer im Seminar saßen – einschließlich zweier Journalisten.

Thema sollten komplementärmedizinische Ansätze sein, ihr Nutzen in Zeiten der evidenzbasierten Medizin. Darum ging es leider nur am Rande. Zwar nannte der Referent zu Beginn ein paar von Hausärzten gern genutzte Verfahren wie Akupunktur und Neuraltherapie. Deren Nutzen und Einsatzmöglichkeiten, geschweige denn ihren Stellenwert gegenüber der Schulmedizin erklärte er jedoch nicht. Fast schien es, als sei ihm mehr daran gelegen, sich mit Gleichgesinnten auszutauschen. So diskutierte er durchaus angeregt mit vier Kollegen über diese und jene Methode, was man gerade bei einem Patienten ausprobiert hatte, was geklappt und was nicht geklappt hat. Da ich mich praktisch nicht mit D-Potenzen und Eigenbluttherapie auskenne, blieb mir erst mal nur Google.

Leid tat mir meine Sitznachbarin. Noch frisch in ihrer Ausbildung zur Allgemeinmedizinerin hatte sie sich sicher etwas anderes von dem Vortrag erhofft. Ihre Bitte um praktische Tipps und Anwendungsbeispiele wurde vom Referenten mit Literaturverweisen beantwortet. Am besten bilde sie sich gezielt weiter, so sein Rat. „Kochrezepte für die Praxis“ auszugeben, halte er an dieser Stelle für wenig sinnvoll. Die junge Ärztin kam nach der kurzen Kaffeepause dann auch nicht wieder.

Maria Fett
Medizinredakteurin Medical Tribune

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