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Fünf-Punkte-Papier der DGKL Labormediziner als systemrelevante Lotsen

Gesundheitspolitik Autor: Bianca Lorenz

Die Deutsche Gesellschaft für Chemie und klinische Laboratoriumsmedizin fordert unter anderem eine leistungsfähige Forschung in puncto Labormedizin. Die Deutsche Gesellschaft für Chemie und klinische Laboratoriumsmedizin fordert unter anderem eine leistungsfähige Forschung in puncto Labormedizin. © Наталья Евтехова – stock.adobe.com
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Die Labormedizin versteht sich als eine ärztliche Disziplin mit zentraler Bedeutung für Diagnose und Behandlung. Auf der 18. Fachtagung zeigte sich die Deutsche Gesellschaft für Chemie und klinische Laboratoriumsmedizin (DGKL) entsprechend selbstbewusst und präsentierte ein Positionspapier mit Forderungen an die gesundpolitischen Entscheider.

PCR-Tests, neue Therapieverfahren in Onkologie, Kardiologie, Diabetologie und Pränatalmedizin – ohne entsprechende Labordiagnostik hätte man weder die Corona-Pandemie bewältigen noch und therapeutische Innovationen für Millionen von Patienten zur Verfügung stellen können. Denn die Basis ärztlicher Behandlung ist nun mal die Diagnostik und hier im Besonderen die labormedizinische. Rund zwei Drittel aller klinischen Entscheidungen beruhen auf Ergebnissen von In-vitro-Tests. Die DGKL hat deshalb ein Fünf-Punkte-Papier erarbeitet, in dem die Fachgesellschaft ihr Rollenbild schärft und Erwartungen an die Politik definiert.

1. Labormedizin eine ärztliche Disziplin

Labormediziner haben viele Schlüsselfunktionen: Sie entscheiden, welches Testverfahren für welche Fragestellung infrage kommen und interpretieren anschließend die Analyseergebnisse. Dazu gehören Differenzialdiagnosen, Risikoabschätzungen und Therapiesteuerung. Und auch die Zusammenarbeit mit Mikrobiologen, Genetikern, klinisch tätigen Ärzten und Laborfachkräften zu koordinieren, gehört zu ihren Aufgaben. All das schreibt ärztlichen Labormedizinern die Rolle der „diagnostische Lotsen“ zu. Deshalb, so Punkt eins des Positionspapiers, müsste die Leitung der Labore auch künftig ausschließlich in ihren Händen liegen.

2. Mehr Nachwuchsförderung, mehr Stellen für Weiterbildung

Diese zentrale Bedeutung muss sich auch in Lehre und Forschung widerspiegeln, lautet eine weitere Forderung der DGKL. Hier gebe es großen Nachholbedarf. So hat das Fach Laboratoriumsmedizin an über zehn Universitätsstandorten in Deutschland keine eigenständige akademische Professur mehr. Und an den 41 universitätsmedizinischen haben gerade einmal 21 eine eigenständige W3-Professur besetzt. „Auch wir haben Nachwuchsthemen, Nachwuchs im Labor, technisches Personal, ärztliches Personal“, so Prof. Harald Renz, Direktor des Instituts für Laboratoriumsmedizin am Universitätsklinikum Gießen/Marburg und Präsident der DGKL. „Das heißt auch für uns ist es eine große Herausforderung, den Nachwuchs zu motivieren, zu finden und hier die notwendigen Stellen dann nachher auch zu besetzen.“ Deshalb ist es umso wichtiger, dass die Labormedizin Pflichtteil der labormedizinischen Ausbildung bleibt. Auch gilt es, mehr Angebote in der medizinischen Weiterbildung zum Facharzt für Laboratoriumsmedizin und zum Klinischen Chemiker zu schaffen.

Aber auch andere Ärzte brauchen nach Auffassung der DGKL Fortbildungen in diesem Fachgebiet. „Es geht darum, dass Hunderttausende von niedergelassenen Kollegen, Internisten, Chirurgen, Gynäkologen, Kinderärzten auf diesen modernen Stand der diagnostischen Möglichkeiten gebracht werden“, so Renz weiter. „Da haben wir ein Riesenthema, was überhaupt noch gar nicht richtig adressiert ist.“

3. Höhere Forschungsausgaben für anwendbare Innovatonen

Insgesamt sieht die DGKL die Zukunft allerdings positiv: „Die Laboratoriumsmedizin hat eine brilliante Zukunft vor sich“, so der Präsident der Fachgesellschaft weiter. Durch die rasante Entwicklung werde es immer mehr technische Innovationen und Tests geben. Diese Erkenntnisse aus den Basiswissenschaften gelte es, für die Patienten anwendbar zu machen. Prof. Renz: „Dafür brauchen wir Forschungsgelder, Forschungsprojekte, Forschungskonzepte. Und auch hier muss nachgebessert und nachgeschärft werden. Wir haben bei weitem nicht genug Forschungsprogramme, die sich mit Themen rund um die Labormedizin befassen.“ Punkt drei des Maßnahmenkatalogs lautet daher, eine leistungsfähige Forschung in diesem Bereich als wichtigen Baustein einer hochentwickelten Gesundheitsversorgung in Deutschland zu fördern.

4. Effiziente 24/7-Laborinfrastruktur ausbauen

Damit hängt unmittelbar die vierte Forderung der DGKL zusammen, nämlich diese Leistungen der Laboratoriumsmedizin allen Patienten auch möglichst rund um die Uhr in Stadt und Land zur Verfügung zu stellen. Um die Rahmenbedingungen zu verbessern, hofft man auf das Krankenhausstrukturgesetz. „Wichtig wird sein, egal wie diese Reform endet, dass letztlich die Labormedizin in kleinen Krankenhäusern, in großen Krankenhäusern, in universitären Krankenhäusern, in Krankenhäusern der Spitzenmedizin allen Patienten zugutekommt“, so Prof. Renz. „Das heißt, wir brauchen eigentlich neue Netzwerkstrukturen. Und das ist eine unserer Kernforderungen in diesem Bereich, dass die Unterstützung solcher Netzwerkstrukturen auch gefördert wird, durch die neue Gesetzgebung, durch das Bundesministerium für Gesundheit, durch die Bundesärztekammer und so weiter.“

5. Teil kritischer Infrastruktur mit Supervision für POCT

Die Labormedizin gehöre, so Prof. Renz, als unverzichtbarer Bestandteil der modernen Medizin zur kritischen Infrastruktur. Dabei steht sie vor der Herausforderung, die Erkenntnisse für eine bessere Versorgung Ärzten und Patienten zukommen zu lassen. Hierbei spielten auch neue Technologien, wie etwa Wearables eine entscheidende Rolle.

Als Vorreiter einer optimalen Qualität beteiligt sich die Laboratoriumsmedizin an der Qualitäts- und Evidenzsicherung. Deswegen sollte ihr auch die entsprechende Supervision der Laborferndiagnostik, des „Point-of-care-testing“ (POCT) obliegen, fordert die DGKL. Denn hier gebe es neben wirklich tollen und wichtigen Verfahren auch viele sinnlose. Diese voneinander zu unterscheiden, sei für die Patientensicherheit wichtig, so Prof. Peter Luppa, leitender Oberarzt am Institut für Klinische Chemie und Pathochemie am Klinikum rechts der Isar der TU München: „Diese inflationäre Verbreitung von POCTs ist unbedingt zu vermeiden. Und zu diesem Zweck haben wir auch von der Fachgesellschaft, der DGKL, eine Sektion POCT, wo wir diese Entwicklungen, ob sinnvoll oder sinnlos, engmaschig begleiten und durch eigene Stellungnahmen und Empfehlungen versuchen, auch schon ein Stück weit mitzugestalten.“ In Zeiten einer rasanten Entwicklung der Digitalisierung, der Künstlichen Intelligenz und steigendem sozioökonomischem Druck eine anspruchsvolle, aber keinesfalls leichte Aufgabe.

Quelle: Pressekonferenz der Deutschen Gesellschaft für klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin e.V. (DGKL), im Rahmen ihrer 18. Fachtagung in Mannheim, 12. Oktober 2023, und Presseunterlagen der DGKL

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