Einkommensentwicklung Mehr Honorar für Hausärzte, aber noch mehr Patienten

Gesundheitspolitik Autor: Ingolf Dürr

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Niedergelassenen Ärzten geht es wirtschaftlich besser als in den Vorjahren. Zu diesem Ergebnis kommt das Praxispanel des Zentralinstituts für die Kassenärztliche Versorgung (Zi), das die wirtschaftliche Lage der Praxen für die Jahre 2011 bis 2014 analysiert hat. Auch die Hausärzte können ein leichtes Plus verbuchen. Dennoch sei die Arbeit als angestellter Arzt im Krankenhaus finanziell immer noch attraktiver als die Niederlassung in einer eigenen Praxis, beklagt die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV).

Insgesamt hat sich die wirtschaftliche Lage in den Praxen aus Sicht der Wissenschaftler des Zi im Berichtszeitraum verbessert. Auch unter Berücksichtigung der Verbraucherpreise war inflationsbereinigt eine Zunahme der Jahresüberschüsse zu verzeichnen. Die Jahresüberschüsse je Praxisinhaber (Gesamteinnahmen minus Gesamtaufwendungen) stiegen unter Berücksichtigung der Inflationsrate zwischen den Jahren 2011 bis 2014 real spürbar an (+6,7 %). Die reale Verbesserung der Überschusssituation erfolgte ganz überwiegend in 2014 gegenüber dem Vorjahr (+6,6 %). Im Jahr 2014 lag der Jahresüberschuss durchschnittlich bei 156.200 Euro je Praxisinhaber. In diesem arithmetischen Mittelwert kommt jedoch nicht zum Ausdruck, dass die wirtschaftliche Lage nach Art und Umfang der Praxistätigkeit sehr unterschiedlich ausfiel.

So hatten im Jahr 2014 25 % der Praxisinhaber einen Jahresüberschuss von weniger als 88.500 Euro. 50 % der Praxisinhaber hatten einen Jahresüberschuss von weniger als 136.600 Euro. 75 % der Praxisinhaber hatten einen Jahresüberschuss von weniger als 197.900 Euro (vgl. Tabelle 1).

Mehr Behandlungsfälle bei Hausärzten …

Bemerkenswert an den aktuellen Zahlen ist die Entwicklung bei der Zahl der Behandlungsfälle. So verzeichneten Hausärzte hier einen Anstieg, während es bei den Spezialisten eher weniger Fälle gab. So hat sich im hausärztlichen Versorgungsbereich der durchschnittliche Honorarumsatz je Arzt in I/2015 im Vergleich zum Vorjahresquartal um 0,5 % auf 53.712 Euro leicht erhöht. Der Honorarumsatz je Behandlungsfall sank jedoch im Schnitt um minus 3 % auf 60,37 Euro. Das liegt vor allem daran, dass von einer nahezu gleichbleibenden Zahl von Hausärzten (+ 0,3 %) deutlich mehr Behandlungsfälle (+ 3,9 %) zu erbringen waren.

Das Honorarplus innerhalb des hausärztlichen Bereichs verteilt sich regional aber ganz unterschiedlich. Das größte Plus erzielte Hamburg mit 5,4 %. Allerdings lag dort der durchschnittliche Honorarumsatz in I/2015 je Arzt auch bei nur 48.728 Euro. An zweiter Stelle folgt die KV Niedersachsen mit plus 3,6 % bei einem Honorarumsatz je Arzt von 61.854 Euro. In 5 KV-Regionen mussten die Ärzte des hausärztlichen Bereichs sogar einen Rückgang ihres Honorarumsatzes hinnehmen. Ganz vorne liegt hier Bayern mit einem Minus von 4,5 %, gefolgt von Nordrhein (-2,6 %), Mecklenburg-Vorpommern (-2,2 %), Sachsen (-1,3 %) und Thüringen (-0,7 %). Bei der KV Bayerns ist allerdings – ähnlich wie in Baden-Württemberg – zu berücksichtigen, dass die Ärzte einen hohen Anteil an selektivvertraglichen Leistungen erbringen. Diese sind im Vorjahresvergleich um knapp 10 % auf 182,1 Millionen Euro gestiegen, was aber in der KBV-Statistik nicht berücksichtigt wird.

… und weniger bei den Spezialisten

Die Spezialisten mussten hingegen insgesamt einen Rückgang beim Honorarumsatz verschmerzen: Er sank im Bundesschnitt um 0,9 % auf 52.127 Euro. Der Behandlungsfall je Arzt hingegen legte im Bundesschnitt im selben Zeitraum um 2,7 % auf 68,02 Euro zu, obwohl die Zahl der Ärzte im fachärztlichen Versorgungsbereich gegenüber dem Vorjahresquartal in I/2015 um 2,2 % gestiegen ist. Trotz steigender Arztzahlen ist die Zahl der Behandlungsfälle bei den Spezialisten um 1,4 % gesunken. Zurückzuführen könnte diese Entwicklung auf die Zunahme der Zahl angestellter Ärzte in der fachärztlichen Versorgung sein. Denn diese arbeiten nach den aktuellen Daten aus dem Praxis-Panel des Zi zu 50 % nur zwischen 5 und 20 Stunden die Woche und in der Regel nicht mehr als 40 Stunden pro Woche, während Praxisinhaber im Schnitt 50 Stunden je Woche ableisten.

Das Zi-Praxis-Panel

Die vorliegenden Ergebnisse beruhen auf der Befragung des Jahres 2015 und beziehen sich auf die Berichtsjahre 2011 bis 2014. An der Erhebung nahmen knapp 5.000 Praxen teil. Mit dem Praxis-Panel erfasst das Zi seit 2010 jährlich die wirtschaftliche Gesamtlage von niedergelassenen Ärzten und Psychotherapeuten. Berücksichtigt werden sowohl die Einnahmen aus kassenärztlicher als auch aus privatärztlicher Tätigkeit. Basis bildet die steuerliche Überschussrechnung der Praxen. Auftraggeber sind die Kassenärztlichen Vereinigungen und die KBV.

Die KBV weist auch den Überschuss je Arzt aus vertragsärztlicher Tätigkeit aus. Dieser lag für die Hausärzte in I/2015 bei im Schnitt 27.892 Euro und 0,5 % über dem Wert des Vorjahresquartals. Das größte Plus erzielten hier die Augenärzte: Ihr GKV-Überschuss je Arzt legte um 3,2 % auf im Schnitt 33.672 Euro zu. Das größte Minus mussten die Kinder- und Jugendpsychiater/-psychotherapeuten hinnehmen: Ihr GKV-Überschuss sank um 6,3 % auf im Schnitt 30.561 Euro. Den geringsten GKV-Überschuss erwirtschafteten im ersten Quartal 2015 die ärztlichen Psychotherapeuten mit im Schnitt 13.529 Euro, den höchsten die Gastroenterologen mit im Schnitt 43.655 Euro.

Mehr Einnahmen in der Einzelpraxis – bei Hausärzten

In Gemeinschaftspraxen lagen die Jahresüberschüsse je Praxisinhaber im Jahr 2014 mit ca. 182.000 Euro rund 28 % über denen der Einzelpraxen. Die kamen im Durchschnitt lediglich auf 141.700 Euro. Bei Hausärzten sieht das aber anders aus. Hier lagen die Einnahmen in der Einzelpraxis mit im Schnitt 162.600 Euro um ziemlich genau 10.000 Euro höher als in einer Gemeinschaftspraxis.

"Trotz gestiegener Jahresüberschüsse bei den niedergelassenen Ärzten ist die Arbeit als angestellter Arzt im Krankenhaus finanziell attraktiver", betonte KBV-Chef Dr. Andreas Gassen Gleichzeitig stagnierten die Investitionen. Grund sei, dass die Niedergelassenen kein Vertrauen in die Stabilität der finanziellen Rahmenbedingungen hätten. Der KBV-Chef forderte die Politik auf, sich klar zur ambulanten Versorgung zu bekennen. Die Verdienstmöglichkeiten in der eigenen Praxis mit hohem wirtschaftlichen Risiko müssten mindestens genauso gut sein wie in der sicheren Anstellung im Krankenhaus.


Autor:
Dr. Ingolf Dürr

Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2017; 39 (6) Seite 38-41
Dieser Beitrag wurde ursprünglich auf doctors.today publiziert.

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