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Neue Studie Zuckergetränke als Treiber für Übergewicht und Diabetes

Gesundheitspolitik Autor: diabetes zeitung

Limo, Cola und andere Softdrinks enthalten zu viel Zucker. Limo, Cola und andere Softdrinks enthalten zu viel Zucker. © monticellllo – stock.adobe.com
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Softdrinks gelten als Treiber für Übergewicht und ­Diabetes. Eine neue Studie zeigt: Der durchschnittliche Zuckergehalt ist in den letzten sechs Jahren nur um etwa 2 % gesunken. Versprochen hatte die Branche deutlich mehr. 

Der durchschnittliche Zuckergehalt von Softdrinks in Deutschland ist von 2015 bis 2021 lediglich um etwa 2 % gesunken. Das zeigt eine Studie der Deutschen Allianz Nichtübertragbare Krankheiten (DANK) in Zusammenarbeit mit Wissenschaftler*innen der Ludwig-Maximilians-Universität München  (LMU) und der Technischen Universität München. Der Studie zufolge ist die Getränkeindustrie somit nicht auf Kurs, die selbst gesteckten Ziele zu erreichen: Im Rahmen der Nationalen Reduktionsstrategie des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft ist vereinbart, den Zuckergehalt von Softdrinks von 2015 bis 2025 auf freiwilliger Basis um 15 % zu senken. 

„Wenn sich der Trend so fortsetzt, würde das Ziel ‚15 % weniger Zucker‘ erst in Jahrzehnten erreicht“, resümiert Oliver Huizinga, Ko-Autor der Studie und politischer Geschäftsführer der Deutschen Adipositas-Gesellschaft. „So viel Zeit haben wir nicht! Bundesernährungsminister Cem Özdemir ist gut beraten, die Strategie seiner Vorgängerin nicht fortzuführen“, so Huizinga. Und Barbara ­Bitzer, Sprecherin von DANK und Geschäftsführerin der DDG, sagt: „Zuckergetränke gelten als wesentlicher Treiber für Adipositas und Diabetes. Appelle an die Industrie reichen nicht aus. Die Regierung muss endlich effektive Maßnahmen ergreifen, damit der Zuckergehalt in Softdrinks deutlich zurückgeht.“ 

Großbritannien zeigt, wie die Zuckerreduktion gelingen kann

„Unsere Daten zeigen nicht nur ein langsames Reduktionstempo in Deutschland – sie zeigen auch, wie es anders geht. In Großbritannien ist der Zuckergehalt im gleichen Zeitraum um knapp 30 % gefallen, bei ähnlichen Ausgangswerten“, ergänzt Dr. Peter von ­Philipsborn, Hauptautor der Studie und Wissenschaftler am Lehrstuhl für Public Health und Versorgungsforschung der LMU. „Großbritannien hat 2018 eine Herstellerabgabe auf Softdrinks eingeführt, um die Hersteller zu einer Zuckerreduktion zu bewegen. Dieser Ansatz hat sich als sehr wirkungsvoll erwiesen.“

Verbindliche Vorgaben statt Freiwilligkeit

Die damalige Bundesernährungsministerin Julia Klöckner (CDU) hatte 2018 die „Nationale Reduktionsstrategie“ für Fertiglebensmittel ins Leben gerufen. Damals hat sich die Getränkeindustrie freiwillig verpflichtet, den absatzgewichteten Zuckergehalt von Softdrinks wie beschrieben zu reduzieren. Die aktuelle Studie zeigt, dass die Industrie dieses Ziel deutlich verfehlt: Rechnerisch hätte von 2015 bis 2021 eine Reduktion um 9 % erfolgen müssen, um auf Kurs zu sein.

Der Studie zufolge lag der durchschnittliche absatzgewichtete Zuckergehalt von Softdrinks in Deutschland 2015 bei 5,3 g je 100 ml und 2021 bei 5,2 g je 100 ml – das entspricht einem Minus von weniger als 2 %. Zum Vergleich: In Großbritannien ist der Zuckergehalt im gleichen Zeitraum von ebenfalls 5,3 g je 100 ml auf 3,8 g gesunken. Die britische Regierung hatte 2018 eine Herstellerabgabe auf stark gezuckerte Getränke eingeführt, um den Zuckergehalt in Softdrinks zu senken. Weltweit haben schon mehr als 50 Regierungen eine Abgabe bzw. Steuer auf Zuckergetränke eingeführt. Medizinisch-wissenschaftliche Fachgesellschaften, WHO, Verbraucherschützer*innen und Krankenkassen empfehlen seit Jahren die Einführung einer solchen Regelung auch in Deutschland. 

Zu Wort gemeldet hat sich auch Dr. Carola Reimann, Vorsitzende des AOK-Bundesverbandes. Sie sieht die Daten als weiteren Beleg dafür, „dass die mit der Lebensmittelindustrie vereinbarte freiwillige Selbstverpflichtung weitgehend ins Leere führt.“ Und Dr. Gottlobe Fabisch, VDBD-Geschäftsführerin, sagt: „Unser aller Gesundheit muss Vorrang vor den Gewinnbestrebungen der Hersteller haben.“ Übrigens: Das Bundesernährungsministerium hatte im Mai 2022 gegenüber der Lebensmittelzeitung angegeben, auf neue Forschungserkenntnisse zu warten und diese in die „Positionierung bezüglich einer möglichen Einführung einer Zuckersteuer in Deutschland“ einzubeziehen.

Literatur:
von Philipsborn P et al. Ann Nutr Metab 2023. DOI: 10.1159/000529592

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