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Kommentar Oh, wie schön ist Paraguay!

Aus der Redaktion Autor: Tobias Stolzenberg

© MT
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Derzeit wandern viele deutsche Impfgegner nach Paraguay aus. Tobias Stolzenberg hat sich darüber einige Gedanken gemacht. Ein Kommentar.

Seit dem Jahreswechsel habe ich viel über Paraguay gelernt. Nicht, dass mich das Land als Urlaubsziel besonders reizen würde, da habe ich andere Destinationen im Blick. Vielmehr frage ich mich, was derzeit so viele Deutsche dazu bewegt – auch Menschen aus meinem direkten Umfeld –, mit Sack und Pack in das südamerikanische Land zu gehen, um für immer dort zu bleiben. Wegen der Coronamaßnahmen hierzulande, wie sie sagen, und wegen der Ausländer und der Kriminalität. Vor allem aber wegen der anstehenden allgemeinen Impfpflicht.

Offenbar ist es ein vielversprechendes Geschäftsmodell, insbesondere in der Pandemie Unzufriedene, Demokratieverdrossene und Furchtsame mitsamt ihrem Geld gezielt anzuwerben und in Siedlungsprojekte nach Paraguay zu locken. Versprochen wird so ziemlich alles, was man sich nur wünschen kann: ein friedliches Leben wie im Paradies und in Eintracht mit den Nachbarn, geringe Inflation und niedrige Steuern, Alternativmedizin und alternative Landwirtschaft, Bildung für alle, Selbstversorgung und intakte Natur. Dazu fröhliche und zufriedene Menschen, Immobilien, deren Wert ganz von allein steigt, asphaltierte Straßen sowie „ein Leben wie früher“ – ohne Coronamaske, mit glücklich spielenden Kindern und unbeschwerten Restaurantbesuchen. Von einem selbstbestimmten Leben in Respekt, Verantwortung und Toleranz ist die Rede, und immer wieder von Freiheit, Freiheit, WIRKLICHER Freiheit.

So recht zueinander passen will das alles für mich nicht. Zumal es in einigen Foren und Videos heißt, in Paraguay würde man „dem Deutschen noch mit Respekt begegnen“. Und da ja schon so viele Landsleute vor Ort seien, würde man sich ganz schnell heimisch fühlen. Ob das auf Dauer gutgeht? So vielgestaltig wie sich die Querdenkerszene hierzulande darstellt, so bunt dürfte der Trupp derjenigen sein, die es derzeit nach Paraguay zieht.

Und es ist ja auch nicht so, dass das Virus einen Bogen um das Land machen würde. Gerade erst hat die Regierung die Einreisebestimmungen diesbezüglich massiv verschärft. Viele Paraguayer wären zudem wohl froh, sich endlich gegen SARS-CoV-2 impfen lassen zu können. Nur mangelt es vielerorts am Impfstoff oder es fehlt an der nötigen Infrastruktur. Wie mag man da einem wohlhabenden Impfverweigerer aus Deutschland mit seinen kruden Ideen begegnen?

Tobias Stolzenberg
Freier Redakteur Medizin

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