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Roboter am Krankenbett?

Autor: Erich Kögler

© fotolia/Ennessy/MT
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In seiner meinungsstarken Kolumne "Mit spitzer Feder" geht Erich Kögler regelmäßig mit allerlei Auswüchsen und Absonderlichkeiten der Medizinwelt hart ins Gericht. In seiner aktuellen Kolumne widmet er sich dem Thema Altersarmut.

Universitätskliniken wissen kaum noch wohin mit all den Körperspenden, der hohe Ansturm ist primär der Kostenübernahme für die Beerdigung bzw. die Trauerfeier geschuldet. Deutsche Sozialämter geben einen Zuschuss, wenn Familien ihre pflege­intensiven Angehörigen nach Bulgarien in ein preisgünstiges Heim abschieben. Dort werden sie zwar mit geringster Ausstattung und bulgarisch sprechendem Personal gepflegt, aber was soll‘s. Demenzkranke finden in Thailand Asyl. Viele Mittellose verwahlosen in ihren 1-Zimmer-Wohnungen, wenn sich niemand ihrer annimmt - all dies verweist auf die tiefdunkle Seite der Altersarmut und die Gleichgültigkeit der Gesellschaft.

Wer es sich leisten kann, partizipiert an der Pflege-Migration aus Osteuropa und Asien. Sie verspricht eine deutlich kostengünstigere Betreuung als ein gutes Seniorenheim. Und nur diejenigen, die über ausreichend finanzielle Mittel verfügen, können auch im Alter in jeder Lebenslage mit dem "Rundum-sorglos-Paket" rechnen.

Erscheint vor diesem Hintergrund der Einsatz moderner Technik in der Pflege eine "humanere" Alternative? In kaum einer Frage klaffen Pro und Kontra ähnlich weit auseinander wie beim Einsatz von Robotern. Kein Wunder, denn wie will man nüchtern-technische Aspekte gegen ethisch-moralische Gesichtspunkte abwägen? Wie möchten Sie, liebe Leser, selbst gepflegt werden? Können Sie sich vorstellen von einem Roboter gefüttert und gewickelt zu werden?

"Können Sie sich vorstellen von einem Roboter gefüttert und gewickelt zu werden?"

Niemand beschäftigt sich gerne mit Gedanken an Krankheit, Alter und eventuell notwendiger Pflege und damit dem Verlust seiner Souveränität – ein in hohem Maße emotionales Thema. Und dennoch werden wir nicht umhin können, uns damit auseinanderzusetzen. Wir befinden uns schon mitten drin in einem neuen Zeitalter.

Nirgendwo ist man hinsichtlich des Roboter-Einsatzes so weit wie in Japan. Dort ist der demografische Wandel noch weiter fortgeschritten als in Deutschland und so gibt es im Land der aufgehenden Sonne auch längst maschinelle Pflegehelfer mit starken Armen, die Patienten aus dem Bett heben können. Dort kennt man aber auch das Plüschtier mit elektronischem Kern, mit dem Demenzkranke kuscheln können. Eine bequeme und letztlich wiederum kostengünstige Alternative zu menschlicher Zuwendung.

"Was müssen die Roboter leisten können?"

Laut Statistischem Bundesamt wird hierzulande die Zahl der Pflegebedürftigen von derzeit rund 2,6 Millionen auf circa 4,5 Millionen im Jahr 2050 anwachsen. Die daraus resultierende Herausforderung ähnelt der Situation in Japan: Immer weniger Pflegekräfte müssen immer mehr Senioren betreuen, die nicht mehr in der Lage sind, ihren Alltag ohne Unterstützung zu meistern. Es fehlt aber nicht nur Pflegepersonal, sondern auch an Geld der Kassen, um künftig noch mehr Bedürftige betreuen zu können. Der Roboter könnte also auch hier eine Alternative darstellen.

Jedoch: Die Deutschen stehen der Maschine kritisch gegenüber. In einer Umfrage lehnten es über vierzig Prozent ab, sich von einem Roboter versorgen zu lassen. Nur 23 Prozent konnten sich das vorstellen. Der niederländische Dokumentarfilm "Ich bin Alice" regt zur Diskussion an und stellt die richtigen Fragen. Was müssen die Roboter leisten können? Und welchen Stellenwert werden sie künftig in unserem Leben haben?

In manchen Bereichen z.B. beim Heben und Tragen erleichtert technische Assistenz ohne Zweifel den Alltag von Pflegekräften und Patienten. So mancher Kranker mag dadurch länger selbstbestimmt leben können. Wo mag man aber die Grenze des Einsatzes ziehen? Es darf nicht so weit kommen, dass am Ende des Tages der Vermögende von gut ausgebildeten Spezialkräften betreut wird, während sein weniger gut betuchter Nachbar mit der elektronisch gesteuerten Sparvariante vorlieb nehmen muss!

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