Imagewerbung Tag der Hausarztmedizin

Es ist wie verhext. Zu Beginn des Studiums streben noch 40 % der angehenden Mediziner den Hausarztberuf an. Aktuell aber absolvieren nur knapp 10 % der Nachwuchsärzte ihre Weiterbildung in der Allgemeinmedizin. Deshalb wirbt der Hausärzteverband mit Nachdruck um die Wechsler. „Wir haben den Fokus des diesjährigen Tages der Hausarztmedizin auf das Thema Nachwuchssicherung gelegt, weil wir davon überzeugt sind, dass es sich dabei um eine der zentralen Herausforderungen im deutschen Gesundheitswesen handelt“, erklärt Ulrich Weigeldt, der Bundesvorsitzende des Deutschen Hausärzteverbands. Einschneidendes Hindernis ist für Prof. Joachim Szecsenyi, Ärztlicher Direktor am Lehrstuhl für Allgemeinmedizin in Heidelberg, die unverhältnismäßig lange Ausbildungsdauer von bis zu 8 Jahren. Durch strukturierte Programme, so der Versorgungsforscher, könnte diese Zeit auf nunmehr 6 Jahre verkürzt werden. Dem stünden aber als weitere Hürden die fehlende Finanzierung des Praktischen Jahres in niedergelassenen Praxen gegenüber und das schlechte Image, das den Studenten während der klinikzentrierten Weiterbildung gegenüber dem Allgemeinarzt vielfach eingeimpft werde.
Prof. Karl Lauterbach (SPD) stimmte dieser Einschätzung zu, aufgrund seiner eigenen Erfahrung, dass klinische Fachgebiete mit naturwissenschaftlicher Orientierung überschätzt würden. Diesem „Klebeeffekt“ will Jens Spahn (CDU) mit der Einrichtung von mehr Lehrstühlen für Allgemeinmedizin entgegenwirken. Das Geld zur Einrichtung von Kompetenzzentren soll mit einer 5 %-Förderung aus dem Weiterbildungsfonds fließen.
Doch Geld allein ist kein Patentrezept, um die Kollegen aufs Land zu locken, machte Nachwuchsmedizinerin Naomi Lämmlin, die Präsidentin der Bundesvertretung der Medizinstudierenden (bvmd), klar. Vielmehr schreckten der bürokratische Aufwand und das finanzielle Risiko stark ab. Unter diesem Aspekt findet der Vorschlag Lauterbachs einer fünfjährigen Zwangsverpflichtung zum Landarzt mit anschließend freier Standortwahl in der Runde kaum Zustimmung. Auch wenn Lauterbach versicherte, bei dieser Pflichtrotation bleibe die Hälfte der Ärzte anschließend freiwillig auf dem Lande. Lämmlin gibt der Freiwilligkeit den Vorzug, Szecsenyi plädierte für eine grundlegende Änderung der Weiterbildungsordnung.
Was passierte am „Tag der Hausarztmedizin“?
Die meisten Bundesbürger dürften vom ersten "Tag der Hausarztmedizin" wenig mitbekommen haben. Denn in den Medien wurde der vom Deutschen Hausärzteverband initiierte Tag so gut wie nicht angekündigt oder gewürdigt.
Zumindest einige Landesverbände des Deutschen Hausärzteverbandes richteten Mitmach-Aktionen und Veranstaltungen rund um die Allgemeinmedizin und insbesondere die Nachwuchssicherung aus. Dazu zählte beispielsweise auch die Aktion „6 Minuten für die Gesundheit – der 6-Minuten-Gehtest“ des Landesverbandes Nordrhein. Teilnehmer in Aachen, Düsseldorf und Köln hatten die Möglichkeit, durch einen Hausarzt ihre individuellen Leistungs- und Gesundheitsdaten im Rahmen eines kurzen Belastungstests checken zu lassen.
Bei einer möglichen Wiederholung des Tags der Hausarztmedizin im nächsten Jahr wäre zu wünschen, dass diese Veranstaltung – mit mehr medialer Anstrengung hinterlegt – auf eine größere Resonanz in der breiten Öffentlichkeit stößt.
Die als Zuhörerin anwesende stellvertretende KBV-Vorsitzende Regina Feldmann umriss das Dilemma mit Zahlen aus den Stellenannoncen zum Praktischen Jahr: Hier stünden 4 000 Angeboten für Klinikinternisten gerade mal 1 110 für Allgemeinmedizin gegenüber. Weigeldt hofft trotz aller Widerstände auf einen Umschwung: „Unser Ziel ist es, insbesondere jungen Studierenden die herausfordernden, aber auch die erfüllenden Seiten des Hausarztberufes zu zeigen. Wenn es uns gelingt, deutlich zu machen, dass der Hausarztberuf nicht nur einen besonders intensiven und vertrauensvollen Kontakt mit den Patienten mit sich bringt, sondern gleichzeitig auch ein medizinisch hoch anspruchsvolles Tätigkeitsfeld ist, dann werden sich auch wieder mehr junge Leute für diesen Beruf entscheiden.“
Autor:
Hans Glatzl
Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2015; 37 (11) Seite 32-34
Dieser Beitrag wurde ursprünglich auf doctors.today publiziert.