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Terminservicestellen – Praxisferner Flop

Autor: Erich Kögler

© fotolia/Janina Dierks/MT
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In seiner meinungsstarken Kolumne "Mit spitzer Feder" geht Erich Kögler regelmäßig mit allerlei Auswüchsen und Absonderlichkeiten der Medizinwelt hart ins Gericht. In seiner aktuellen Kolumne widmet er sich dem Thema Terminvergabestellen.

Das war wohl nix, Herr Gröhe! Mit erheblichem Pub­licity-Donner hatte der Gesundheitsminister Anfang des Jahres den Startschuss für die neuen zentralen Terminvergabestellen abgegeben. Heute, rund zehn Monate später, muss die einst als besonders patientenfreundlich angekündigte Maßnahme bereits nach weniger als einem Jahr als Flop bezeichnet werden. 

Jedem Patienten sollte ein Facharzttermin innerhalb von höchstens vier Wochen garantiert werden, doch offenbar sind die diesbezüglichen Probleme der Deutschen gar nicht groß wie befürchtet. Stattdessen kommt auf die Praxen wieder einmal mehr Bürokratie zu, statt Raum für individuelle Lösungen zu schaffen. Völlig zu Recht hat das Hamburger Abendblatt denn auch unlängst das Gröhe-Modell als "praxisfern im wahrsten Sinne des Wortes" bezeichnet.

Mehr Bürokratie statt Raum für individuelle Lösungen

Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache. Bereits im August hatte die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) rund 60 000 Terminvermittlungen hochgerechnet. Bei etwa einer Milliarde Arzt-Patienten-Kontakten pro Jahr ein verschwindend geringer Wert. In Niedersachsen, einem der großen Flächenländer der Republik (und daher vermutlich von der Landflucht der Ärzte besonders betroffen) sollen in den drei Monaten von April bis Juni gerade mal 7500 Termine vermittelt worden sein. Davon sind laut KV Niedersachsen 1400 Patienten nicht in der Praxis erschienen − jeder fünfte Hotline-Nutzer also! 

Vehement fordert man in Hannover daher die umgehende Abschaffung der Servicestellen. Mit hohem finanziellem und bürokratischem Aufwand werde damit eine weitere regulatorische Instanz im Gesundheitssystem aufrechterhalten, "die ein Problem lösen soll, das es gar nicht gibt". Die Hotlines seien "kein Modell der Zukunft" und gehörten daher rasch wieder beerdigt.

Hotlines sind kein Modell der Zukunft und gehören rasch wieder beerdigt

Es ist nicht zu bestreiten, dass viele Ärzte noch einigen Nachholbedarf hinsichtlich des Terminmanagements in ihren Praxen haben. Der entsprechenden Schulung des Personals kommt dabei entscheidende Bedeutung zu. Das zentrale, politisch gewollte Modell indes hilft dabei nicht – ganz im Gegenteil. Praxen und Patienten wird nur eine Scheinlösung übergestülpt. Die Vergabestellen weisen dem Anrufer nämlich lediglich den nächsten freien Platz in einer Praxis in ihrer Nähe zu. Arzt und Praxispersonal wissen jedoch nicht, wer da mit welchem Anliegen zu ihnen kommt. 

Da überdies auch Krankenkassen wie beispielsweise die Techniker längst einen eigenen Terminservice anbieten, den viele Patienten offenbar mehr schätzen, sollte das ebenso sinn- wie erfolglose Tool zeitnah wieder zu den Akten gelegt werden. Also Herr Gröhe, rudern Sie zurück!

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