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Versorgungsstrukturgesetz: KV darf jetzt gute Praxisnetze fördern

Gesundheitspolitik Autor: Cornelia Kolbeck

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Rund 400 Arztnetze mit rund 30 000 Mitgliedern gibt es derzeit in Deutschland, doch nur die wenigsten haben es geschafft, Krankenkassen mit ins Boot zu holen. Die Hoffnungen ruhen nun auf der Anwendung des GKV-Versorgungsstrukturgesetzes.

Kassenärztliche Vereinigungen können nun Praxisnetzen ein eigenes Honorarbudget oder -volumen als Teil der Gesamtvergütung zuweisen. Die Kriterien und Qualitätsanforderungen für die Anerkennung besonders förderungswürdiger Praxisnetze muss die KBV definieren.

Diese Vorgaben durch die Bundes­ebene seien notwendig, „damit nicht Mehrheitsentscheidungen in einzelnen KVen dazu führen, dass bestimmte Gruppen besonders gefördert werden“, erklärte Jens Spahn, gesundheitspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, bei der Auftaktdiskussion zur 18. UCB-Netzkonferenz in Berlin.

Allgemeinarzt Dr. Veit Wambach zeigte sich erfreut über die Neuregelungen in § 87b SGB V: „Zum ersten Mal wird es möglich sein, Netze im Kollektivvertragssystem zu fördern, zusammen mit der KV.“ Der Vorstandschef der Agentur deutscher Arztnetze erkennt darin die logische Konsequenz aus der bisherigen Zurückhaltung der Krankenkassen bei Kooperationen mit Netzen.

Das eigene Honorarbudget sieht er jedoch nicht primär im Fokus. Bestehe der Wunsch danach, sollten Arztnetze die Gesamtverantwortung für alle Kosten übernehmen können – was Dr. Wambach allerdings nur bei einer Netzgröße von 25 bis 130 Ärzten für effektiv hält.

Kassenchef sorgt sich um Sicherstellungsauftrag

Auch wünscht sich der Netzexperte, dass Krankenkassen mehr Anreize erhalten, Selektivverträge mit erfolgreichen Netzen abzuschließen. Viele Netze hätten bereits nachgewiesen, dass sie nicht nur die Qualität der Versorgung verbessern, sondern auch Kosten um 10 bis 15 % senken könnten. „Eigentlich sollten die Krankenkassen schon Schlange stehen, aber sie tun es nicht.“

Auch Wilfried Jacobs, Vorstandschef der AOK Rheinland-Hamburg, lobte die Neuerung, verwies allerdings auf die bestehenden Kollektiv- und Selektivverträge, insbesondere Hausarztverträge. Kommen jetzt noch viele Netzverträge hinzu, „müssen wir aufpassen, dass uns das nicht um die Ohren fliegt“. Die mögliche Aufsplittung des Sicherstellungsauftrages empfindet Jacobs als „ausgesprochen heikel“.

Walter Plassmann, Vorstandsvize der KV Hamburg, erklärte, dass Netze nur gefördert werden, wenn sie die KV-Versorgung deutlich übertreffen. So wie bei einem Pflegeheimnetz, das eine über das Normalmaß hinausgehende Notfallversorgung für Heime absichert. Kein Netz würde nur Geld dafür bekommen, dass es sich ein professionelles Management leistet, stellte Plassmann klar. Er erwartet, dass Arztnetze nach der Festlegung der Kriterien für die Förderungswürdigkeit die Unterstützung durch die KV hartnäckig einfordern werden.

Als Problem sieht der KV-Vize den Honorarausgleich für die Netz-Patienten, die sich außerhalb des Netzes behandeln lassen. Hier müsse die KV – ähnlich wie beim Fremdkassenzahlungsausgleich – die Honorare mit dem Netz verrechnen. „Das würden wir dann in jeder KV mit jedem Netz bekommen – fast nicht zu lösen“, so Plassmann.

Neuer Streit um die Verteilung von Geldern?

Da die Vorgaben zur Honorarverteilung, wie die Trennung der Haus- und Facharztanteile oder die Vorwegabzüge, auch bei den Hono­rarbereinigungen mit den Netzärzten zu berücksichtigen sind, befürchtet Plassmann die gleichen Verteilungsdiskussionen wie bisher innerhalb der KVen. Er rät deshalb den Netzen, „nicht darauf zu schielen, Honorarhoheit zu bekommen“, sondern sich auf eine bessere Versorgung zu konzentrieren. Um die Bereinigung der Honorare zu umgehen, riet Dr. Wambach zum Abschluss von Add-on-Verträgen mit der KV.

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