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Von der Möhren- zur Ohrenapotheke

Autor: Erich Kögler

Die Frankfurter Ethikwächter bemängeln, dass in Deutschland „Begriffe verwendet werden, die mittlerweile eindeutig einen rassistischen Kontext haben“. Die Frankfurter Ethikwächter bemängeln, dass in Deutschland „Begriffe verwendet werden, die mittlerweile eindeutig einen rassistischen Kontext haben“. © Fotolia/ fottoo
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Begriffe, die „eindeutig einen rassistischen Hintergrund" haben – in unserer Meinungskolumne "Mit spitzer Feder".

Lange nichts gehört von den selbsternannten Gralshütern der Political Correctness. Doch jetzt haben sie sich wieder zu Wort gemeldet – und die neuerliche Initiative ist an Lächerlichkeit kaum zu überbieten. Worum geht’s? In Frankfurt hat die Kommunale Ausländer- und Ausländerinnenvertretung kürzlich das Stadtparlament aufgefordert, sich dafür einzusetzen, dass rassistische Bezeichnungen und Logos aus dem Stadtbild entfernt werden.

Ins Visier der Moralapostel sind auch die Eschersheimer „Mohren-Apotheke“ und die „Zeil-Apotheke zum Mohren“ in der Innenstadt geraten. Letztere ist in einem Haus aus dem Jahr 1900 untergebracht. Seitdem steht “Zum Mohren“ an der Außenfassade. Dieser Schriftzug darf allein aus Denkmalschutzgründen nicht entfernt werden.

Ob ein „Mohren-Bier“ dabei hilft, einen neuen Namen auszudenken?

Die Frankfurter Ethikwächter bemängeln, dass in Deutschland „Begriffe verwendet werden, die mittlerweile eindeutig einen rassistischen Kontext haben“. Es gibt auch andernorts noch viel zu tun, denn bundesweit existieren 88 Mohren-Apotheken. Diese müssen wohl allesamt umbe­nannt werden, denn Mohren war das mittelhochdeutsche Wort für das afrikanische Volk der Mauretanier, aus dem sich im Laufe der Zeit das Wort Mauren entwickelte.

Derart verwerflichen Ursprungs ist auch der Name von Teresa Marosis Apotheke in Wien. Jener Mohr, nach dem sie im Jahr 1350 benannt wurde, war ein heilkundiger Äthiopier, dessen medizinische Kenntnisse am Kaiserhof besonders geschätzt wurden.

Eine Sorge haben die ach so beflissenen Tugendhüter bereits weniger: Um die Bremer „Mohren-Apotheke“ müssen sie sich nicht mehr kümmern. Unbekannte hatten im September 2008 aus ihr mit zwei zusätzlichen Strichen über dem „O“ die „Möhren-Apotheke“ gemacht und mit Acrylfarbe Karotten auf die Hauswände gemalt. Der Apotheker war über diese und weitere darauffolgende Schmierereien dermaßen erzürnt, dass er aus seiner Pharmazie zunächst durch Entfernung des ersten Buchstabens die „Ohren-Apotheke“ machte und diese 2009 dann für immer schloss.

Demnach müsste man auch die Literatur ändern

Mit der Umbenennung von Apotheken, Hotels und Gaststätten allein wird es indes nicht getan sein. Auch in der Literatur gibt es gewaltigen Korrekturbedarf. Man denke nur an Schillers Drama „Die Verschwörung des Fiesco zu Genua“. Dort heißt es: „Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan, der Mohr kann gehen!“ Wie ließe sich das möglichst elegant redigieren? Die Umschreibung „stark pigmentiert“ tut dem Theater-Klassiker nämlich nicht gut. Vielleicht sollte ich bei einem Vorarlberger „Mohren-Bier“ noch mal drüber nachdenken …

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