Wie die Ehrlichen vor den Unredlichen schützen?
Vertreter der Krankenkassen hatten gehofft, dass die Politik im Rahmen des Patientenrechtegesetzes eine Regelung gegen „Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen“ treffen würde, um die seit der BGH-Entscheidung von ihnen beklagte „Gesetzeslücke“ zu schließen. Das geschah jedoch 2012 nicht mehr.
Der GKV-Spitzenverband nimmt es KBV und Bundesärztekammer nicht ab, dass mit den heutigen sozialgesetzlichen oder berufsrechtlichen Verboten Vergehen wie Zuweisungen gegen Entgelt, teure gesponserte Tagungsreisen oder Honorare für Pseudo-Anwendungsbeobachtungen verfolgt und geahndet werden können. Er hat deshalb einen Vorschlag zur Bestrafung von Bestechung und Bestechlichkeit fürs SGB V formuliert.
GKV-Vorschlag: Bis zu drei Jahre Haft androhen Der GKV-Spitzenverband schlägt dem Gesetzgeber vor, die folgenden Regelungen in die Straf- und Bußgeldvorschriften des SGB V aufzunehmen: |
Vorschläge gegen Korruption im Gesundheitswesen
Zudem fordert er vom Gesetzgeber eine strafrechtliche Ergänzung, die den Widerspruch auflöst, dass angestellte Ärzte von der Staatsanwaltschaft wegen Bestechlichkeit verfolgt werden können, für Freiberufler aber kein Anfangsverdacht einer Straftat besteht. Auch stellten die Ärztekammern in Ahndungsfällen darauf ab, ob ein strafrechtliches Vergehen vorliege, erklärt Ann Marini, stellvertretende Pressesprecherin des GKV-Spitzenverbandes, im Gespräch mit MT.
Der Forderung des GKV-Verbandes, die Vertreter der Ärzteschaft sollten dafür sorgen, dass alle Ärzte die geltenden Verbote kennen und sie nicht nur als „Handlungsorientierung“ einstufen, ist z.B. die KBV im Dezember mit der Broschüre „Richtig kooperieren“ nachgekommen.
Auch Dr. Dirk Heinrich, Vorsitzender des NAV-Virchow-Bundes, verlangt von Ärztekammern und KVen mehr Aktivitäten. „Nur ein glaubhafter Selbstreinigungsprozess ist gelebte Selbstverwaltung“, verkündete er per Pressemitteilung. „Um alle Redlichen und Ehrlichen zu schützen“, müssten Korruptionsfälle aufgedeckt und sanktioniert werden. Die bestehenden Sanktionsmöglichkeiten seien ausreichend. „Korruption ist kein wirkliches Problem innerhalb der Ärzteschaft.“
Rügen, Ermahnungen und auch Geldstrafen
Die FAZ meldete unter Bezugnahme auf die BÄK, dass die Ärztekammern in den letzten drei bis fünf Jahren bei mehr als 500 Ärzten wegen Verstößen gegen die §§ 31 und 32 der Berufsordnung tätig geworden sind. Neben vielen Rügen und Ermahnungen seien auch Geldstrafen ausgesprochen worden.
„Wenn den Krankenkassen konkrete Verdachtsfälle vorliegen, müssen sie diese auch den KVen melden“, erklärt die KBV. Ann Marini vom GKV-Verband erwartet, dass die Zusammenarbeit zwischen Kassen und KVen künftig intensiver ausfallen wird. Bis Anfang 2012 habe es der Datenschutz verhindert, dass z.B. eine Krankenkasse, der ein Leistungserbringer aufgefallen war, andere Kassen warnend darauf hinweisen konnte. Das sei jetzt anders.
Die Ärzteschaft benötige mehr Ermittlungskompetenzen, um gegen schwarze Schafe vorgehen und relevante Dokumente und Beweise sicherstellen zu können, steuerte BÄK-Präsident Professor Dr. Frank Ulrich Montgomery zur Diskussion bei. Er gibt auch zu bedenken, ob in Korruptionsfällen schneller die Aberkennung der Kassenzulassung ermöglicht werden sollte.
An einem „Gesetz allein gegen Ärzte“ hat die BÄK jedoch kein Interesse. Auch das Fehlverhalten der Krankenkassen gehöre auf den Prüfstand, so Prof. Montgomery, „sei es bei fragwürdigen Rabattverträgen, bei sogenannten Abrechnungsoptimierungen oder auch wie jüngst, wenn Schwerkranke aus ihrer Krankenkasse gemobbt werden“.
Die FDP-Bundesminister Sabine Leutheusser-Schnarrenberger und Daniel Bahr schließen eine gesetzliche Änderung nicht aus. Zunächst werde umfassend geprüft, „welche Handlungsoptionen sinnvoll sind“, sagte Bahr den „Ruhr Nachrichten“. Mecklenburg-Vorpommerns Justizministerin Uta-Maria Kuder (CDU) hält bei Korruption strafrechtliche Konsequenzen für Ärzte für sinnvoll und kündigte im NDR für die Justizministerkonferenz im Juni einen Vorstoß an.
Pharmaindustrie will für mehr Transparenz sorgen
Ab dem Jahr 2016 will der Verband der forschenden Pharmaunternehmen öffentlich machen, welcher Arzt jeweils im Vorjahr wie viel Geld für Studien oder Vorträge bekommen hat. Ebenso soll dokumentiert werden, ob eine Firma seine Fortbildung bezahlt hat. Es seien noch Rechtsfragen zu klären, sagte Hauptgeschäftsführerin Birgit Fischer dem „Focus“; betroffene Ärzte müssten ihr Okay geben.