Arztbewertung im Netz Fluch oder Segen?

Praxisführung Autor: C. Trutt-Ibing

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Ob sie es wollen oder nicht – so gut wie alle niedergelassenen Ärzte tauchen in einem oder mehreren Internetportalen auf, wo sie und ihre Praxis von Patienten bewertet werden können. Bewertungsportale bergen zwar das Risiko schlechter Bewertungen, geben aber auch Gelegenheit für Empfehlungen durch zufriedene Patienten und können die Bekanntheit der Praxis verbessern.

Viele Menschen informieren sich heute im Internet über ein Produkt oder eine Dienstleistung. Dabei orientieren sie sich auch an der Bewertung durch andere Kunden. Solche Bewertungen werden in der Regel als äußerst hilfreich empfunden. Seit einigen Jahren gibt es im Internet auch Portale, auf denen Ärzte von Patienten bewertet werden. Dies kann in Form von Sternen, Schulnoten oder auch in Freitextform erfolgen. Die bekanntesten Arztbewertungsportale sind Jameda, Docinsider, Imedo, Sanego, die Weiße Liste und die Arzt-Auskunft der Stiftung Gesundheit. Fast alle niedergelassenen Ärzte sind dort mit einem Eintrag vertreten.

Die Angst vor Rufmord im Internet

Den meisten Ärzten ist bekannt, dass sie im Internet von ihren Patienten bewertet werden. Dennoch nehmen viele die Bewertungsportale nicht ernst und kümmern sich kaum darum, was dort über sie geschrieben wird. Dabei wird der Ruf im Internet, die sogenannte „Online-Reputation“, immer wichtiger.

Viele Kollegen haben Angst vor Schmähkritik und Rufmord im Internet. Schließlich gibt es immer mal Mängel im organisatorischen Praxisablauf oder auf der zwischenmenschlichen Beziehungsebene. Vielleicht rächt sich ein Patient durch eine schlechte Bewertung, weil Sie seinen Forderungen, zum Beispiel nach einer längeren AU, nicht nachgekommen sind. Die Erfahrungen der letzten Jahre haben jedoch gezeigt, dass unfaire Bewertungen äußerst selten sind. Im Gegenteil, die Patienten stellen ihren Ärzten in der Regel ein gutes Zeugnis aus.

Ausschließlich positive Bewertungen wirken jedoch unglaubhaft und machen die Patienten misstrauisch. Viele Menschen vertrauen den Onlinebewertungen mehr, wenn nicht immer nur die beste Note erteilt, sondern auch moderate Kritik geäußert wird. Derzeit gibt es bei vielen Arztprofilen auf den Portalen noch das Problem, dass nicht genügend Bewertungen vorhanden sind, um ein einigermaßen verlässliches Bild eines Arztes zu zeichnen. Einige Portalbetreiber schalten deshalb die Bewertungen erst ab einer gewissen Anzahl frei.

Was tun bei Schmähkritik?

Die erste Regel lautet: Bleiben Sie gelassen! Kontaktieren Sie den Betreiber des Portals und fordern Sie ihn zur Löschung der Bewertung auf. Der Portalbetreiber kann dies tun, muss es aber nicht. Sie können auch eine vollständige Entfernung Ihrer Daten von dem Portal fordern. Aber auch das liegt im Ermessen des Betreibers. Eine juristische Handhabe gegen Schmähkritik haben Sie nur, wenn falsche Tatsachen behauptet werden. Sätze wie „der Arzt hat keine Ahnung“ sind keine Tatsachenbehauptungen, sondern fallen in den Bereich der Meinungsäußerung. Und bekanntermaßen ist das Recht auf freie Meinungsäußerung in unserem Grundgesetz verankert. Wenn das Portal Ihrer Bitte auf Löschung nicht nachkommt, können Sie einen Anwalt für Medienrecht einschalten.

Aktuelles Urteil des BGH

Problematisch ist, dass die Bewertungen in der Regel anonym abgegeben werden. Sie wissen also nicht, welcher Patient Sie beschimpft hat. In diesem Zusammenhang gab es Anfang Juni 2014 ein Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH). Im konkreten Fall hatte ein Arzt gegen das Bewertungsportal Sanego geklagt und von diesem Auskunft über Namen und Anschrift eines Schmähkritikers verlangt. Das Gericht hat den Auskunftsanspruch des Arztes gegen das Portal zurückgewiesen. Es billigte ihm jedoch zu, dass er von Sanego die Löschung der Bewertung fordern kann. Außerdem kann er den strafrechtlichen Weg beschreiten und Strafanzeige wegen übler Nachrede oder unwahrer Tatsachenbehauptungen stellen.

Feedback für Ihre Praxis

Die in Bewertungsportalen gesammelten Meinungen sind nicht nur für Patienten wertvoll, auch Sie als Arzt können daraus Nutzen ziehen. Denn Sie bekommen über Arztbewertungsportale ein kostenloses Feedback zu den Stärken und Schwächen Ihrer Praxis. Nutzen Sie diese Informationen! Häufen sich zum Beispiel negative Äußerungen zu Ihrer telefonischen Erreichbarkeit, dann sollten Sie dies zum Anlass nehmen, Ihre Praxisorganisation zu überdenken.

Praxis aktiv präsentieren

Häufig bieten die Portale die Möglichkeit, einen bestehenden Eintrag zu aktualisieren bzw. zu ergänzen. Allerdings ist die Verlinkung auf die eigene Website und das Einstellen von Bildern und Texten in der Regel kostenpflichtig.Viele Portale bieten die Möglichkeit, sich dort zu registrieren. Sie erhalten dann eine Nachricht, wenn eine neue Bewertung zu Ihrem Profil abgegeben wurde, und haben die Möglichkeit, diese Bewertung zu kommentieren. Ich möchte jedoch davor warnen, bei schlechten Bewertungen oder Schmähkritik dem Ärger Luft zu machen. Bedenken Sie, dass nicht nur die Kritik öffentlich sichtbar ist, sondern auch Ihre Reaktion darauf. Hier ist Fingerspitzengefühl gefragt. Ich rate Ihnen daher, erst einmal eine Nacht darüber zu schlafen und sich gegebenenfalls bei der Formulierung der Antwort von einer neutralen, unbeteiligten Person helfen zu lassen. Gehen Sie geschickt mit der Kritik um, kann dies wiederum andere Patienten beeindrucken, und Sie stehen am Ende gut da.

Tipps für Bewertungsportale

  • Googeln Sie Ihren Namen mindestens ein- bis zweimal im Jahr.
  • Kontrollieren Sie die Bewertungen derjenigen Portale, die Ihnen auf der ersten Ergebnisseite von Google angezeigt werden.
  • Reagieren Sie auf wiederholt angesprochene Missstände.
  • Bitten Sie Ihre zufriedenen Patienten um eine Empfehlung auf einem Bewertungsportal.

Sichtbarkeit in Suchmaschinen

Für die Sichtbarkeit Ihrer Praxis im Internet sind diese Portale inzwischen sehr wichtig. Die Suchmaschine Google lässt nämlich die Anzahl der Bewertungen ins Ranking einfließen. Dies können Sie aktiv nutzen und Empfehlungsmarketing betreiben. Bitten Sie doch einfach Ihre (zufriedenen) Patienten um eine Empfehlung auf einem Bewertungsportal. Dies stellt außerdem eine gute Möglichkeit dar, schlechte Bewertungen zu nivellieren und den Notenschnitt anzuheben.

Fazit

Arztbewertungsportale werden von Patienten immer mehr genutzt und gewinnen eine immer größere Bedeutung. Nehmen Sie diese Portale ernst und nutzen Sie das Feedback, das Sie hierüber bekommen. Sie können über Arztbewertungsportale aktives Empfehlungsmarketing betreiben und die Sichtbarkeit Ihrer Praxis im Internet erhöhen.


Autor:
CTI Internetlösungen für Ärzte
36093 Künzell
http://www.cti-webkonzepte.de

Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2014; 35 (14) Seite 72-73
Dieser Beitrag wurde ursprünglich auf doctors.today publiziert.